Tracht

... Mir war nicht klar wie stark die Tracht aus der reaktionär-völkischen Ecke stammt. Letzten Endes wurde sie dann erst durch die Biermösl Blosn und die unkritisch-kitschige aktuelle Wisn-Jugend aus dieser Ecke befreit, wenn ich das mal etwas verkürzt zusammenfasse. Und dafür kann ich mich mit den Polyestertrachten auf diversen Volksfesten schon fast wieder anfreunden...

Das konnte ich diesem Beitrag aber nicht so entnehmen. Auch wenn sie in vereinfachter Form für die HJ (kurze Lederhose, Dirndl) landesweit übernommen und später in der Bayernpartei und der CSU als "volksnahes" Outfit zu Parteiauftritten getragen wurde, ist die Tracht im altbayerischen/österreichischem Raum doch eher eine Mischung aus verordneter Folklore und wechselseitig adaptierter Mode zwischen Stadt und Land. Jedenfalls hat sich das für mich so dargestellt. Auch die Trachtenvereine als reaktionär-völkisch einzuordnen, wäre aus meiner Sicht verfehlt.

Die Biermösl Blosn mit dem Stofferl waren wohl die bekanntesten Vertreter im süddeutschen Raum, die die Alltagstracht, aber vor allem die Volksmusik aus ihrem ländlich-konservativen, heimattümelnden Dämmerschlaf wieder zurück ins (damalige) Jugendinteresse brachten. Es gab aber auch mach andere, die den heutigen "Heimatsound" vorkreierten. Wer will, kann sich z.B. beim frühen Willy Michl oder bei Schariwari reinhören. Auch die kommerzialisierte Form, Musikantenstadl & Co., trug dazu bei, die "Tracht" öffentlich wieder zu etablieren. Das ist dann wohl eher die Inspirationsquelle für die heutige "Partytracht".

Der Beitrag hat auch bestätigt, was ich in Bezug auf die ungewöhnliche Trachtenkleidung der Frankenwald-Flößer (besser Floßherren), die auf rund 100 Jahr alten Fotografien zu sehen ist, gehört hatte. Schnallenschuhe, Zylinder, Silberknopfweste - das hat mit Tradition und dem harten Berufsalltag nichts zu tun. Auch das ist weitgehend ein romantisch-folkloristisches Fantasieprodukt, kreiert für Schauauftritte auf Einladung des Bayrischen Königshauses.

Ob der Film alle Fragen zur Tracht beantwortet hat (falls beabsichtigt), sei dahingestellt, jedenfalls hat er mit der landläufigen Meinung einer jahrhundertlang entstandenen traditionellen und landschaftlich geprägten Bekleidung aufgeräumt. Interessant war's zweifelsohne und gefallen hat's mir auch. Trotzdem werd ich keine Krachlederne anziehen.

Der Landmann


http://www.openpr.de/images/articles/e/1/e1eb8b8ab09b4291ce4ce3c784885168_g.jpg
 
Als Kind war die "Lederne" für mich Alltagsgwand zum rumtoben, obwohl ich in der Stadt aufgewachsen bin. War halt superstabil und für dauernd neue Klamotten war bei 4 Kindern meist kein Geld da... Und viel Volksmusik lief im Radio, aber die "Echte", vom Kiem Pauli über die Brüder Rehm etc... Da hab ich weder die Biermösl Blasn noch sonstwas gebraucht, für mich hat die "Tracht" immer schon dazugehört. Unabhängig von HJ, CSU, FJS, BP und DTV.
Erst die Wiesngänger mit ihrer Landhausmode haben mir die Lust so a weng verdorben. Aber was solls, da kauf ma uns a Maß, dann paßt des scho wieder.
 
Haben wir dieselbe Dokumentation gesehen? Die, in der erklärt wurde dass die Tracht weitgehend für eine Stand/Touristenbevölkerung erfunden wurde, die eine Sehnsucht nach einer guten, alten Zeit hatte die um den ersten Weltkrieg herum aus den Fugen geraten war? In der dargelegt wurde wie die Tracht eine völkische (Originalton, nicht meine Interpretation) Identität stiften sollte, verordnet aus genau reaktionär-völkischen Beweggründen, was von den Nazis bereitwillig aufgegriffen wurde, auch wenn Probleme bestanden weil die Tracht eher ein bayerisches Volksverständnis, kein gesamtdeutsch-arisches transportiert hat? Dass nach dem zweiten Weltkrieg über die Tracht die Sudetendeutschen in die Volksgemeinschaft aufgenommen wurden, die Tracht von der reaktionär-monarchistischen Bayernpartei aufgegriffen wurde? Mit den Biermösl Blosn (und sicher nicht nur denen, und mit denen vermutlich auch nicht als allererste, die waren nur beispielhaft) die Welt erstaunt festgestellt hat dass die Tracht ja nicht automatisch nationalistisch-konservativ-freistaatstragend sein muss sondern durchaus gegen Atomkraft sein kann?
Kurzform: Vor 1900 gabs praktisch keine (bayerische) Tracht im heutigen Sinne, die Intention bei der Entstehung war klar rückwärtsgewandt (=reaktionär) und nationalitätsgefühlsstiftend (=völkisch), diese Intention blieb in unterschiedlichem Maße erhalten bis zu den Biermösl Blosn & Co. in jüngerer Vergangenheit, und gipfelt in der "Beliebigkeit" der Tracht in jüngster Vergangenheit.

