"I don't need a tie for gravitas"

Nein, nicht Zustimmung. Gleichgültigkeit.

Du interpretierst augenscheinliche Gleichgültigkeit als Ablehnung, ich interpretiere sie als Gleichgültigkeit.

Tatsächlich nimmt nicht jeder Klamotten so wichtig wie der durchschnittliche Forist, ich behaupte: den meisten ist das schlicht egal. Aber erzähl mal im Mercedesforum dass es Leute gibt denen Autos egal sind, die irgendwas fahren und auch bei anderen schlicht nicht wahrnehmen was das für ein Auto ist.
Es geht hier gar nicht um Kleidung als solche, die ist den allermeisten Leuten wirklich egal. Die meisten Leute können sich nicht mal vorstellen, dass jemand Kleidung als Hobby betreibt (und würden das an sich schon merkwürdig finden :)).

Es geht hier um Image und vorgebliche Werte des Trägers, für die sartoriale Kleidung steht, und denen stehen auch Nicht-Kleidungsinteressierte durchaus nicht gleichgültig gegenüber. Und ich sag' mal, gerade Mercedes-Fahrer hatten es unter Autofahrern auch nicht immer leicht, aus ähnlichen Gründen, aber das glaubst Du sicher auch nicht. ;)
 
Naja, man sollte hier unterscheiden. Ich denke im typischen Geschäftsanzug kann man sicher durch die Gegend laufen und wird zu 90% Gleichgültigkeit erhalten.
Sobald das Ganze allerdings etwas extrovertierter wird, dann fällt es eben auf und zwar auch Leuten, denen es sonst egal ist was Andere tragen. Ein wilder Tweed, Windowpane oder prominente Streifen sind eben nicht alltäglich. Und mit solcher Kleidung wird dann mMn auch nicht die Assoziation "konservativer Spießer" geweckt sondern eher "eitler Gockel". Und die mag man in diesem Land sogar noch viel weniger. Da nun kaum einer in Gefahr geraten möchte dieser Gruppe zugeordnet zu werden, bedient man sich im besten Fall des "aktiven Desinteresses", im schlechtesten Fall dem "verbalen Angriff".
 
Ich seh' schon, Du bist zum Kern der Aussage vorgedrungen. Du hättest noch darauf hinweisen müssen, dass ich in diesem Fall nicht mal ganze Sätze bilden kann. :)


Man muss da unterscheiden zwischen Einstellung und aktiver Äußerung der Einstellung. Leute wie die Freundin meines Schwagers und der besagte Times-Autor geht das halt aus persönlicher Überzeugung und einer gewissen ausgeprägten Streitbarkeit so an, dass sie unbedingt ihr Missfallen offen ausdrücken müssen. Die meisten Leute teilen in unterschiedlicher, diffuser Graduierung diese Einstellung, es wäre ihnen aber nicht wichtig genug, den Träger darauf anzusprechen. Letzteres interpretierst Du offenbar als eine Form stillschweigender Zustimmung, das ist unser Unterschied. ;)

Es ist für mich eine absolute Ausnahme, dass mich jemand aktiv darauf anspricht, warum ich denn diesen konservativen Nonsens trage. :) Aber das bedeutet nicht, dass sie das nicht denken würden, es gibt ja auch noch so was wie nonverbale Kommunikation

Woher rührt denn deine Annahme das diejenigen die nichts gegen deine Kleidung sagen nichtsdestotrotz etwas dagegen haben? Ist das nicht eine sehr negative Grundeinstellung? Resultiert sie daraus das dich einige wenige kritisch auf deine Kleidung ansprechen?
 
Und mit solcher Kleidung wird dann mMn auch nicht die Assoziation "konservativer Spießer" geweckt sondern eher "eitler Gockel". Und die mag man in diesem Land sogar noch viel weniger. Da nun kaum einer in Gefahr geraten möchte dieser Gruppe zugeordnet zu werden, bedient man sich im besten Fall des "aktiven Desinteresses", im schlechtesten Fall dem "verbalen Angriff".

Nie werde ich den Sommertag vergessen, an dem ich in der Mittagspause von Jugendlichen offen für mein Outfit anmaßend bepöbelt und abends auf dem Heimweg von anderen Jugendlichen sehr positiv angesprochen wurde.

Corpus Delicti: Kombination mit hellem Sakko, weißem Hemd, EST, Suede Fullbrogues und - jetzt kommts nämlich ganz dicke - grüner Chino. Man bemerke die Abwesenheit der Krawatte.

Ich wurde auch schon in der U-Bahn als "Schlipsstinker" bepöbelt, obwohl ich gar keine Krawatte trug. Irgendwas mache ich richtig :D

Tatsächlich glaube ich, dass das EST als Solches für viele pseudo-Tolerante ein echtes Trigger-Moment darstellt. Dieser freiwillige Schritt hinaus über den "Krawattenzwang", dieses Bekenntnis zur mutwilligen Verzierung - das öffnet in den Köpfen offenbar die tollsten Türen. Fasziniert mich immer wieder.
 
