Knopflochblume

Hallo Tobias,

ich hoffe sehr, am 30.04 dabei sein zu können und momentan sieht es, was berufliche Termine angeht, sehr gut aus.

Obwohl ich aus der Gegend um Neapel stamme und ich noch eine sehr, sehr große Familie dort habe, bin ich immer zwiegespalten, wenn ich unten bin, oder an unten denke. Eines vorweg, um Urlaub zu machen ist es nach wie vor wunderschön, egal ob man auf dem Festland (Sorrento, Positano, Amalfi oder Neapel) bleibt, oder ob man die Inseln (Capri und Ischia) besucht. Ich habe nie den "schlechten Ruf" deutscher Touristen verstanden, denn jene, welche in diese Region fahren, haben weniger als null mit dem gemeinen Ballermann Touri zu tun. Eines sollte aber klar sein, um einen reinen Badeurlaub zu machen, ist die Gegend eher nicht geeignet. Da gibt es wesentlich bessere. Kultur gibt es ohne Ende. Falls Zeit ist, kann ich das von den Bourbonen erbaute Schloss Casserta (20 Min. nördl. von Neapel) mit den wunderschönen Wasserfällen empfehlen. Vesuv und die Ruinen von Pompej sind auch beeindruckend. Da Du Dich ja für Wein interessierst, kannst du in Pompej die Weingärten von Mastroberadino ansehen. Diese wurden nach den Ausgrabungen, exakt nach römischen Vorbild gepflanzt. Dabei kam heraus, dass die Römer sehr modern im Weinbau waren. Sehr ähnlich unserer heutigen "Weinerziehung" und viiieeeel moderner als in den 50ger und 60ger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Die Lebenssituation stellt sich bei weitem nicht so romantisch dar. wobei dass grösstenteils auch an der vorherrschenden Mentalität liegt. Ich war letzten August spontan bei meiner Familie und musste feststellen, dass ich obwohl Italiener mit vollem Herzen, mit der dort vorherrschenden Mentalität nicht viel gemeinsam habe. Natürlich ist August der traditionelle Ferienmonat in Italien, aber nach meinem Verständnis muss man Geschäft machen, wenn es etwas zu machen gibt...

Die gesamte Region war voller zahlungskräftiger Touristen aus USA. Japan, Russland und Deutschland und während die kleinen Geschäfte in Amalfi, Sorrento und Positano fast rund um die Uhr geöffnet hatten, war Neapel verlassen und abgeschlossen. Marinella und Finnamore (+ ganz viele andere) waren den gesamten August über geschlossen. Und das Schlimme darin ist, dass jeden 2. Tag riesige Kreuzfahrtschiffe in Neapel anlegen und unzählige weitere, zahlungskräftige Touristen bringen... aber kaufen können die nichts, falls sie im August kommen...:mad:

Ob die Camorra schlimmer ist als die Politik kann ich dir nicht sagen, da es zu 95% das Gleiche ist. Aber keine Sorge, die Camorra ist keine Bedrohung für Dich als Tourist, eher im Gegenteil, da die Camorra Schutzgelder verlangt und die nur fliessen, wenn es Touristen gibt...

Fazit: Urlaub immer wieder gerne, aber leben niemals.

Liebe Grüße

Sandro
 
Gute Frage, wahrscheinlich aus den gleichen Gründen, warum in Deutschland die "Einheit" so gefeiert wird.
Hm, auf den Vergleich bin ich noch nie gekommen - aber ich bin begeistert, das macht außerordentlich Sinn, zumindest um es sich zumindest ungefähr vorstellen zu können.

Aber zurück zu den Fakten. Napoli war zu Beginn der Herrschaft der Savoyer eine der reichsten Städte Europas mit Industrie und Hochkultur.
Mir als Neapel-Fan brauchst du das ja nicht zu erklären :) Es ist in der Tat schockierend-beeindruckend, wie Neapel kurz nach dem Zusammenschluss vom fast-schon Nabel der Welt zu einer völlig unbedeutenden Stadt in Randlage wurde.

Aber man muss wohl doch unterscheiden zwischen dem Königreich beider Sizilien und dem Rest Süditaliens... Bei Neapel kann ich es mir ja noch vorstellen, wie es sich entwickelt hätte wenn es anders gekommen wäre - aber der unterste Süden? Das ist ja doch eine ziemliche Randlage in Europa, wo man kaum ernsthafte Industrie aufbauen könnte, und es ja mit Ausnahme von Taranto sehr trostlos aussieht (z.B. Brindisi).

