Guter Stil = teuer

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Steves Haltung verdient Respekt, schließlich ist es auch eine Form von gelebtem Luxus, sich nicht für die Preise zu interessieren.

Die Fähigkeit und den Willen eines Menschens unreflektiert Geld rauszuhauen, kann man zur Kenntnis nehmen. Was daran besonders respektabel sein soll, erschließt sich mir nicht.
 
Man muss nicht wie Orientalen bei jedem Geschäft schachern wollen. Aber mit dem Listenpreis für Uhren, Autos oder aktuellen Kollektionen von Kleidung wirst Du im Handel systematisch verarscht.

Warum wird man systematisch verarscht? Es ist dem anderen zuzubilligen, dass er Geld verdienen möchte, willst Du wahrscheinlich auch. Das gilt für die Einzelhandelskette genauso wie für den italienischen Maßschneider. Der eine zahlt mal weniger, der andere mehr, so ist das in Marktwirtschaft, da muss es dann eine Mischkalkulation geben. Schenken tut einem keiner etwas.
 
Man wird quasi doppelt bestraft, wenn man sich nicht vorher zumindest informiert. Ich hasse es auch, mit einem Internetausdruck zum Händler zu gehen und zu sagen: In Wladiwostok gibt es einen Webstore, da ist das aber 30 Euro billiger.
Das kommt auf den Händler an. Ich persönlich liebe es bei Media Markt (immerhin auch Mitglied des "Geiz ist geil"-Konzerns) mit Internet-Ausdrucken anzurücken um mal zu diskutieren, wie geil mein Geiz ist. Da geht dann auch so manches. Wenn man so wirbt, muss man das aushalten. Lustigerweise ist manches beim weniger agressiv werbenden Elektrohändler um die Ecke eh billiger, klar der muss auch nichts sein gigantisches Marketingbudget finanzieren.

Für Deutschland habe ich das Gefühl, dass wir immer noch von der Kultur der Kriegs- und Nachkriegszeit geprägt sind. 1934 wurden Rabattgesetz und Zugabevoerordung als Instrument der NS-Mittelstandspolitik eingeführt, ein Verbot für Preisabsprachen war schon in der Weimarer Zeit umstritten und bei den mehrheitlich planwirtschaftlichen Vorstellungen der Nazis natürlich unvorstellbar. Deutschland hat es gegen die Ablehnung der Westallierten sogar nach dem Krieg nach dem Motto "Das haben wir immer schon so gemacht" geschafft, vertikale Preisbindung erlaubt zu lassen und es hat bis 1974 gedauert, bis sie verboten wurde. Damit dürfte Deutschland wahrscheinlich eine der letzten Industrienationen überhaupt sein, die sowas getan hat (wie einiges deutsche Kartellrecht überhaupt erst dank der EG bzw. EU eingeführt wurde). Rabattgesetz und Zugabeverordnung wurden erst 2001 abgeschafft.

Damit sind Generationen von Deutschen damit aufgewachsen, dass es - entgegen jeder volkswirtschaftlichen Vernunft - völlig normal ist, die marktwirtschaftliche Preisbildung massiv zu beschränken und es illegal bis unanständig ist, Preisaufrufe von Herstellern und Händlern zu hinterfragen - ich übrigens auch. "Das kostet was es kostet, ist eben so." ist das Motto das uns geprägt hat. Bei mir hat erst in Studienzeiten die rechts- und wirtschaftspolitische Debatte um Rabattgesetz und Zugabeverordung das Bewußtsein geschaffen, dass diese Einstellung Quatsch ist.

Die Einstellung "Der Hersteller/Händler nennt schon einen angemessenen Preis" ist einfach falsch. Und aus dem Umstand, dass dem "Gentleman" des 18./19. Jahrhunderts eh egal war, was irgendwelches Zeug kostet, weil er sowieso reich genug ist, alles zu bezahlen zu folgern, dass das das Stilvorbild sein muss, ist auch daneben.

