Man wird quasi doppelt bestraft, wenn man sich nicht vorher zumindest informiert. Ich hasse es auch, mit einem Internetausdruck zum Händler zu gehen und zu sagen: In Wladiwostok gibt es einen Webstore, da ist das aber 30 Euro billiger.
Das kommt auf den Händler an. Ich persönlich liebe es bei Media Markt (immerhin auch Mitglied des "Geiz ist geil"-Konzerns) mit Internet-Ausdrucken anzurücken um mal zu diskutieren, wie geil mein Geiz ist. Da geht dann auch so manches. Wenn man so wirbt, muss man das aushalten. Lustigerweise ist manches beim weniger agressiv werbenden Elektrohändler um die Ecke eh billiger, klar der muss auch nichts sein gigantisches Marketingbudget finanzieren.
Für Deutschland habe ich das Gefühl, dass wir immer noch von der Kultur der Kriegs- und Nachkriegszeit geprägt sind. 1934 wurden Rabattgesetz und Zugabevoerordung als Instrument der NS-Mittelstandspolitik eingeführt, ein Verbot für Preisabsprachen war schon in der Weimarer Zeit umstritten und bei den mehrheitlich planwirtschaftlichen Vorstellungen der Nazis natürlich unvorstellbar. Deutschland hat es gegen die Ablehnung der Westallierten sogar nach dem Krieg nach dem Motto "Das haben wir immer schon so gemacht" geschafft, vertikale Preisbindung erlaubt zu lassen und es hat bis 1974 gedauert, bis sie verboten wurde. Damit dürfte Deutschland wahrscheinlich eine der letzten Industrienationen überhaupt sein, die sowas getan hat (wie einiges deutsche Kartellrecht überhaupt erst dank der EG bzw. EU eingeführt wurde). Rabattgesetz und Zugabeverordnung wurden erst 2001 abgeschafft.
Damit sind Generationen von Deutschen damit aufgewachsen, dass es - entgegen jeder volkswirtschaftlichen Vernunft - völlig normal ist, die marktwirtschaftliche Preisbildung massiv zu beschränken und es illegal bis unanständig ist, Preisaufrufe von Herstellern und Händlern zu hinterfragen - ich übrigens auch. "Das kostet was es kostet, ist eben so." ist das Motto das uns geprägt hat. Bei mir hat erst in Studienzeiten die rechts- und wirtschaftspolitische Debatte um Rabattgesetz und Zugabeverordung das Bewußtsein geschaffen, dass diese Einstellung Quatsch ist.
Die Einstellung "Der Hersteller/Händler nennt schon einen angemessenen Preis" ist einfach falsch. Und aus dem Umstand, dass dem "Gentleman" des 18./19. Jahrhunderts eh egal war, was irgendwelches Zeug kostet, weil er sowieso reich genug ist, alles zu bezahlen zu folgern, dass das das Stilvorbild sein muss, ist auch daneben.
Das bringt uns übrigens direkt zum Thema zurück: In einer Welt von vor 200 Jahren, wo ein Adliger/Akademiker ein Vielfaches eines einfachen Arbeiters verdiente (sei es mit Arbeit oder aus Zinsen/Pachteinnahemn etc.) und es in Anbetracht dieser Spreizung für den "Gentleman" unangemessen gewesen sein mag, mit Unterprivilegierten über den Preis von etwas zu feilschen, leben wir heute in einer Welt, wo diese Relationen sich deutlich in Richtung Mitte verschoben haben und es auch nicht mehr als selbstverständlich stilvoll gelten kann, Preise nicht zu hinterfragen - wobei umgekehrt auch nichts dagegen spricht, erstmal zu überlegen, was man von dem aufgerufenen Preis hält und ihn dann diskussionslos zu bezahlen. Im Falle eines Neuwagens wird man zu diesem Ergebnis beim Listenpreis allerdings kaum kommen.