Lockerer Stil im Büro

Bis auf die Hemdfarbe finde ich das gar nicht so schlimm. Das Sakko finde ich ziemlich cool.
 
Keiner hat, soweit ich das gelesen habe, jemanden bewertet.
Ich habe eine Gruppe von Personen bezichtigt, sich wenig Gedanken zu machen, wenig Respekt sich selbst und anderen gegenüber zu zollen und aus Bequemlichkeit in Kleidung rumzulaufen, die diesen Namen kaum verdient. Dies wertet nicht die Charaktereigenschaften eines speziellen Menschen, sondern EINEN offensichtlichen Charakterzug des herdengetriebenen Durchschnittsdeutschen.

Wissen weiss es jeder, aber machen tut es keiner. Aus Bequemlichkeit, aus Nachlässigkeit und somit einer eigenen Art der Ignoranz und auch Intoleranz. Umgekehrt wird doch ein Schuh draus. Warum muss ich mich, als Freizeitanzugträger, ständig rechtfertigen und werde blöd beäugt? Warum wird mir in Navyblazer direkt unterstellt, ich "sei was Besseres"? Woher rührt denn dieser pawlowsche Beißreflex in einer Kultur der gleichförmigen Mittelmäßigkeit?

Du schließt von Kleidung auf Charakterzüge und fragst dich im nächsten Absatz, wieso du im Gegenzug mit Navyblazer und goldenem Onyx-Ring als überheblich abgestempelt wirst? Das ist genau das Gleiche, bloß in die andere Richtung...
 
Mal wieder topic:

Ein gelungenes Beispiel, dass Hose zu Jeans auch mal recht gut aussehen kann. So jeansgekleidete Arbeitskollegen könnte ich mir schon anschauen.

http://blog.trashness.com/february

Meine Meinung: im Prinzip ja (wenn Sakko zu Jeans gemeint ist) und wenn das Alter des Trägers dazu passt. In diesem Fall würde ich das jüngeren Kollegen vorbehalten, obwohl ich ansonsten auch Jeansträger bin. Allerdings ist diese Jeans von der Optik her und vor allem wegen der bedenklichen Herstellungskriterien für mich unmöglich. Eine Jeans mit echten und markanten Tragespuren in annähernd diesem Umfang passt dann wohl auch nicht zum Jacket. "Nachgemachte" sind ein modisches Gimmick für die, die Jeans eher als Saisonware tragen (vermute ich mal).

Zum Topic:
Anzug bzw. Kombination sind z.B. im Behörden- oder Schulalltag mittlerweile auch eher die Ausnahme. Da hat die Freizeitmode schon sehr lange Einzug gehalten. Der "Umbruch", nicht nur in diesem konservativen Bereich, hat sich aus meiner Sicht in mehreren Etappen vollzogen.

Schaut man sich Filme aus den 60ern an, dann ist auch unter der Jugend noch Anzug und Schlips gang und gäbe (z.B. in den Beatschuppen, auch die politisch aktiven "68er" trugen zunächst noch Schwarz-Weiß). Die "Hippie"-Mode, maßgeblich in London kreiert, und der "Ami-Look", beeinflusst von Armeeklamotten, änderten das erstmals und nachhaltig. Der Parka war jedoch mehr als eine Modeerscheinung im Alltagsbild, sondern hatte durchaus praktische "Outdoor"-Funktion für div. Vorhaben (Open Airs, Demos, alles, was halt in der Natur stattfand). Schimanski machte das Fieldjacket im bis dato auch medial uniformierten und anzugsdominierten Polizeidienst (heute ist. z.B. der Kölner Tatort-Kommissar Freddy Schenk im Dreiteiler die positive Ausnahme) populär und damit akzeptabel. Das waren für mich die Wegbereiter für den "Casual Look", der im sonstigen Berufsleben auch den Abschied von der früheren Piefigkeit signalisierte. Selbst auf dem Land war die Kombination mit der Jeans schnell verbreitet, da im Alltagsleben wesentlich unempfindlicher.
Die legere Kleidung signalisierte natürlich auch "Weltanschauung". Joschka Fischer wusste ganz genau, warum er sich 1985 extra Basketballstiefel für seine Vereidigung als hessischer Minister kaufte und medienwirksam (samt ohne Schlips) gegen den bis dato geltenden Dresscode vorführte.

Das, u.a., führte dazu, dass der Freizeitlook heute gängiges Straßenbild ist und daher Anzugträger außerhalb entsprechender Anlässe und auch im Büroalltag unterhalb der Leitungsetage eher als Ausnahme angesehen werden. Der größte Teil der heutige Generation der Berufstätigen auf dem Land hat wohl noch nie einen Anzug besessen (außer zur Hochzeit) und deshalb ist auch der Anblick im Alltag einfach sehr ungewohnt. Und bei meinen Ausflügen in die städtische Welt scheint mir das auch nicht viel anders.

Der Anzug als Nonkonformisten-Outfit - wer hätte das gedacht? :D Dass sich das langsam auch wieder ändert und das Bewusstsein für insgesamt stilistisch anspruchsvollere Kleidung wächst, wie schön! Ich bin sicher, am anstehenden Kommunalwahlsonntag (in Bayern) und beim nächsten klassischen Konzert werde ich auch hier in der Provinz wieder einige Anzugträger "am Stück" sehen. Ob das dann eine Augenweide ist, bleibt eine andere Frage... :rolleyes:
 
Mal wieder topic:

Ein gelungenes Beispiel, dass Hose zu Jeans auch mal recht gut aussehen kann. So jeansgekleidete Arbeitskollegen könnte ich mir schon anschauen.

http://blog.trashness.com/february

So gucken meine Kollegen auch immer, wenn sie mich sehen. Als hätten sie Zitronen im Mund. ;)

Das modefotografierte Outfit ist nicht schlecht. Es gäbe aber zahlreiche andere Hosen, mit denen es mir besser gefiele. Unter normalen Lichtverhältnissen von irgend einem Stilmagazinuser auf dem Bahnhofsklo im Spiegel fotografiert, würde es keinen Flashmob der Begeisterung auslösen.
 