Ich kann ähnliches für das EST bestätigen.
Ich hatte mal meinen Mantel mit EST an und stand mit einem gesichtstätowierten Freund vor einer Bar, weil er geraucht hat. Es kamen zwei Damen dazu, mit denen wir ins Gespräch kamen. Wir würden dann auch gemustert bis dann eine sagte: Dass da (EST) finde ich aber wesentlich bedenklicher als die tattoos!

Haha wohlgemerkt: Das war eine ganz normale Kneipe mit ganz normalen Mittvierzigerinnen.
 
Man muss sich nicht gemein machen.
Aber wer sich aus dem Fenster lehnt, darf sich nicht beschweren, wenn er gesehen wird.
Ich trage - was auch immer - weil es mir gefällt. Und egal, welches Outfit es ist: Es wird immer Menschen geben, die es mögen und denen es nicht gefällt. So what - man kann es nicht jedem recht machen.
 
Nie werde ich den Sommertag vergessen, an dem ich in der Mittagspause von Jugendlichen offen für mein Outfit anmaßend bepöbelt und abends auf dem Heimweg von anderen Jugendlichen sehr positiv angesprochen wurde.

Corpus Delicti: Kombination mit hellem Sakko, weißem Hemd, EST, Suede Fullbrogues und - jetzt kommts nämlich ganz dicke - grüner Chino. Man bemerke die Abwesenheit der Krawatte.

Was willst Du? OHUD ist nunmal kontrovers. :D

Ich kann ähnliches für das EST bestätigen.
Ich hatte mal meinen Mantel mit EST an und stand mit einem gesichtstätowierten Freund vor einer Bar, weil er geraucht hat. Es kamen zwei Damen dazu, mit denen wir ins Gespräch kamen. Wir würden dann auch gemustert bis dann eine sagte: Dass da (EST) finde ich aber wesentlich bedenklicher als die tattoos!

Bei Mantel mit EST ist das doch auch nachvollziehbar, oder? *duck*

Nochmal zum Bluesman seinem Daimler: Nein, mich nerven Autofahrer die mir lichthupend in den Kofferraum kriechen. Wenn das immer wieder ein Mercedes ist werde ich irgendwann verallgemeinern (also nicht ich, denn ich erkenne keine Automarken im Rückspiegel). Dann habe aber nicht ich mit dem Vorurteil angefangen, quasi.
Und nun kommt $JOG. Und wenn jemandem einer Handvoll dieser Sorte begegnet musst Du Dich nicht wundern wenn derjenige die von Dir angenommenen Vorurteile gegen Anzugträger hat. Warum? Weil sie seiner Erfahrung entsprechen.

Ansonsten bestreite ich nach wie vor dass da so eine durchgängig einheitliche Konnotation herrscht. Von der Kleidung auf den Beruf(sfeld) zu schließen, meinetwegen auch auf politische Einstellungen, sicher. Aber Charakter? Von Extremfällen abgesehen doch eher moderat. Oder sind wir als Gesellschaft wirklich noch nicht weiter?
 
Und Du hast diesen netten Leuten nicht angeboten, ihre Vorurteile mittels Gewaltanwendung deinerseits abbauen zu helfen? Wie schade.

Sagen wir mal so, Erstere mussten erstaunt feststellen, dass ich trotz des fröhlichen Outfits auf einmal nicht nur größer und breiter, sondern auch deutlich lauter war als sie. Bei Letzterem, einem angetrunkenen Typen, reichte tatsächlich ein fester, fragender Blick. Ich biete grundsätzlich niemandem Gewalt an. Du weißt bei Fremden nie, ob sie das nicht noch anstachelt, bzw. gibt es zu viele, die aktiv auf Stress aus sind - und dann befindest Du Dich auf einer unschönen Einbahnstraße, die allen den Tag versaut. Eine passende deeskalierende Maßnahme findet sich leichter.
 
Woher rührt denn deine Annahme das diejenigen die nichts gegen deine Kleidung sagen nichtsdestotrotz etwas dagegen haben? Ist das nicht eine sehr negative Grundeinstellung? Resultiert sie daraus das dich einige wenige kritisch auf deine Kleidung ansprechen?
Etwas naive Frage. Ich nehme einfach die nonverbale Kommunikation meiner Mitmenschen wahr. Tatsächlich bin ich ein echter Sonnenschein, negative Vibrations sind mir völlig fremd. :) Aber ich lebe auch nicht nur auf dem Planeten Stilmagazin.

Artikel wie der zitierte spiegeln eine längst etablierte Mehrheitsmeinung wider, die im Unterbewusstsein der Menschen auf der Straße fest verankert ist. Und das ist ja keine überraschende Neuigkeit, das ist schon seit 40 Jahren so. :)

Was bedeutet das für uns? Überhaupt nichts, was soll uns das kümmern? :) Aber man muss auch nicht so tun, als gäbe es diese unterschwellige Grundstimmung nicht, dass sich der moderne, klassenlose Mensch äußerlich nicht mit den Insignien einer fremden alten Oberschicht (so sehen es zumindest die Leute, denen der ästhetische Kleidungsaspekt nichts sagt) über seine Mitmenschen erheben darf. Das klänge mir dann doch zu sehr nach Pfeifen im dunklen Wald. ;)
 
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