Corona & Finanzmärkte

Mit gleicher Überheblichkeit und der Annahme, dass eh keiner Ahnung hat und ein Austausch daher unnütz ist, könnte man sämtliche Internetforen schließen inkl. diesem hier.
Nein, definitiv nicht. Dein Vergleich ist zu verkürzt. Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte in den 1970er und 1980er Jahren, welche nach der Theorie des Monetarismus das Ziel verfolgten, weiteres Wirtschaftswachstum durch Erhöhung der Gesamtgeldmenge des ökonomischen Systems zu generieren, haben letztlich dazu geführt, daß zwischen Real- und Finanzwirtschaft keine notwendige Verbindung mehr besteht . Die Finanzmärkte werden seit einigen Jahren von kommunizierenden Broker-Algorithmen dominiert, so existiert ein adaptives, komplexes System, welches Menschen nicht verstehen und von dem sie keine sicheren Vorraussagen anstellen können. Dies ist ein Faktum, und hat nichts mit "Überheblichkeit" gemein. Ich behaupte schließlich nicht, daß ich diese Systeme irgendwie besser verstehen könnte.
Allein durch den Einsatz weiterer vermittelnder Technologie sind überhaupt Extrapolationen über Tendenzen des komplexen Systems möglich, denen jedoch aufgrund der nichtlinearen, evolutiven Eigenschaften des Systems eine große Unsicherheit zukommt. Komplexe Systeme, besonders komplexe adaptive Systeme sind offen und verfügen über eine "starke" Zeitlichkeit. Unter bestimmten Bedingungen können sich geringfügige Fluktuationen um das Gleichgewicht ganz selbsttätig verstärken und makroskopisch abbilden.
Als ein Beispiel hierfür ist der flash crash am 6.Mai 2010 zu nennen.
Derartige Zusammenbrüche gab es bereits vor dem Finanzkapitalismus, auch damals bestanden, auf menschlicher Ebene, komplexe, adaptive Systeme, deren Fluktuationen mitunter als Ursache der Große Depression in den 1920er und 1930er Jahren zu gelten haben. Infolgedessen wurden die Aktien- und Finanzmärkte bis in die 1970er Jahre strikt kontrolliert.
Ich muß mich auch korrigieren. Ahnung davon haben Menschen, die sich mit den Finanzmärkten beschäftigen, seien es Kleinanleger, Fondsmanager oder Analysten, sicherlich, aber kein ausreichendes Wissen und Verständnis, um sichere Entscheidungen fällen zu können.
 
Da bin ich - besonders beim letzten Abschnitt - voll bei dir. Wer an der Börse sichere Entscheidungen oder sichere Voraussagen sucht, ist eh an der falschen Stelle unterwegs. Aber das heißt ja nicht, dass man nicht trotzdem sinnvoll investieren und sich darüber austauschen kann.
 
Ich mag kein Gejammer von Menschen, denen es (materiell) an nichts fehlt.

Wenn jemand Mißstände kritisiert, ist das nicht "jammern". Und die Frage ist auch nicht, ob es uns materiell gut geht, sondern, wie gut es uns gehen könnte.

Die Deutschen gehören mittlerweile verifiziert zu den ärmsten Europäern: die höchsten Steuern & Abgaben, das niedrigste Vermögen, geringes Immobilienvermögen, kaum Aktien und einen Staat, der das Geld mit vollen Händen weltweit verteilt. Eine völlig planlose Einwanderung von 200.000 Menschenpro Jahr in die Sozialsysteme.
Die Sozialausgaben steigen doppelt so schnell wie des Bruttosozialprodukt, was auf Dauer kaum noch finnazierbar ist. Der politische Diskurs dreht sich nur noch um einen nicht vorhandenen Rassismus, immer neue Minderheiten, die aus dem Hut gezaubert werden - Zukunftsprobleme werden links liegen gelassen.

Kein bedeutender Tech-Konzern kommt aus Deutschland oder der EU. Wir vernichten völlig sinn- und grundlos das inustrielle Rückrad des Landes, die Automobilindustrie.

