Ich stimme Dir gerne zu, dass Ästhetik in der Kunst der subjektiven Wahrnehmung, der Konditionierung der Sehgewohnheiten und auch einem gewissen "Peer Group Pressure" unterliegt.
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In diesen Fällen haben wir es aber mit den Werken von Künstlern zu tun, die vorher die klassische Kunst studiert und erlernt hatten.
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Es ist ja "nur" Kleidung und nicht etwas, das wirklich die eigene Persönlichkeit ausdrückt.
Besten Dank für Ihre ausführliche Antwort zur Ästhetik in der Kunst. Ich muss zugeben, dass mir dieser Vergleich zu weit hergeholt ist.
Ausgangspunkt der Diskussion ist die Wahrnehmung der Betrachter zu einer einzigen Krawatte.
Es geht demnach nicht um ein Kunstobjekt, mit welchem ein Künstler eine mehr oder weniger verständliche Botschaft senden will, sondern um ein Kleidungsaccessoire. Es sei denn Sie sehen darin bereits als ein künstlerisches Subjekt.
Was ich hingegen wahrnehme, und das ist nicht zwingend negativ zu verstehen, ist der oben von Ihnen erwähnte Gruppenzwang (Sie erlauben mir die freizügige Übersetzung). Es scheint ein weitreichender Konsens zwischen einem Teil der vermutlich langjährigen Teilnehmer dieses Forums zu bestehen, wie Schönheit und in der Umkehr eben auch Hässlichkeit zu deuten ist. Darin ist grundsätzlich nichts Negatives zu sehen, zeigt es doch denjenigen, die dazu gehören wollen, welche Ansprüche sie hierfür erfüllen müssen.
Wo ich widersprechen, ist die Grundsätzlichkeit, sozusagen die Ansicht, dass Kleidungsstil im Sinne der Ästhetik unveränderlichen Naturgesetzen gleiche. So zumindest verstehe ich Ihre Erläuterung. Kleidungsstil, ich spreche bewusst nicht von Mode, unterliegt gleichfalls der zeitlichen Veränderung, wenn auch nicht in der gleichen Geschwindigkeit.
Nehmen Sie als Beispiel die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Würden die gleichen Maßstäbe gelten wie heute? Sicher nicht, denn dann würden wir auch heute noch über Gehstöcke, Langschaftstiefel und so manch andere Eigenart dieser Epoche sprechen. Ganz zu schweigen davon, dass auf heutigen Bildern sofort das Fehlen einer angemessenen Kopfbedeckung moniert würde.
Die Kunst der Kleidung unterliegt wie die Kunst im Allgemeinen dem zeitlichen Einfluss:
Wahrgenommene Schönheit ist immer eine Variable der Zeit.
Man muss dabei noch nicht einmal so weit zurück schauen. Ich habe mir sehr interessiert die Bilder unter dem Thema "Was trage ich heute " angesehen. Auffällig ist, dass scheinbar früher mehr klassische Anzüge gezeigt wurden. Heute finde ich einen größeren Anteil an Kombinationen. Interessant ist auch, dass ich heute gegenüber vor einigen Jahren mehr "Button-Down" Hemden sehe, scheinbar auch eine Veränderung, die weil Konsens der Gruppe, akzeptiert wurde.
Kleidungsstil und das was von einer Gemeinschaft als konsensfähig, hier eben in Kleidungsfragen, akzeptiert wird, unterliegt dem zeitlichen Wandel. In meinen Augen etwas Gutes, sonst würden wir heute noch im Bärenfell herumlaufen, weil das vor Jahrtausenden einmal der Konsens war.
Und nun zurück zu der einen Krawatte: Ja, mir sagt sie auch nicht zu, weder Stoff noch Design. Ich würde sie niemals tragen. Der Träger hat sich in dieser präsentiert, also ist es sein Wunsch Rückmeldung zu erhalten und diese sollte ehrlich und konstruktiv sein. Das kann auch bedeuten, etwas als hässlich zu bezeichnen, was einem so gar nicht zusagt. Mein Plädoyer ist, frei interpretiert: prüfet alles, behaltet, das was euch wichtig ist"
Im Übrigen bezweifle ich, dass es diese Krawatte nochmals zu sehen geben wird. Wer dabei sein und bleiben möchte, übernimmt eben die Ansichten der Gemeinschaft.