Falls Sie mal in Wien sind...

Linetti

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Hier möchte ich ein paar gute Adressen für Wien zusammentragen, falls Sie mal dort sind, wissen Sie dann was sehenswert ist:
Also

Venturini

Am wichtigsten finde ich das die Hemdenmanufaktur Venturini in der Spiegelgasse 9 (geht beim H & M :mad: vom Graben weg). Dort treffen sie auf eine reichhaltige Auswahl von Schweizer Stoffen und (auch mal etwas abgefahrene) Konfektionshemden mit sämtlichen Zubehör und dem meiner Meinung nach besten Service, den man sich wünschen kann, besonders von Herrn Venturini persönlich. (Preisklassen: 165 - 170 - 181 Euro, maschinell gestickte Monogramme 3,5 pro Buchstabe oder handgestickt 7 Euro pro Letter (Block- sowie Schreibschrift))

Knize

Dann kommt, welch ein Wunder, Knize am Graben. Sollten Sie das Bedürfnis nach ziemlich teuren Pullovern (so um die 500 Euro) oder seidenbespannten Briggschirmen (ab 500 Euro) oder gar nach sämtlichen Toilettartikeln haben, gehen sie ins "Haupthaus" oder Sie gehen (wenn Sie vor dem Geschäft stehen) rechts in die erste Gasse links, dort finden Sie dann das Konfektions-Atelier mit Pullovern für 90 Euro und Briggschirme mit Metallgestänge für 115 Euro in allen Farben und Karos.

Jungmann und Neffe

Dann, das dritte Geschäft im Bunde, gibt es da noch Jungmann und Neffe hinter der Oper, links vom Café Sacher. Dort finden Sie alles was Sie an Stoffen begehren, Krawatten, Pochettli, Schalkrawatten, Lorenzo Villoresi Parfums, Manschettenknöpfe, Schirme, Stecktücher sowie Schneider die Ihnen den im Haus erstandenen Stoff zuschneidern. (Blazer etwa 700 Euro, Hose ab 300 Euro und Anzug ab 1000 Euro, Vollmaß).

Macho Style Salisbury

Und das passende Schuhwerk (eigens bei Trickers produziert für dieses Geschäft) bzw. Tweedjacketts und vereinzelt auch -hosen würden sie in der Seilerstätte 18 antreffen (Schuhe so um die 500 Euro, par example ein Seersucker Jackett gesehen für 399 Euro)
 

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Zuletzt bearbeitet:
Toller Thread, vielen Dank! Ich liebe Wien sehr und kann's nicht abwarten, endlich mal wieder dorthin zu kommen.
 
Venturini konnte mich persönlich nicht überzeugen. Ich habe mal zwei Hemden dort machen lassen, Ärmel zu kurz, das Hemd insgesamt zu kurz, keine besonders erwähnenswerte Verarbeitung.

Jungmann und Neffe ist natürlich ein Erlebnis, allerdings lässt man sich Ambiente und Lage auch ganz gut bezahlen.

Für englische Düfte, Rasierseife etc.von D.R. Harris, Trumper's u.ä. wäre in Wien http://www.esbjerg.com/ vielleicht noch erwähnenswert.

Und ein Besuch bei den vielen Massschuhmachern Scheer, Balint, Materna etc. ist natürlich Pflicht.

Was Scheiderei angeht gibt es natürlich Knize, ich würde aber eher http://www.netousek.at/ oder http://www.jkastner.eu/ einen Besuch abstatten.

lg Algy
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Johanna Kastner habe ich hauptsächlich wegen der interessanten Vita auf dem Radar: Mich interessiert brennend, wie Sie selbst, nach Ausbildung in allen nennenswerten Zuschneiderichtungen der Welt, einen klassischen Schneideranzug interpretiert. Mehr dazu eventuell ab August (natürlich wird an dieser Stelle noch nichts verraten)...
 