Das könnte man fortsetzen bis nächste Woche.
Es gibt in diesem Land tausende Dinge, die wir anpacken müssten, damit es den Menschen besser geht und die Zukunft auf dem heutigen Niveau gesichert wird.
 
In Punkto Rassismus bin ich anderer Meinung, ansonsten ließe sich die Liste beliebig fortsetzen:

Zuerst beschließen wir den Ausstieg aus der Kernenergie, dann den Kohleausstieg. Als Ersatz wurde das Land mit Windrädern zugepflastert, die aber inzwischen auch niemand mehr will. Zwischenspeicher für die ungleichmäßig anfallende Windenergie - kein Gedanke.

Als neueste Sau wird nun die Elektromobilität durchs Dorf getrieben, ohne nennenswerte Ladeinfrastruktur. Die Stromnetze in den meisten Gemeinden wären völlig überlastet, würde sich jeder eine Ladestation installieren.

Wasserstoff, Kernfusion? Lässt man am ausgestreckten Arm verhungern.

Polizei wird kaputtgespart und demoralisiert. Wer wirkliche Sicherheit für sein Hab und Gut wünscht, muss private Sicherheitsdienste in Anspruch nehmen.

Beste Grüße
R.O.T.
 
Wieso man unbedingt in Hauruckmanier den frühen Ausstieg aus Kernenergie und nun aus Kohlekraft beschließen musste, entzieht sich auch meiner Vorstellung.

Klar, Vorreiter sein und Vorbildfunktion und so, aber gerade damals mit Hinblick auf Fukushima war das aus Angst um ein ähnliches Horrorszenario hierzulande doch purer Aktionismus, wenn rund um DE herum zig Kraftwerke standen (und stehen? Bin da nicht ganz im Bilde, weil Energie mir abseits des leidigen Blicks auf die jährliche Stromrechnung ziemlich wumpe ist um ehrlich zu sein, ist wahrlich nicht mein Steckenpferd).
Wäre eines davon hochgegangen, wäre Deutschland ebenso direkt mitbetroffen.

Und es zeigt sich ja zudem, dass die Kohlekraft sich nur aus Europa nach Asien und andere Regionen der Erde, die aufstreben, verlagert, wo der Bedarf an Energie zunehmend steigt und steigen wird.
Das was in Europa eingespart wird, wird in Asien dann wieder rausgeblasen.
 
Wenn jemand Mißstände kritisiert, ist das nicht "jammern". Und die Frage ist auch nicht, ob es uns materiell gut geht, sondern, wie gut es uns gehen könnte.

Die Deutschen gehören mittlerweile verifiziert zu den ärmsten Europäern: die höchsten Steuern & Abgaben, das niedrigste Vermögen, geringes Immobilienvermögen, kaum Aktien und einen Staat, der das Geld mit vollen Händen weltweit verteilt. Eine völlig planlose Einwanderung von 200.000 Menschenpro Jahr in die Sozialsysteme.
Die Sozialausgaben steigen doppelt so schnell wie des Bruttosozialprodukt, was auf Dauer kaum noch finnazierbar ist. Der politische Diskurs dreht sich nur noch um einen nicht vorhandenen Rassismus, immer neue Minderheiten, die aus dem Hut gezaubert werden - Zukunftsprobleme werden links liegen gelassen.

Kein bedeutender Tech-Konzern kommt aus Deutschland oder der EU. Wir vernichten völlig sinn- und grundlos das inustrielle Rückrad des Landes, die Automobilindustrie.

Das könnte man fortsetzen bis nächste Woche.
Es gibt in diesem Land tausende Dinge, die wir anpacken müssten, damit es den Menschen besser geht und die Zukunft auf dem heutigen Niveau gesichert wird.

Die deutsche Wirtschaft, und besonders der Mittelstand, hat sich mit ihrem konservativen und rückwärts gewandten Denken doch das eigene Grab geschaufelt. Zum Rest: Willkommen in der Wirklichkeit des Kapitalismus.
 
Nein, willkommen in der Wirklichkeit des schlafmützigen, moralinsauren und emotionsgelenkten deutschen Michels, dem rationale Abwägung und gesunder Menschenverstand vollkommen abgehen.

Beste Grüße
R.O.T.
 
