Vergleich Saphir Renovateur und Ed. Meier EM3 - ein persönlich-subjektiver Bericht

Bertel

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Werte Herrschaften,

wie hier schon angesprochen hatte ich zuletzt mehrfach Aussagen, Meinungen und Empfehlungen jeweils für bzw. gegen Saphir Renovateur und Ed. Meier EM3 gelesen und gehört, ohne wirklich Näheres zu Verwendung und Wirken zu wissen, und vor allem ohne eigene Erfahrung, am besten im direkten Vergleich. Dem habe ich abgeholfen:

Bilder 1-4 zeigen einen "Kellerfund", ein paar bordeauxrote Tassel Loafer von Crockett&Jones, wohl aus den späten 70er oder frühen 80er Jahren, in bedauernswertem Zustand mit vor allem total vertrocknetem und sprödem dünnen Leder beinahe wie Pergament - ein ausgezeichneter "Hardcore-Kandidat" für einen Restaurierungsversuch :)

Ich habe diesen zunächst ausgiebig mit Saphir Leder- und Sattelseife gewaschen, Bild 5 zeigt den rechten Schuh vor und den linken nach der Wäsche. Das war schon einmal eine massive Überraschung und für mich fast der eindrucksvollste Schritt, ich denke das Bild zeigt hervorragend was sich alleine dadurch getan hat!

Ich habe dann den rechten Schuh mit Renovateur (nur farblos erhältlich) aufgebaut und den linken mit EM3 farblos - erst eine Schicht der jeweiligen Creme, nach ein paar Stunden Einwirkzeit eine zweite, dann die gebildete ziemlich dicke Wachsschicht mit EM2 farblos abgenommen, dann nochmal zwei schichten wie zuvor - Bild 6 zeigt den linken mit EM3 nach dieser Prozedur, Bild 7 den rechten mit EM3, und Bild 8 beide zusammen im Vergleich. Die nächste Überraschung - was fällt auf? Deutlich unterschiedliche Färbung! Während der mit EM3 (farblos!) behandelte deutlich dunkler geworden ist, ist der Renovateur-Schuh eher fast noch ein bisschen heller und farbiger geworden.

Das Ergebnis nach dem Auspolieren mit Rosshaarbürste zeigt Bild 9 - beide sind wieder in tragbarem Zustand würde ich sagen :) Bild 10 zeigt dann nochmal das finale Renovateur-Ergebnis ohne Blitzlicht, Bild 11 den EM3-Schuh final.

Mein Fazit:

- Saphir Renovateur ist um Längen besser und leichter zu verarbeiten - flüssig-milchig, fast wie Sonnenschutzmilch, sieht auch so aus, zieht ganz leicht ein, geht fix und schön. EM3 ist dagegen von der Beschaffenheit her eher wie weichere Wachspolitur, macht einen schwereren, irgendwie "reicheren" Eindruck, dem entspräche auch die Dunkelfärbung.

- Beide Alternativen produzieren ein schönes, haptisch sehr ähnliches Ergebnis, für sich bzw. separat betrachtet hätte ich gesagt die sind ziemlich gleich, aber der Farbunterschied spricht eine andere Sprache, da ist ein Unterschied im Leder, auch wenn es mir schwer fällt zu deuten was jetzt "besser" ist...

- Beide Produkte haben Grenzen - sieht zwar schön aus an der Oberfläche, das Leder ist aber nach wie vor nicht wirklich wieder gut genährt und knittert z.B. bei Bewegung sofort wieder in papierähnliche Falten... Ausgetrocknetes Leder lässt sich also nicht sofort problemlos wieder in den Neuzustand versetzen (auch wenn die Werbung das ein wenig in Aussicht stellt - wer hätt's gedacht... ;) ), ich vermute da tut sich über die nächsten Wochen und Monaten bei immer wieder und wieder fleißig cremen noch was, hat aber sicher Grenzen.

- Meine Lehre draus: Ich werde künftig bei nicht mehr idealem Leder bzw. wenn eines im Pflegeprozess auch nur Anzeichen von Trockenheit zeigt zunächst mit Saphir Renovateur beginnen, solange bis das Leder "gesättigt" ist (lässt sich wunderbar sehen, es nimmt dann die weiße Flüssigkeit einfach nicht mehr auf, ganz leicht zu erkennen), dann zu EM3 umsteigen für den weiteren und tieferen, "reicheren" Aufbau sowie im Weiteren die fortdauernde Pflege (mit gelegentlich den obligatorischen Wachsentfernungen mit EM2 bzw. Saphir-Seife), nach einigen Wochen bzw. Monaten sollte ein bestmögliches Ergebnis erreicht sein.

