Kleidung und Konventionen - "Der nackte Füße-Thread"

Fingerübung zum Diskurs. ;)

Nun ist es so, dass jeder soziale Raum seine Konventionen kennt, die einen gesellschaftlichen Kompromiss zwischen diversen Individualinteressen und -bedürfnissen darstellen können oder aus Machtpositionen heraus oktroyiert werden. Um diese Konventionen herrscht nun in einer pluralistischen Gesellschaft ein permanentes Ringen zwischen diversen Interessengruppen. So sind es beispielsweise ethische, moralische, tradierte oder religiöse Wertvorstellungen, die letztlich den Handlungsrahmen vorgeben. Dieser ist dann gesellschaftlich akzeptiert, findet er sein allgemeines Einverständnis in der breiten Masse der Bevölkerung. In einer zunehmend segmentierten Ordnung können vermehrt gleiche Verhaltensweisen je nach Kontext ihre soziale Affirmation als auch auch Negation finden. Dies führt nachfolgend zu einem progredient komplexerem sozialen Reglement.

Jetzt hat das Individuum zwei Möglichkeiten - je nach eigener Konstitution wird es zwischen Assimilation und Widerstand wählen. Wählt es den Widerstand, muss es umso mehr mit Sanktionierung rechnen, desto geringer die Machtposition. Reziprok, umso größer die Machtposition, desto besser die Chance zur Etablierung neuer Konventionen. Nun dürfte die Sanktionierung des Sandalenträgers im Café weit weniger drastisch ausfallen als die des Adamskostümträgers im Büro. Mehr noch, es dürfte nun wohl Konsens darüber herrschen und das Tragen solcher, also der Sandalen, in weiten Kreisen als Freizeitbekleidung zumindest etabliert sein.

Das Schöne ist, egal welch' Konventionssüppchen nun je nach Mode gerade geköchelt wird, es wird immer jemanden geben, dem diese nicht recht schmecken will und trösten mag er sich mit Goethes Wort: „Alles, was besteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“
 
typische kindlich-regressive Entgrenzung

zwingt dem unvorbereiteten Betrachter eine Intimität auf, die mir als erste Reaktion ein latentes Unwohlsein vermittelt

muss man nun mal damit rechnen, auch gestrandete Wale vorzufinden

dicke oder dünne Menschen nur mit Badehose bekleidet in der Innenstadt

man sich und seine körperliche Intimität fremden Leuten ungefragt aufzwingt

zieht mann auch vernünftigerweise weiße Tennissocken zur Sandale an

Impulsverhalten, Trotz, Egozentrik, kein Unterschiedsempfinden zwischen der eigenen und der fremden Privatsphäre


in aller Tiefe auszuloten


nahezu skandalös das eine Frau sich traute
Ich habe mir mal erlaubt, einige inter(kon)textuelle Bezüge herzustellen, um ein Regelwerk für den heute stattfindenden Weltuntergang mit der verniedlichenden Bezeichnung VATERTAG zu konstruieren... :eek:
 
Ich habe mir mal erlaubt, einige inter(kon)textuelle Bezüge herzustellen,...

Es ist ein Kreuz, was man nicht alles erdulden und erleiden muss im öffentlichen Raum. Nicht zu vergessen die, die einem in so mancher Innenstadt ihre Religiosität, ihre politische Positionierung, ihre kulturelle und/oder ethische Herkunft aufzwingen. Etc. etc., welch gruslig Welt.

Vielleicht, ja vielleicht wäre es besser gewesen, hätte die arglos' Amme der Autorin Voltaires Dandidus gelesen, bevor sie diese Arme so ganz unvorbereitet in die große, weite, grässlich Welt entließ.
 
Oh mann, man kanns auch übertreiben,

Fingerübung zum Diskurs. ;)

Nun ist es so, dass jeder soziale Raum seine Konventionen kennt, die einen gesellschaftlichen Kompromiss zwischen diversen Individualinteressen und -bedürfnissen darstellen können oder aus Machtpositionen heraus oktroyiert werden. Um diese Konventionen herrscht nun in einer pluralistischen Gesellschaft ein permanentes Ringen zwischen diversen Interessengruppen. So sind es beispielsweise ethische, moralische, tradierte oder religiöse Wertvorstellungen, die letztlich den Handlungsrahmen vorgeben. Dieser ist dann gesellschaftlich akzeptiert, findet er sein allgemeines Einverständnis in der breiten Masse der Bevölkerung. In einer zunehmend segmentierten Ordnung können vermehrt gleiche Verhaltensweisen je nach Kontext ihre soziale Affirmation als auch auch Negation finden. Dies führt nachfolgend zu einem progredient komplexerem sozialen Reglement.

Jetzt hat das Individuum zwei Möglichkeiten - je nach eigener Konstitution wird es zwischen Assimilation und Widerstand wählen. Wählt es den Widerstand, muss es umso mehr mit Sanktionierung rechnen, desto geringer die Machtposition. Reziprok, umso größer die Machtposition, desto besser die Chance zur Etablierung neuer Konventionen. Nun dürfte die Sanktionierung des Sandalenträgers im Café weit weniger drastisch ausfallen als die des Adamskostümträgers im Büro. Mehr noch, es dürfte nun wohl Konsens darüber herrschen und das Tragen solcher, also der Sandalen, in weiten Kreisen als Freizeitbekleidung zumindest etabliert sein.