Die Deutschen gehören mittlerweile verifiziert zu den ärmsten Europäern: die höchsten Steuern & Abgaben, das niedrigste Vermögen, geringes Immobilienvermögen, kaum Aktien und einen Staat, der das Geld mit vollen Händen weltweit verteilt.

Da muss ich zustimmen, die Beiträge in den Strängen "Was kaufe ich heute", "Was trinke ich heute", "Was esse ich heute" und "Was bewege ich heute" untermauern diese steile These vollkommen :eek:

Abgesehen davon: Ich vermute Du beziehst Dich auf den Global Wealth Report der Credit Suisse. Dann kennst Du auch die Unterschiede in den Bewertungsmaßstäben zwischen den einzelnen Ländern ...

Ich empfehle die Auswanderung in eines der Länder, die im GWR vor Deutschland liegen, zum Beispiel Italien oder die USA. Gerade in letzterem ist die politische und gesellschaftlich Lage bedeutend stabiler als hierzulande. Auch die Investitionen in Infrastruktur und das Gemeinwesen liegen bekanntermaßen auf einem signifikant anderen Niveau als in Deutschland. oder aber China, eines der sichersten Länder, in dem Privates geschützt ist und bleibt.

Doch, ich finde schon, dass es eine Form des Jammerns ist, wenn Beteiligte in diesem Forum, mit den für dieses Forum typischen Interessen und dem entsprechenden Kaufverhalten, sich darüber echauffieren, wie schlecht es sich in Deutschland lebt und was alles nicht funktioniert. Andererseits aber gerne die Privilegien hier genießen.
 
Ich stimme vielem zu, es wird aber auch ein bißchen viel gejammert.

Ja, wir haben kein Energiekonzept für die Zukunft. Erneuerbare Energien sind wichtig, werden aber in einem Industrieland niemals den Bedarf decken, schon gar nicht, wenn wir den Autoverkehr völlig auf Strom umstellen. Nein, Elektroautos sind auf dem derzeitigen technischen Niveau keine Alternative für Menschen ohne eigene Lademöglichkeit im Haus oder beim Arbeitgeber und damit nicht konzeptionell massentauglich. Aber Elektromotoren sind zweifellos die ideale Fortbewegungstechnik, das sollten wir nicht unterschlagen. Deswegen ist es Zukunftssicherung, die deutschen Automobilkonzerne in diese Richtung zu drängen. Der technische Fortschritt wird die Achillesferse des Elektroautos, die Akkus, immer weiter verbessern, wenn genügend globaler Nachfragedruck da ist.

Die Einwanderung ist planlos, aber nicht wirkungslos. Solche Entwicklungen muss man über 3+ Generationen beurteilen. Schon jetzt sind viele Flüchtlinge in Lohn und Brot, wenn auch sehr niedrig qualifiziert. Das wird sich aber mit der Zeit verbessern. Ja, es wird immer Gruppen geben, die wir nicht erreichen, aber die gibt es bei den sog. Biodeutschen auch und nicht zu knapp. Dessen ungeachtet können wir unsere Einwanderung auch nicht in einem Maß kontrollieren, wie es ein natürlich abgeschottetes Land wie Australien es vermag.

Ja, wir sind ein großer Nettozahler in der EU. Ja, andere (Nettoempfänger-)Länder weisen mehr theoretisches Vermögen pro Kopf aus, meist in Form von schwer kapitalisierbarem persönlichem Immobilienbesitz, der wertmäßig nur auf Annahmen basierend ermittelt wurde. Aber substanzielles Wachstum sehe ich in Deutschland nach wie vor am meisten in der EU, man darf halt nicht nur auf die großen Konzerne blicken. Einkommenstechnisch geht es uns auch nicht so schlecht, was man am einfachsten daran ablesen kann, dass wir relativ wenig Kleinunternehmertum haben. Es gibt offenbar zu viele gut dotierte abhängig beschäftigte Jobs dafür.

Wir Deutschen sind große Denker, große Angsthasen, große Bedenkenträger und schlechte Selbstverkäufer. Damit werden wir wohl komfortabel leben müssen. ;)
 
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