Aber das "wahre" Leben stellt sich im Moment nicht so schön dar, wie man glaubt, wenn man seinen perfekt sitzenden Maßanzug in Empfang nimmt...(Da bin ich schon einwenig neidisch, aber ich kann auch gut "gönnen" weil ich Dich ja kenne:))
Tja, etwas Dekadenz muss halt auch sein, damit erträgt man die schlechte Welt wenigstens etwas besser. :) Bei der Stippvisite morgen kann ich den neuen aber leider noch nicht in Empfang nehmen, jetzt erstmal die 2. Anprobe.

PS: Wir sind in der Tat "leicht" Off-Topic ;)
 
Ich sehe, du bist ein echter Kenner der Materie! Meine ehrlich gemeinte Hochachtung dafür.

Jaja der Süden...:eek: Es gibt ja diesen Ausspruch: Jesus kam bis Eboli...

Aber mal ganz ehrlich, glaube ich nicht, dass er an Neapel vorbeigekommen ist...

Aber weg mit der Polemik, mit etwas politischem Willen und dem Ausbau der Bildung in ganz Italien hätte man im Süden schon was machen können, aber vielleicht will das ja keiner? Fehlende bildung ist nunmal das schlimmste Waffe der Menschheit:mad:

Sorry beim Threadsteller für diese Meilenweite Entfernung vom Thema:eek:

Saluti

Sandro

P.S. viel Freude mit Deinem neuen Anzug:)
 
Sandro, Andreas,
vielen Dank für die Antwort. Es soll ja tatsächlich Leute geben, die sich facebook noch verkneifen. kein facebook, keine blume...
Sandro, werde mich per pn noch einmal melden wegen der Ansprechpartner.

Die weitere Diskussion hat tatsächlich eine völlig andere Richtung bekommen, aber die ursprüngliche Frage ist ja beantwortet.;)

Änhnliche Bemerkungen oder Fragen, wie die von Hans Castorp kennt jeder in Deutschland (bzw. nicht in Italien) lebende Italiener. Der Artikel von Roberto Saviano erschien in einer Mini-Artikelserie unter dem Motto "erklären Sie uns Italien". Es gibt also leider viel Erklärungsbedarf. Saviano hat zum Teil sehr gute und beachtliche Erklärungsansätze geliefert.

Sandro hat mit seinem Beiträgen auch viele Aspekte richtig aufgegriffen. Insgesamt ist die ganze Thematik aber viel zu komplex, als dass man sie hier wirklich (er)klären könnte. Dennoch schaffe auch ich es nicht hier einfach zu schweigen.;)

Mal ne andere Frage:
Wieso feirt ihr Italiener eigentlich die Vereinigung Italiens so eifrig, obwohl doch eigentlich sowohl die Nord- als auch Süditaliener überzeugt sind, dass das die Wurzel allen Übels sei? ;) Und wie lange gehen die Feiern denn noch? Letztes Jahr im September wart ihr ja auch schon eifrig dabei :)

Das ist sehr verkürzt und am Ende falsch. Nach vielen Querelen hat der überwiegende Teil der Italiener wirklichen Anteil genommen an den Feierlichkeiten. Auch identifiziert sich die überwiegende Mehrheit der Italiener mit der italienischen Nation nicht so sehr allerdings mit dem italienischen Staat, dem die Italiener sehr mißtrauen. Daneben gibt es eine sehr starke regionale Verwurzelung und Identifikation. Ein Sizilianer fühlt sich zunächst als Sizilianer und es lässt sich in einigen Teilen Italiens noch viel weiter, auf bestimmte Regionen herunterbrechen. Die Gründe dafür sind wirklich sehr vielfältig. Vor allem aber ist Italien eine junge Nation. Das trifft im Übrigen auch auf Deutschland zu, wo es aber im Gegensatz zu Italien einen stark ausgeprägten Gemeinsinn gibt.

Die sehr ausgeprägten regionalen Unterschiede machen sehr stark den Reiz Italiens aus, schaffen mitunter aber auch Barrieren für das Gemeinsame. Sehr vereinfacht gesprochen, sind Italiener begeisterte Individualisten und vergleichsweise intolerant. Die eigene (sehr lokale) Küche ist die beste. Schon im Nachbarort verstehen die Leute es nicht, ein Gericht richtig zuzubereiten.


Aber man muss wohl doch unterscheiden zwischen dem Königreich beider Sizilien und dem Rest Süditaliens... Bei Neapel kann ich es mir ja noch vorstellen, wie es sich entwickelt hätte wenn es anders gekommen wäre - aber der unterste Süden? Das ist ja doch eine ziemliche Randlage in Europa, wo man kaum ernsthafte Industrie aufbauen könnte, und es ja mit Ausnahme von Taranto sehr trostlos aussieht (z.B. Brindisi).

