Was macht den Gentleman aus - außer der Kleidung?

Gentleman zu sein bedeutet für mich nicht, in Anzug und Krawatte der Kellnerin in der Kneipe auf den Arsch zu hauen, weil man ja mit der Platinum-Kreditkarte bezahlen kann...

Ein Gentleman zeichnet sich durch Höflichkeit, gute Manieren und Interesse sowie Toleranz aus. Ein Gentleman kann sehr hochwertig gekleidet sein (von Kopf bis Fuss bespoke), er kann aber genauso im gut sitzenden Anzug von C&A ein Gentleman sein.
...


Das war genau das was ich mit folgender Aussage:
Ganz wesentlich finde ich jedoch vor allem das Thema Sozialverhalten.
- Von einem Gentleman erwarte ich großes Einfühlungsvermögen, Souveränität und soziale Mobilität.
- an sich selbst hohe Ansprüche hinsichtlich Fairness und Charakter
- In jeder Situation und bei jedem Gegenüber den richtigen Ton zu treffen. - Selbstsicher, aber nicht überheblich auftreten.
- Eine breite Allgemeinbildung und eine gewandte Ausdrucksweise mündlich wie schriftlich.
Dies nur um ein paar Beispiele zu nennen


gemeint hatte.
 
Das hat aber rein gar nichts damit zu tun, wie viel man verdient, welches Auto man fährt oder wie teuer der Anzug war.
Gentleman zu sein, ist für mich eine Haltung die man nicht mit der Kleidung oder anderen Insignien an- oder ablegt. Entweder man das es verinnerlicht oder eben nicht.
Vor allem im unbekleideten Zustand ist es wichtig ein Gentleman zu sein...:)
Alles andere kann nur zur Betonung der Persönlichkeit eingesetzt werden...
 
Ich bin ... nun ja, ein wenig bestürzt darüber, mir hier sagen lassen zu müssen, jemand wie ich KÖNNE kein Gentlemen sein - in Ermangelung des entsprechenden "Kleingeldes".

Ich bin Akademker, durch chronische Krankheit daran gehindert ein "Besserverdiener" zu sein und daher Geringverdiener (es tut mir leid, daß ich hier ein wenig ins Detail gehe, ich möchte damit niemanden belästigen).
Arm im Sinne des Wortes.
Wenn das Auto ein Kriterium dafür ist, ob man ein Gentleman ist oder nicht, so bin ich keiner ... da ich schon froh sein muß, mir überhaupt jene fast 20 Jahre alte tschechische Klapperkiste leisten zu können, die mich geduldig von A nach B trägt.


Der Threadersteller schrieb, bezogen darauf, was er selbst von einem Gentleman erwartet:

In jeder Situation und bei jedem Gegenüber den richtigen Ton zu treffen. - Selbstsicher, aber nicht überheblich auftreten


Gemessen daran hat er sich mit einigen seiner Thesen hier nicht wie ein Gentleman verhalten.

Freundliche, wenngleich ein wenig traurige Grüße
Bertie Wooster
 
Manch ein Arbeiter ist mehr Gentleman, als mancher aufgeblasene Pfau es sich je kaufen kann
und
diese Thesen sind der mit Abstand größte Schwachsinn, den ich seit langem gelesen haben.:mad:

es hat ein bisschen gedauert, aber bei diesem Posting stimme ich Dir wirklich gerne zu.

Grüße,
Frank
 
Manch ein Arbeiter ist mehr Gentleman, als mancher aufgeblasene Pfau es sich je kaufen kann
und
diese Thesen sind der mit Abstand größte Schwachsinn, den ich seit langem gelesen haben.:mad:

Ich stimme Gast oft zu, aber selten soooooooooooo vorbehaltlos wie hier.
 
Der -für mich- größte Gentleman war Nachtportier in einem kleineren Hotel. Das Hotel gibt es nicht mehr - den Mann vermutlich noch. Namen spielen aber auch keine Rolle.

Ich könnte nicht beziffern, wie teuer sein Anzug und seine Schuhe waren - aber seine Kleidung sah immer aus, als sei sie nur für ihn gemacht und als wäre es seine zweite Haut. Es war undenkbar, sich ihn in Trainingshose oder Badelatschen vorzustellen oder einen Makel auf seiner Kleidung zu finden.

