Ich denke, ein Anzug ist dann gut, wenn ein positives Gesamtbild aus Passform, Schnitt, Details und gesellschaftlicher Position des Trägers entsteht.
Es gibt ja mehrere Einkommens- und Gesellschaftsschichten, die Anzug tragen wollen/müssen, deshalb gibt es ja auch Konfektion und deshalb ist für gewisse Zielgruppen handwerkliche Verarbeitungsqualität nicht entscheidend für einen "guten" Anzug. Ist ja alles ganz toll, dass in einem Maßanzug 60h Handarbeit stecken, die Einlagen lose sind und sich dem Träger anpassen etc.pp., die 9000 Eier für eine Grundausstattung von 3 Anzügen muss ich als potentieller, täglich tragender Anzugkunde aber erstmal flüssig haben. Und bei einer 3-Anzügerotation im 5-Tageseinsatz dürfte die angebliche längere Haltbarkeit marginal sein.
Beispiel:
Für einen 16-jährigen Bankazubi ist ein vom Änderungsschneider in Form gebrachter C&A/H&M/etc. Anzug in konservativen Farben/Stoffen ein "guter" Anzug.
Für meinen 40-jährigen Kollegen mit Gehalt im unteren 6-stelligen Bereich ist der Anzug mit nachträglich angebrachten, natürlich stets offen getragenen, Ärmelknopflöchern kein "guter" Anzug. Die Armlöcher im Durchmesser eines Mondkraters und die ansonsten miese Passform entlarven den Faker.
Für einen Uni-Absolventen im ersten Job ist, gemessen an Position und Einkommen, ein standard Boss- oder Zegnaanzug mit entsprechender Passform ein "guter" Anzug.
Die Anzüge die ein Herr Reithofer von BMW trägt, sind, unter Berücksichtigung von gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Stellung, keine "guten" Anzüge, da sie einfach nie passen.
Ich will damit natürlich nicht ausdrücken, dass es dem Bankazubi verboten ist, einen Maßanzug zu tragen bzw. dem Rechtsanwalt einen von H&M, aber bevor man anfängt, ein unumstößliches Kriterium zu definieren, sollte man auch die einzelnen Zielgruppen bedenken.
Es gibt also kein schwarz/weiß, es ist alles grau und dieses Forum ist auch ein denkbar schlechter Platz für solch eine Umfrage, da eh alles Fanatiker. Ich dachte auch immer, dass selbst der uninformierte Durchschnittsbürger einen Maßanzug erkennen kann, da diese einfach ein anderes "Flair" ausstrahlen, wenn man sich allerdings die Diskussionen in der Allerweltspresse zur Garderobe von Hr. z. Guttenberg ansieht, habe ich mich wohl getäuscht.