The great Gatsby 2012

Vielleicht sollten wir unsere Ansprüche in Sachen Filmausstattung etwas runterschrauben und uns mehr auf das Wesentliche, die Schauspielkunst konzentrieren.

Und wieso das — wieso sollte ich mich mit Mittelmaß abgeben, wenn es besser geht? Oder anders formuliert: Wenn die Umgebung nicht stimmt, kann es für mich auch ein sehr guter Schauspieler nicht mehr retten. Gleiches gilt, wenn man die Situation umdreht.
 
Wenn es in Hollywood nur um "Schauspielkunst" ginge, dann gäbe es nur Academy Awards für Darsteller. Es gibt aber u.a. auch welche für Regie, Schnitt, Musik, Ton, Szenenbild und (Achtung!) Kostümdesign.

Ein Film ist wie jedes andere Werk eben ein Gesamtkunstwerk, das von mehreren Elementen bestimmt wird. Von daher ist es nur richtig und stringent, in diesem Forum das Kostümdesign zu diskutieren.
 
Natürlich kann und sollte man das diskutieren. Und natürlich sollten sich die Verantwortlichen für Regie, Schnitt, Musik, Ton und Kostümdesign so richtig ins Zeug legen, so wie jeder Handwerker/Künstler sein Bestes geben sollte.

Mir geht es nicht um das Werk, sondern um die eigenen mittlerweile riesigen Ansprüche.
Ansprüche, die der eigenen Freude im Wege stehen können. Auch wenn Filme nie die Phantasie so anregen wie Bücher, empfand man früher den stop-motion King Kong in der Modelleisenbahnlandschaft als gefährliches Monster in einem spannenden Film. Die Lücke hat die Phantasie geschlossen. Dazu ist kaum noch einer bereit, es wird stets optische Perfektion erwartet.

Wichtiger ist es sich von der Geschichte mitreißen zu lassen als analytisch im Kinosessel zu sitzen und nach Dingen ausschau zu halten, die einem nicht gefallen könnten.

Zur Tomate: Manchmal macht die frisch gepflückte pure Tomate viel mehr Freude als die
mit dem besten Dressing im Restaurant.
 
Das die Remake Seuche mittlerweile den Filmgenuss arg trübt, ist leider so. Dazu kommen noch die geänderten Sehgewohnheiten, die dreissig Schnitte in einer Minute erfordern, um Dynamik zu heucheln und Storylines, die länger als zwei Minuten dauern die MTV Generation überfordern. Das ermöglicht Machwerke wie Fast and the Furios und führt dazu, das Knallchargen wie Vin Diesel oder Scarlett Johannsen allen Ernstes als Schauspieler bezeichnet werden. Stars gibt es sowieso keine mehr, höchstens in der Selbstdarstellung wie die unsäglichen Brad und Angelina.

Früher hat man wenigstens noch Rip Offs gemacht, heute bringt man eine modernisierte 1:1 Kopie auf die Leinwand, speziell jeder erfolgreiche Horrorfilm der letzten 40 Jahre wurde "erneuert".

Zum Gatsby. Ich mag DiCaprio genausowenig wie Denzel Washington. Das ist persönlicher Geschmack. Ich halte ihn aber auch nicht für einen hervorragenden Schauspieler. Unter den Blinden ist der Einäugige König, die Fraktion der Teenie Bopper tut ein Übriges.
Das Original von 1974 war schon ein, im Vergleich zum Buch, ziemlich mauer Film. Allerdings getragen von guten Schauspielern, den profiliertesten Maskenbildern und Kostümbildnern des damaligen Hollywood und dem Enthusiasmus des "New Hollywood" - eine schlechte Buchverfilmung, aber ein grandioser Kostümfilm.
Nehmen wir zum Vergleich "Chinatown" aus '74 und "Black Dahlia" aus 2006, thematisch ähnlich und zur gleichen Zeit spielend, zeigt sich das Versagen auf der ganzen Linie. Bei Gatsby ist es kein Film, der bsp, von Bonny und Clyde inspiriert ist, es ist eine dialoggenaue Neuverfilmung - das kann nur scheitern.
Dazu kommt, das kaum noch einer die Romanvorlage kennt, was die Geschichte sicherlich auch noch des sozialkritischen Kontexts beraubt.

Also Popcornkino mit lieblos gemachten Kostümen. Ich frage mich mittlerweile, wo die 100 Millionen des Etats so hingehen. Sicherlich Schweigegeld für Redford und Werbeetat.
 
Ich frage mich mittlerweile, wo die 100 Millionen des Etats so hingehen. Sicherlich Schweigegeld für Redford und Werbeetat.

Leo ist nicht billig... Und 3D Kameras & Adobe After Effects color post-processing auch nicht ;)

Aber schon die Werbe-Kohle von Prada, Tiffany, BB, ... sollte wieder einiges reinholen.
 
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