Das bringt uns übrigens direkt zum Thema zurück: In einer Welt von vor 200 Jahren, wo ein Adliger/Akademiker ein Vielfaches eines einfachen Arbeiters verdiente (sei es mit Arbeit oder aus Zinsen/Pachteinnahemn etc.) und es in Anbetracht dieser Spreizung für den "Gentleman" unangemessen gewesen sein mag, mit Unterprivilegierten über den Preis von etwas zu feilschen, leben wir heute in einer Welt, wo diese Relationen sich deutlich in Richtung Mitte verschoben haben und es auch nicht mehr als selbstverständlich stilvoll gelten kann, Preise nicht zu hinterfragen - wobei umgekehrt auch nichts dagegen spricht, erstmal zu überlegen, was man von dem aufgerufenen Preis hält und ihn dann diskussionslos zu bezahlen. Im Falle eines Neuwagens wird man zu diesem Ergebnis beim Listenpreis allerdings kaum kommen.
 
Ich kann den Gedanken nicht um jeden Preis ewig rumzuverhandeln schon verstehen.
Nicht überall jeden erstgenannten/-gesehenen Preis zu zahlen ebenso.

Aber, um mal beim Media-Markt-Beispiel zu bleiben, heute ist es doch so viel einfacher Preise zu vergleichen. Dann such ich mein Produkt bei idealo und bestell es einfach beim günstigsten Shop, statt dann mit einem Ausdruck zu Media Markt zu rennen und da mit einem der armen Mitarbeiter zu diskutieren.
Frage mich wie man darauf auch noch "stolz" sein kann.
 
Nochmal: Listenpreis BMW 90.000,00 €.
Gestehungskosten Hersteller: 28.000,00 €, dazu noch 10.000,00 € für Marketing, Vertrieb usw.. Dann muss sicherlich noch etwas auf die Seite gelegt werden für Engineering, Entwicklung, Steuern, Dividenden usw.

Selbst dann sind wir bei einem Preis, der selbst mit 20% Rabatt kein Minusgeschäft wäre. Allerdings, und das ist das perfide, gehen die meisten Rabatte zu Lasten des Händlers. BMW, wie jeder andere Hersteller, hat mit den Karren nichts mehr zu tun, sobald sie beim Händler vom LKW rollen. Selbst Transportschäden, Entfernung der Folien und Fehllieferungen gehen zu Lasten des Händlers.
Ist es ein großer Händler, kann gut verhandeln oder hat einen lukrativen Standort, gibt es Rückvergütungen, Prämien usw., der weint sich auch nicht abendlich in den Schlaf.

Also, wenn ich irgendwo handele, dann beim Autokauf.

Klar und im Himmel ist Jahrmarkt :D

Ich liebe die Menschen die denken das Betriebe eine Marge von 10-20 % haben.Ich habe auch Kunden die mir das immer erzählen wollen. Sie verdienen doch an so einem Bauvorhaben 20 %. Halloooo ??? Setzt das Komma mal ne Stelle nach vorne. Wenn ich Glück habe und alles läuft optimal habe ich 2,5 % oder auch mal nix.
Nur mal so als kleines Beispiel :
Umsatz 2013 1.000.000,00 Euro. Gewinn Nach Steuern : 4900,00 Euro
Noch Fragen ?

Klar bin ich nicht vergleichbar mit BMW oder anderen großen Betrieben, aber keiner soll glauben das bei einem 90.000 Euro mehr als 5 % raus fallen als Marge.
 
Solange man, mittels vollständiger Aufgabe seiner Selbstachtung, versucht den nun wirklich günstigsten Preis für eine Ware zu erhalten (Ich meine die absolute Geiz-ist-Geil Mentalität und nicht das Einkaufen des ein oder anderen Schnäppchens), ist es völlig egal was, wieviel, von welcher Firma und von welcher Qualität man einkauft.

Einen guten Stil wird man mit so eingekauften Waren nicht ausstrahlen. Nicht wegen der Waren, diese könnten an einem anderen Träger mit einer anderen Selbstachtung, wirklich sehr stilvoll wirken.

An selbigem Träger würde aber auch wahrscheinlich der Anzug vom C&A mit einem Aldi Royal Hemd auf den ersten Blick etwas stilvolles ausstrahlen.
 
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