Uff, lang, sorry, aber hoffentlich für den einen oder anderen ein hilfreicher oder interessanter Aspekt dabei ;)

Beste Grüße
Robert
 

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und erstaunlich wie sich der Schuh nach der Waschung mit Sattelseife zeigt.

In der Tat - ich denke das ist ein ganz wichtiger, manchmal ängstlich vermiedener Arbeitsschritt der immer mal wieder eingeplant werden muss um das Leder immer wieder quasi "freizulegen" und damit weiterhin mit allen Nähr- und Pflegestoffen ans Leder ranzukommen.
 
Große Klasse Bertel! Danke!

Kam die Lederfärbung bei der EM3 nach der Politur oder zeigte sich die Färbung schon beim cremen ? Sind ja doch gravierende Unterschiede.
 
Große Klasse Bertel! Danke!

Ich sag danke ;)

Kam die Lederfärbung bei der EM3 nach der Politur oder zeigte sich die Färbung schon beim cremen ? Sind ja doch gravierende Unterschiede.

Die unterschiedliche Färbung war jeweils bereits ganz früh beim cremen zu bemerken. Ich hätte es auch eher umgekehrt vermutet, oft dringen doch so milchige Flüssigkeiten wie der Renovateur tiefer ein und hinterlassen durch die Feuchtigkeit dunklere Flecken als eher wachsig-cremige Substanzen, aber der Unterschied war bereits mit dem ersten Cremen da und hielt an. Sollte man je nach Farbe des Schuhwerks durchaus berücksichtigen!
 
Saphir Renovateur

Ich fürchte ich muss meinen eigenen Thread mit einer eigenartigen, (für mich) unerwarteten und ziemlich schockierenden Beobachtung wieder aufleben lassen:

Ein Ergebnis meines kleinen subjektiven Erfahrungsberichts war ja dass der Saphir Renovateur im Vergleich zur Ed. Meier EM3 von wesentlich flüssigerer Konsistenz ist und deutlich besser und leichter ins Leder einzieht usw. Daraus hatte ich für mich abgeleitet dass immer dann wenn ein Leder schon etwas älter, trockener, nicht mehr ausreichend gepflegt und genährt ist zunächst eine großzügige Behandlung mit satt Renovateur die besten Ergebnisse verspricht.

So war ich dieser Tage auch mit einem ca. 5 Jahre alten Loafer von Lottusse verfahren - ein Schuh den ich sehr mag und oft getragen habe, bei manchmal arg nachlässiger Pflege, leider ziemlich minderwertige Sohle, aber gutes, schön gefärbtes, leider bereits etwas trockenes und faltiges Oberleder. Bevor ich ihn weggeben wollte um die Sohle ersetzen und soweit möglich "upgraden" zu lassen wollte ich daher das Oberleder maximal "aufpäppeln" und wieder in den bestmöglichen Zustand versetzen.

Ich habe den Schuh also zunächst wieder mit Saphir Sattelseife gewaschen - ein Vorgang den ich an meinen Schuhen mittlerweile viele Dutzend Male absolut zuverlässig ausgeführt habe und der meiner Erfahrung nach beste Ergebnisse hervorbringt, ausgezeichnet und "tief" reinigt ohne das Leder mehr als nötig zu belasten.

Dann habe ich mehrfach, so 7-8 mal verteilt über etliche Tage, satt Renovateur aufgetragen und mich gefreut wie dieser jeweils in kurzer Zeit ganz zuverlässig und vollständig quasi "eingesaugt" wurde, und habe mich gefreut dem Leder so Gutes tun zu können weil es das ja offensichtlich so gebraucht hat.

Ich hatte vorgestern schon mal kurz das Gefühl als ob das Leder doch nicht so weich wäre wie ich das in Erinnerung hatte, hab aber natürlich unbeirrt weitergemacht. Heute nun hatte ich die Schuhspanner entfernt und den Schuh mal gebogen um den Zwischenstand zu begutachten und zu sehen wie gut das Leder mittlerweile schon genährt ist - und wäre beim Ergebnis fast in Ohnmacht gefallen, siehe Bilder: Das in der Tiefe wie mir scheint durchaus noch feste und stabile Leder hat an der Oberfläche bei der Bewegung sofort jede Menge Haarrisse bekommen, die Oberfläche zumindest ist total ausgetrocknet und spröde, brüchig und entfärbt - kurz: hin...

Auf der Verpackung steht nicht das geringste wie der Renovateur zu verwenden ist, die Website ist auch eher spärlich mit Informationen, und es sieht so aus als ob ich weiterhin keine Ahnung habe wie dieses Produkt korrekt zu verwenden ist - für den oben geschilderten Zweck jedoch nicht, soviel ist sicher. Ich werde mich natürlich mal direkt an Avel wenden um da Näheres herauszufinden. Vermutlich wäre ich ja auch gar nicht auf die Idee gekommen das Produkt so zu verwenden, wenn ich nicht hier und anderswo wiederholt gelesen hätte dass einige den Renovateur quasi als tägliche Pflege verwenden - nach meinem derzeitigen Informationsstand möchte ich davon durchaus Abstand nehmen...