Das Schöne ist, egal welch' Konventionssüppchen nun je nach Mode gerade geköchelt wird, es wird immer jemanden geben, dem diese nicht recht schmecken will und trösten mag er sich mit Goethes Wort: „Alles, was besteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh mann, man kanns auch übertreiben,

Sicherlich.

Anderseits, man kann den Schlabberlook- und Sandalenträger auch als Egomanen diffamieren. Man kann sich dabei gewiss in voller Hybris auch an seiner selbst ergötzen. Soziale Konventionen postulieren kann man sicher auch. Gewiss, gewiss.

Nur darf man vielleicht auch fragen, welch' Fundament diesem zugrunde liegt? Und lässt das Postulat (oder Konstrukt?) sich empirisch vielleicht belegen? Nun, um dem Abstrakten ins Konkrete zu verhelfen: Sandalen oder anderes leichtes Schuhwerk sind längst wieder in freizeitlichen Aktivitäten etabliert und stellen ganz gewiss kein Normvergehen dar. Was für eine Minorität als Kanon gelten mag, hat für die Majorität noch lange kein Gewicht. Je nach Fall und Person, das mag gefallen oder auch nicht.
 
Man kann es auch kurz machen: Was scheisse aussieht, wird nicht besser, nur weil ein überwiegender Teil der Bevölkerung trägt.
Was unangenehm / peinlich / ### ist, wird nicht besser, weil es gesellschaftlich akzeptiert ist.

Die überbordende Erwartungshaltung, verbunden mit dem ungehemmten Ausleben der eigenen Person - von Persönlichkeit möchte ich hier nicht sprechen - und dem völligen Wegfall vermittelter Werte führt zu diesen Auswüchsen.

Altmodische Ansicht? Vielleicht. Deswegen schlecht? Sicher nicht.
 
Man kann es auch kurz machen: Was scheisse aussieht, wird nicht besser, nur weil ein überwiegender Teil der Bevölkerung trägt.
Was unangenehm / peinlich / ### ist, wird nicht besser, weil es gesellschaftlich akzeptiert ist.

Die überbordende Erwartungshaltung, verbunden mit dem ungehemmten Ausleben der eigenen Person - von Persönlichkeit möchte ich hier nicht sprechen - und dem völligen Wegfall vermittelter Werte führt zu diesen Auswüchsen.

Altmodische Ansicht? Vielleicht. Deswegen schlecht? Sicher nicht.

Ich finde das implizite Postulat, Ästhetik sei absolut, problematisch. Und hierzuforenlande blitzt manchmal der Umkehrschluss auf: was gesellschaftlich akzeptiert und verbreitet ist kann ja nicht gut sein.
In den alltäglichen Ausprägungen stimme ich ansonsten aber zu.
 
dem völligen Wegfall vermittelter Werte
Werte wie höflicher Umgang mit Fremden ohne plumpe Pseudovertrautheit (a.k.a. Manieren :)) oder die ansehenswerte Ausgestaltung der eigenen Person in der Öffentlichkeit sind ja nicht als Konzept verschwunden. Im Gegenteil werden sie sogar von denen deutlich verstanden, die das für sich ablehnen. Sie sind heutzutage nur missverstanden als Zeichen eines steifen Standesdünkels von "denen da oben" (oder schlimmer: von denen, die da oben sein wollen, ohne es zu sein), den Kinder in ihrer impulsgesteuerten Dynamik nun mal naturgemäß nicht haben. Deswegen sind Peter Pan und Pippi Langstrumpf das beste Gegenmodell als Sinnbild derer, die sich von den dummen bürgerlichen Pseudoregeln der Erwachsenen endlich frei gemacht haben. :)

Es liegt eine gewisse Problematik darin, seine eigenen Ansichten zu beurteilen. Eine überzeugende Lösung ist mir allerdings noch nicht begegnet.
Ich find' mich toll. Alles andere fände ich problematisch. ;)

Ich finde das implizite Postulat, Ästhetik sei absolut, problematisch.
Ich würde nie behaupten, die sartoriale Kleidungsästhetik sei auf ewig alternativlos. :)

Es hat sich nur bisher offensichtlich keine konzeptionell ähnlich komplexe Ästhetik als Alternative entwickelt. Bisher existiert nur der Gegenentwurf einer unspezifischen Anti-Ästhetik, geboren aus Armut (Arbeitskleidung als Alltagskleidung) und Protest (sartoriale Kleidung als Uniform der bürgerlichen Unterdrückung = jede andere Kleidung ist die Uniform der "Guten"). Dem liegt das Missverständnis zugrunde, dass sartoriale Kleidung vor allem einen vorhandenen oder vorgeblichen gehobenen sozialen Status des Trägers in die nonverbale Kommunikation mit einbringen soll.
 
Oben