Für jeden Gast, Kollegen, die Putzfrauen, seinen Chef etc. hatte er das gleiche, ungekünstelte Lächeln und die gleiche verbindliche Höflichkeit. Er war nicht im akademischen Sinne gebildet aber er verfügte über einen hochwertigeren Wortschatz und geschliffenere Manieren als 99 Prozent seiner Mitbürger. Der Mann war vielleicht 1,65 m groß und war alles andere als ein klassisch schöner Mann - aber die weiblichen Gäste verehrten ihn.

Nachts sah man ihn oft mit dem Staubwedel - aber nicht, weil er es musste, sondern weil er seinen Arbeitsbereich pikobello haben wollte. Er war auch nicht freundlich, nur weil sein Chef oder sein Job es so verlangte - sondern weil ihm Unfreundlichkeit einfach wesensfremd war. In seiner Gegenwart verlangsamte sich die Zeit und selbst die hektischten Geschäftsleute hatten kurz Muße für einige nette Worte oder ein Lachen.

Ich habe ihn gefragt, ob er Familie habe - er verneinte das. Seine Frau sei an Krebs gestorben und er sei Frührentner. Nach einem kurzen Anflug von Melancholie lächelte er wieder und fragte mich, ob denn in seinem Hotel alles in Ordnung sei. Morgens steckte er sich dann Klammern an die Hosenbeine und radelte in den Feier"abend".

Was ich damit sagen will: Geld hatte der Mann bestimmt nicht viel - aber trotzdem war er für mich ein vollendeter Gentleman. Das Wort "Gentleman" hätte er jedoch als allerletzter für sich beansprucht.
 
Woow..kaum hat mal Besuch, gehts hier schon wieder ab :D

Ich will auch mal meinen Senf dazugeben. El Jorges Sozial"bedingungen", die er dem Gentleman stellt, sind in meinen Augen sicherlich richtig.

Das damit einhergeht, dass dieser auch ein entsprechendes Gehalt haben muss(!), ein großes Auto fahren muss(!), verstehe ich nicht? Was hat mit dem Gentleman zu tun?

Das hieße ja, kein "Geringverdiener" oder ein Verdiener unter einem bestimmtenEinkommen, kein Schüler, kein Arbeitsloser kann ein Gentleman sein, weil das Geld fehlt? Ist das nicht arg kurz gegriffen?

Wenn du einen Menschen triffst, der aufgrund des Einkommens sich nicht die feinsten Stoffe leisten kann, aber dennoch gepflegt (gekleidet) auftritt, kann kein Gentleman sein, weil eben kein Geld hat? DAS nenne ich Arroganz der "Oberschicht".

Für mich ist der Gentleman vorallem "sozialverträglich", so nenne ich es mal provokativ. Höflich, niemals laut auftretend, freundlich, nimmt jeden Mensch so wie er ist. Benimmt sich Damen und Herren gegenüber gleich. Und das geht auch im 250€-Kaufhausanzug und Lloydschuhen und VW Golf. Da braucht es keinen Zegna-,XYZ-Stoff für.

Ich finde diese Geldthesen vorallem eine Frechheit den Usern gegenüber, die eben nicht die pekuniären Mittel haben, sich das Gentlemansein zu erkaufen.
 
Hallo,

ist schon stark was für Statements hier so rausgehauen werden.

Wirklich Schwachsinn allererster Güte vom Frederöffner der Vergleich mit dem KFZ.
 
Contenance Gentlemen, Contenance! :)

Das 'Gentleman' Ideal leitet sich von dem älteren Ideal der 'Ritterlichkeit' ab, das es in ähnlicher Form in fast jedem Kulturkreis auf diesem Planeten gibt. Es handelt sich um ein Wertegerüst, dass m.E. nichts mit materiellem Wohlstand zu tun hat. Insofern muss auch ich dem Threaderöffner widersprechen.

Ganz ehrlich gesagt verstehe ich den Hype um den 'Gentleman' ohnehin nicht. Gute Manieren, Anstand, gepflegtes und stilvolles Auftreten etc. brauchen kein 'Label', sie sollten selbstverständlich sein. Ich versuche diese Dinge zu beherzigen, nicht um als 'Gentleman' zu gelten, sondern weil ich es von klein auf so gelernt habe. Ich verzichte gerne auf solche Labels und versuche einfach nur ich selbst zu sein, dabei hoffentlich auch ein angenehmer Zeitgenosse für meine Umwelt.
 
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