Ich hoffe dass diese Information für den einen oder anderen interessant oder gar hilfreich sein kann. Hat jemand ähnliche oder gern auch anders geartete Erfahrungen sammeln können?

Beste Grüße
Robert
 

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Hallo Bertel,

auch wenn du bisher ganz gute Erfahrungen damit gemacht hast. Ich versuche wann immer möglich (und das ist es meistens) eine Wäsche mit Lederseife zu vermeiden. Zwar bekommt man damit einiges an "Dreck" runter, man spült aber auch die ganzen "guten" Substanzen (Fette, Öle) aus dem Leder.
Ganz allgemein würde ich nur dann "Tiefenreinigen", wenn absoluter Bedarf dafür besteht. Vorsorglich alte Wachsschichten etc. entfernen zu müssen um das Leder gründlich zu pflegen halte ich zwar für eine schöne Vorstellung, hat sich aber (bei mir) meist als unnötig erwiesen.
Dass das Leder durch die Seifenwäsche spröder und härter wird, ist wohl die logische Konsequenz. Auch eine Renovateur-Anwendung kann da nur zum Teil das zurückbringen, was vorher im Leder war.

Falls man doch mal eine dicke Schicht Creme und Dreck entfernen muss, habe ich gute Erfahrungen mit speziellem Lederreiniger (z.B. von Saphir) gemacht. Dieser scheint das Leder nicht so stark auszulaugen und reinigt dabei trotzdem gut genug. Anschließend eine Renovateur-Behandlung oder Lederlotion, dann Creme und abschließend eine Schicht Wachs und die Sache läuft.

Bei sehr spröden alten und trockenen Leder habe ich gute Erfahrungen mit Lederöl gemacht. Vorsicht: Bitte erst an einer verdeckten Stelle ausprobieren. Manchmal führt Lederöl zu unansehnlichen Flecken.

Viele Grüße
Wastel
 
Hallo Wastel

Danke für Deine Einschätzung - und sehr interessant, denn Sie ist praktisch das Gegenteil meiner Erfahrung in vielen Bereichen :)

Den Saphir Ren-O-Mat den Du ansprichst habe ich mehrfach versucht und empfinde diesen wiederum als viel zu aggressiv, da ist die Sattelseife IMHO weit sanfter :) Die "guten Substanzen", sprich das "alte" Wachs, auszuspülen um wieder Platz und Zugang für das nährende neue zu machen ist ja genau der Zweck. Ich habe mit diesem Prozedere sehr gute Erfahrungen gemacht, und auch nach der Reinigung mit der Saphir Sattelseife fühlt sich das Leder keineswegs spröde, ausgelaugt und hart an sondern bei mir üblicherweise ganz im Gegenteil sehr weich, rau und eben "rein" und fast schutzlos ;) Schon spannend wie hier die Wahrnehmungen auseinander gehen, hätte ich nicht gedacht - ist aber schön dass es auch hier genug Raum für persönliche Vorlieben gibt. Wachs verwende ich praktisch nie (ausser für WGP auf den Spitzen brauner oder bordeauxfarbener Brogues), ich mag den tiefen "luster" polierter Cremes wie eben der EM3 viel lieber :)

Danke für Deine Einschätzung, hier führen ja viele Wege ans Ziel!
 
Das in der Tiefe wie mir scheint durchaus noch feste und stabile Leder hat an der Oberfläche bei der Bewegung sofort jede Menge Haarrisse bekommen, die Oberfläche zumindest ist total ausgetrocknet und spröde, brüchig und entfärbt - kurz: hin...

Für die erwähnten "Bewegungen" des Leders sind die Falten aber sehr deutlich in den Belastungszonen der typischen Gehfalten und im Ballenbereich -
Scheint sich somit um ein recht ordentliches Reinigungsprozedere zu handeln, das die "mechanischen Entfärbungen" der jahrelang getragenen Schuhe sozusagen analytisch-präparativ darstellt.

Ich kenne die Zusammensetzung des Renovateur nicht (vielleicht mal bei Newsaboutshoes nach Informationen suchen ?), bezweifle aber ein wenig die Charakterisierung des Ergebnisses als total ausgetrocknet, spröde, brüchig, ebenso bezweifle ich die fachgerechte Anwendung in 7-8 Gängen(!)... -
der Schuh sieht meiner Meinung nach derzeit aus wie Fettleder.

Wie auch immer, eine Weiterbehandlung mit Schuhcreme bspw. SMDO 1925 wäre wohl der nächste Schritt ?
 
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