Piano, Jungs. Ich würde die ganze Sache differenzierter sehen. Es gibt unter Anzugträgern, wie auch in der Freizeitfraktion und anderen Stilen alle möglichen Arten von Menschen - von herzlich und kompetent bis zu ausgemachten Arschkrampen.

Anzug = brauchbar wegen Sekundärtugend ist viel zu kurz gegriffen. Leider habe ich oft mit Beratern zu tun und dort rollen sich mir regelmäßig die Nackenhaare. Kann ich teilweise nicht mal fachlich ernst nehmen, weil die oft nicht wissen, was die nicht wissen. Zusammen mit dreistem Auftreten oft sehr, sehr unangenehme Menschen. Das Stereotyp Anzug schlägt wie ein Rohrkrepierer zurück. Auch irgendwelche laufenden Kleiderstangen der letzten Kollektion sind mir ein Graus.

Klasse kommt von innen, nicht von Anzügen, Freizeitjacken oder was man auch immer außen vor hängt. Die Kleidung kann Hinweis auf Geschmack oder Sozialstatus sein, mehr nicht. Und im oben beschriebenen Fall sind Anzüge sowie Dauergrinsen keinesfalls irgendein Indiz für Intelligenz oder substanzielle Werte.
 
@jabbadoo: Kann ich aus meinen Berufsleben bestätigen.

@proteus wegen der Kritik am Anzugsträger:

Du wirst mit Deinem Anzug in der Freizeit beäugt (und nicht nur Du) weil es heute nicht mehr der Norm entspricht. Rein sachlich betrachtet, ist es eine Minderheit, die heute in der Freizeit in einem Anzug durch Stadt flaniert, ein Eis Essen geht etc.. Auch ich kenne das noch anders von meinem Großvater und Vater, die NIE ohne Anzug, Hemd und Krawatte das Haus verlassen haben. Und selbst mein Vater wurde schon schräg angeschaut.
Es ist einfach die Normabweichung, die auffällt.
Muss man mit leben, wenn man:
- Anzüge trägt (Snob)
- Krawatte trägt ("Geht der hier Eis essen oder will er mir einen Staubsauger verkaufen"/ Snob)
- Jacke mit Einstecktuch (Snob/ Schwul)
- Cowboyboots (Vollproll/ Schwul)
- Brogue (Snob/ "Guck mal der Landlord")
- Gerne Farben trägt, die nicht auf schwarz, grau, braun hören (Schwul/ "Pussy")
In den Klammern liest man die häufige Deutung und das Getuschel, das ich ab und an wahrnehme, wenn ich in meiner Freizeit mit gesagten Kleidungsstücken auftrete.
So ist es halt. Es ist arm, aber wahr.
 
@jabbadoo: Kann ich aus meinen Berufsleben bestätigen.



@proteus wegen der Kritik am Anzugsträger:



Du wirst mit Deinem Anzug in der Freizeit beäugt (und nicht nur Du) weil es heute nicht mehr der Norm entspricht. Rein sachlich betrachtet, ist es eine Minderheit, die heute in der Freizeit in einem Anzug durch Stadt flaniert, ein Eis Essen geht etc.. Auch ich kenne das noch anders von meinem Großvater und Vater, die NIE ohne Anzug, Hemd und Krawatte das Haus verlassen haben. Und selbst mein Vater wurde schon schräg angeschaut.

Es ist einfach die Normabweichung, die auffällt.

Muss man mit leben, wenn man:

- Anzüge trägt (Snob)

- Krawatte trägt ("Geht der hier Eis essen oder will er mir einen Staubsauger verkaufen"/ Snob)

- Jacke mit Einstecktuch (Snob/ Schwul)

- Cowboyboots (Vollproll/ Schwul)

- Brogue (Snob/ "Guck mal der Landlord")

- Gerne Farben trägt, die nicht auf schwarz, grau, braun hören (Schwul/ "Pussy")

In den Klammern liest man die häufige Deutung und das Getuschel, das ich ab und an wahrnehme, wenn ich in meiner Freizeit mit gesagten Kleidungsstücken auftrete.

So ist es halt. Es ist arm, aber wahr.


Zieh nach München.
 
Mal abgesehen davon, dass ich eine freundliche Gleichgültigkeit gegenüber des "Mannes auf der Straße" Meinung über meine Garderobe hege, ernte ich insbesondere von Frauen häufig Komplimente für meine Outfits (elegant, farbenfroh, endlich mal was anderes...). Schlimmstenfalls betrachten Kollegen die Sache als Spleen.
 
Mal abgesehen davon, dass ich eine freundliche Gleichgültigkeit gegenüber des "Mannes auf der Straße" Meinung über meine Garderobe hege, ernte ich insbesondere von Frauen häufig Komplimente für meine Outfits (elegant, farbenfroh, endlich mal was anderes...). Schlimmstenfalls betrachten Kollegen die Sache als Spleen.

Same here. Das einzige was negativ ankommt, sind bunte (nicht-weißes Leinen) EST. Aber fast ausschließlich von Männern...
 
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