Lieber HansCastorp,
nur für die Galerie: Das Königreich beider Sizilien schloß Apulien und damit auch Brindisi ein. Falls du Brindisi oder gar Apulien gesehen und als trostlos empfunden hast, wäre das schade und wohl einem sehr oberflächlichen Eindruck geschuldet.
Falls deine Bemerkung sich auf ökonomische Daten bezieht: Apulien ist die süditalienische Region mit den höchsten Wachstumsraten beim BIP und BIP /pro Einwohner. Es gibt vergleichsweise wenig Industrie aber der Tourismus wächst sehr stark, auch im höherpreisigen Segment, was als Fanal für die Gesamtentwicklung wichtig ist. Dazu gibt es mittlerweile einige geschickte und erfolgreiche Unternehmer (z.B. Handwerk, Winzer). Kulturell ist die gesamte Region ausgesprochen reizvoll und interessant. Ich bin allerdings nicht objektiv, sondern denke eben auch, dass es bei uns am schönsten ist. Von der Küche ganz zu schweigen. :D

PS: Viva L'Italia!
 
Das ist sehr verkürzt und am Ende falsch.
...und war auch nicht so ganz ernst gemeint. In meinen 3 Monaten Italien hatte ich den Eindruck, dass die Italiener eher humorvoll an das Thema rangehen und, je nachdem wo sie herkommen, den jeweiligen Teil besser finden. Also ganz wie du beschreibst und natürlich auch nicht verwunderlich. Und am 17.3. schrieben meine Italienischen Freunde in Facebook reihenweise "Buon compleanno Italia", also so schlimm kann es nicht sein :)
Vermutlich ist der Vergleich mit der deutschen Wiedervereinigung sehr treffend. Natürlich gibt's auch hier einige Ewiggestrige, die sich sicher sind, dass es Ihnen ohne den jeweils anderen Teil viel besser gehen würde. Aber die große Mehrzahl findet es natürlich richtig und wichtig, aber wenn man mal darüber scherzt.

Das trifft im Übrigen auch auf Deutschland zu, wo es aber im Gegensatz zu Italien einen stark ausgeprägten Gemeinsinn gibt.
Hm, hast du schon einmal einen Bayer, oder gar einen Franken nach Gemeinsinn für das Restdeutschland gefragt? ;)

nur für die Galerie: Das Königreich beider Sizilien schloß Apulien und damit auch Brindisi ein. Falls du Brindisi oder gar Apulien gesehen und als trostlos empfunden hast, wäre das schade und wohl einem sehr oberflächlichen Eindruck geschuldet.[...]

Danke für die Nachhilfe, das wusste ich tatsächlich nicht :eek: Ich hoffe, ich habe dich jetzt in deinem Nationalstolz als Apulier nicht zu sehr getroffen ;)

Also Brindisi selbst habe ich als außerordentlich trostlos empfunden, für den Rest hatte ich das eher auf den Mangel an Industrie bezogen, und auf einige vereinzelte nicht so schöne Flecken. Kulturell-historisch hat es sich sicherlich wahnsinnig viel zu bieten (bereits im traumhaften Lecce muss man einmal gewesen sein), die Landschaft ebenso wie die vielen verstreuten kleinen Dörfer sind wundervoll und sehr malerisch.

PS: Viva L'Italia!
Ma certo!
 
@HansCastorp:

Gute Frage, wahrscheinlich aus den gleichen Gründen, warum in Deutschland die "Einheit" so gefeiert wird. Weil es politisch gewollt und oppertun ist. Nicht wirklich weil es "das Volk" so sieht...oder irre ich mich?

Da irrst Du Dich, zumindest was mich angeht. Als im Fernsehen die Bilder vom Fall der Mauer gesendet wurden, hatte ich vor Rührung das Wasser in den Augen stehen.
Wenn ich in Deutschland reise, egal ob auf einer friesischen Insel, in der schönen Natur der Mecklenburger Seenplatte, in den tollen mittelalterlichen Städten wie Dinkelsbühl oder im Allgäu, dann begleitet mich ein schwer zu erklärendes Heimatgefühl.

Gruß Change
 
Hallo, nach langem "rumlungern" im Forum möchte ich jetzt auch endlich mal was schreiben :)
Ich bin letzte Woche auf diese Seite gestossen.

http://www.bocca-di-rosa.com/

Bestellt habe ich dort allerding noch nicht, da mir die Blumen etwas zu teuer sind. Wenn es günstiger sein soll, empfehle ich bei http://de.dawanda.com/
einfäch mal nach Häkelblume zu suchen. Ich habe dort 12 Blumen in verschiedenen Farben für 4 Euro erstanden. Ein Durchmesser von ungefähr 2,5 Zentimeter passt meiner Meinung nach gut für mein Knopfloch.
Die Befestigung muss man sich aber selber basteln.

Viele Grüße aus Hamburg
 
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