Nein, vermutlich nicht. Was hast Du denn für eine Dokumentation gesehen?
 
Ah, ich wusste nicht, daß wir eine Zusammenfassung der Sendung schreiben müssen, deshalb hab ich einfach nur von meinem Verhältnis zur Tracht geschrieben. Ich halte mich zukünftig wohl besser aus Threads raus, in denen Du auch postest. Wir sprechen nicht die selbe Sprache. Macht aber nichts. Servus.
 
Ah, ich wusste nicht, daß wir eine Zusammenfassung der Sendung schreiben müssen, deshalb hab ich einfach nur von meinem Verhältnis zur Tracht geschrieben. Ich halte mich zukünftig wohl besser aus Threads raus, in denen Du auch postest. Wir sprechen nicht die selbe Sprache. Macht aber nichts. Servus.


Jaja, da zitiere ich einmal nicht und da kommst Du mit dem Posten dazwischen. Auch wenn du bellst, meine Antwort bezog sich auf Landmann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du anscheinend eine andere als Karokönig und ich. Oder Du hattest Deine rote Brille beim Schauen auf.

Ging mir ähnlich wie Landmann, wobei ich sogar den Eindruck mitgenommen habe, das Tracht eben nicht völkisch-reaktionär (auch nicht im Sinne einer NS-Ideologie) sei.


Das mag ja sein, aber ich warte immer noch auf die andere Interpretation. Was ist denn Deiner Meinung/Wahrnehmung nach die Intention bei der Einführung der Tracht gewesen? "Schaut her, wir sind alle ganz modern, republikanisch und kosmopolitisch"? Die Bilder von Adolf Hitler und Eva Braun in Tracht ein Signal für die Weltoffenheit der NS-Ideologie? Mir kam das in der Dokumentation dann nicht deutlich genug rüber.

Die Tracht wurde geschaffen als Sehnsucht nach einer idealisierten Vergangenheit. Und nicht als Bewahrung einer realen Vergangenheit.
 
Die Tracht wurde erschaffen unter Ludwig I. 18 irgendwas.

Als Identifikationsmittel des Bayerischen Volkes.

Was sich daraus entwickelt hat, steht auf einem ganz anderen Blatt.
So habe Ich die Doku verstanden.
 
Ludwig I. hat bis 1848 regiert. Damit platzierst Du die Entstehung der Tracht in den Vormärz. Definitiv nicht das was ich verstanden hatte.

Ich denke ich bin raus. Wenn ein, zwei Leute abweichende Erinnerungen haben bin ich geneigt zu sagen bei denen rieselt der Kalk, da aber offenbar alle das anders verstanden haben als ich (gute 50 Jahre früher, progressiv oder zumindest nicht rückwärts gewandt, kein Bedeutungswandel durch Biermösl Blosn etc.) dann wird es wohl doch an mir liegen. Vermutlich speisen sie hier an der Grenze BW-Hessen eine subtil andere Version des BR ins Kabel... War aber trotzdem auch unterhaltsam und informativ, was hier kam.
 
Ludwig I. hat bis 1848 regiert. Damit platzierst Du die Entstehung der Tracht in den Vormärz. Definitiv nicht das was ich verstanden hatte.

Ich denke ich bin raus. Wenn ein, zwei Leute abweichende Erinnerungen haben bin ich geneigt zu sagen bei denen rieselt der Kalk, da aber offenbar alle das anders verstanden haben als ich (gute 50 Jahre früher, progressiv oder zumindest nicht rückwärts gewandt, kein Bedeutungswandel durch Biermösl Blosn etc.) dann wird es wohl doch an mir liegen. Vermutlich speisen sie hier an der Grenze BW-Hessen eine subtil andere Version des BR ins Kabel... War aber trotzdem auch unterhaltsam und informativ, was hier kam.

Es liegt mir fern, mich in diesem Rahmen an ideologischen Diskussionen zu beteiligen, noch wollte ich sie mit meiner Erwiderung anstoßen. Nur soviel: landesübliche Trachten gab es lange vorher, auch vor der angesprochenen Wittelsbacherhochzeit 1842, zu der Vertreter aus dem ganzen bayerischen Königreich in ihren Trachten nach München geladen wurden.

http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/oktoberfest-1842

Und nicht nur in Bayern bzw. Deutschland, das setze ich als bekannt voraus.
Dass sie, wie die zweiteilige Sendung gezeigt hat, zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch politisch instrumentalisiert wurden, ist ebenfalls nicht neu und genauso in anderen Ländern zu finden. Ob man das (betont) reaktionär-völkisch nennen mag, sei dahingestellt. Aber nicht von mir.

Der Landmann
 
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Ah, ok. Missverständnis, ich rede(te) von der Darstellung in der Doku, während Du Dich wohl an das Threadthema hälst und von Tracht allgemein redest. Dass die Dokumentation eine unfehlbare Sichtweise hat würde ich nie annehmen, auch nicht dass sie meine Interpretation wiedergibt.

P.S. Einer Diskussion bezüglich der Korrektheit der Dokumentation würde ich fasziniert folgen, mangels eigenen Wissens allerdings nur passiv.
 
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