Der Zauber dieser Stadt ist ungebrochen. Wer – als ansonsten selbstverständlicher Stadtbenutzer – Gäste aus dem Ausland durch die City führt, sieht die Straßen, die Häuser und Paläste nicht nur mit eigenen, nur zu oft durch Gewöhnung getrübten Augen an. Die Reaktionen der Besucher können einen nicht kalt lassen. Ungläubiges Staunen erlebt man da – über die Schönheit, über die Ordnung und wohl auch über das Museale. Und nicht selten spürt man die zuweilen fast schon erschreckende magische Anziehungskraft, die Wien vor allem und gerade auf die hierorts eher ungeliebten ärmeren Nachbarn ausübt, ja selbst auf jene, deren Vorfahren hier einst nicht nur schlecht behandelt, sondern gewaltsam vertrieben worden sind.
Rational erklären kann man die Sache wohl nicht. Denn wie bei einem lebendigen Organismus, den man kaum zweimal als den gleichen antrifft – sind doch in kürzester Zeit viele seiner Zellen abgestorben oder haben sich neu gebildet –, so tritt auch in einer Stadt dem Besucher stets etwas gänzlich anderes gegenüber. Die geographische Lage, der allgemeine Grundriss, manche Gebäude – sie mögen überdauern; doch im Rahmen
dieser Koordinaten füllt sich das Leben ständig neu – und das selbst in einem Gasten Milieu, das so konservativ-hochmütig, zäh-starrsinnig und modernisierungsfeindlich scheint wie Wien.
Und tatsächlich hat es ja auch hier so manche dramatische Umbrüche gegeben, die den Bewohnern oft genug gehörige Angst eingejagt haben. Nicht nur die jahrhundertelange Bedrohung durch die Türken, die zweimal beinahe zum Untergang der Stadt geführt hätte, ist damit gemeint – nein, auch Schaufel und Spitzhacke sollten immer wieder den Wienerinnen und Wienern ihre geliebte Ruhe rauben. Mehrmals ist die Stadt eine einzige
Großbaustelle gewesen: nach dem zweiten Sieg über die Osmanen, als die barocken Kirchen und Palais emporwuchsen, und dann beim endgültigen Abriss der Befestigungen und dem Bau der Ringstraße. Man verdiente zwar an diesen Großprojekten mit, aber insgesamt blieben die Wiener fortschrittsskeptisch. Das nostalgische Publikum raufte sich um Bodenbretter des abgerissenen alten Hoftheaters, um sie als Souvenir mit nach Hause zu nehmen, und Karl Kraus kommentierte den Abbruch des Künstlercafés
Griensteidl mit der Befürchtung, Wien werde "jetzt zur Großstadt demoliert".
Die gesellschaftlichen Umwälzungen hinter all der baulichen Umgestaltung waren freilich noch einschneidender. Wien hatte sich lange gegen die aus dem Westen herandrängende Industrialisierung gewehrt, doch schließlich war sie dann doch mit aller Kraft über die Stadt hereingebrochen. Ungezählte Unternehmensgründungen, der Aufstieg eines immer selbstbewussteren – christlichen und jüdischen – Bürgertums, gewaltige Kapitalakkumulationen in den Banken und an der Börse, die Zuwanderung von Hunderttausenden aus allen Teilen der Monarchie – das ließ Wien im 19. Jahrhundert förmlich explodieren, in einer Mischung gewissermaßen aus zugleich roher ökonomischer Kraft und feinem künstlerischen Talent. In der Rückschau, wo man naturgemäß eine andere und oft auch weitere Perspektive hat, erscheint diese Gründerzeit und die blühende Kultur des Fin-de-Sciècle als kurze Episode. Nur zu bald zerrissen die zentrifugalen Kräfte das Habsburgerreich – hatte doch die Politik keine Mittel gegen die Nationalismen aller Seiten gefunden. Was folgte, war eine furchtbare Spirale nach unten: Hyperinflation und Verarmung des österreichischen Kleinstaates, Rassenwahn, Nationalsozialismus und Krieg, schließlich eine triste Wiederaufbauzeit, die nur allmählich in das viel besungene Wirtschaftswunder und zuletzt in die europäische Integration führte.

Ein Besucher Wiens, der in diese Stadt heute nach, sagen wir, fünfundzwanzig Jahren Abwesenheit wieder zurückkehrt, wird vieles kaum wiedererkennen. Nicht, dass brutal mehrspurige Autobahnen durch die City geschlagen worden wären, wie das etwa die Prager Kommunalpolitiker seinerzeit widerstandslos durchsetzen konnten. Nein, im Gegenteil, Wohlstand und sanfter gesetzlicher Druck hat die Hausherren dazu bewogen, die oftmals deprimierenden, dunkelgrauen Gründerzeitfassaden wieder auf Glanz zu bringen. Aber der dramatische Umbruch im Handel hat zugleich sämtliche Geschäftsleute überrollt – und damit das Bild der Innenstadt wohl ebenso unwiderruflich verändert wie schon seit vielen Jahrzehnten nicht.
Wer heute über den Kohlmarkt spaziert, sieht, einer Perlenkette gleich, ein
internationales Luxusgeschäft an das andere gereiht: Cartier, Chanel, Gucci, Louis Vuitton, Valentino. Um die Ecke, am Graben, fügen sich Mont Blanc und Hermes an, nicht weit davon schließen Prada, Emenegildo Zegna, Missoni, Gianfranco Ferré und Guerlain auf. Das mag nicht ungewöhnlich sein in einer wohlhabenden europäischen Millionenstadt mit beträchtlicher Wertschöpfung. Aber es unterscheidet Wien nicht wesentlich von Düsseldorf, Turin und Genf, ja man könnte sagen, dass man einen Großteil dieser Waren ebenso auf den Flughafenboutiquen Arabiens und Südostasiens erhält.

Dabei war in Wien einst eine hoch entwickelte Luxusindustrie angesiedelt und verfügte über handwerkliche Spezialisten für Leder, Gold und Samt – Hof, Kirche und Bürgertum eines riesigen Reiches waren schließlich gute Kunden. Die Seidenindustrie des frühen 19. Jahrhunderts etwa beschäftigte mehr als 20 Prozent der Wiener Arbeiter, und die Hoflieferanten der Kaiserstadt arbeiteten auch für die Oberschichten anderer Regionen des Reiches: Kaschmirschals, Lederhandschuhe, Hüte, Stoffe und Taschen wurden weit exportiert – in die Levante und nach Nordeuropa, in die beiden Amerikas und nach Australien.

Der Untergang der Donaumonarchie hat den ersten großen Einbruch für alle diese Branchen gebracht. Nicht nur dass der Hof verschwunden war, auch große Teile des Adels und des Bürgertums sahen sich sozial abgerutscht und fielen als Kunden aus. Zollschranken hatten den einst riesigen Binnenmarkt fragmentiert, Wiens Rolle als administratives und ökonomisches Zentrum war dahin. Die Wirtschaftskrise der 30er-Jahre forderte bald zusätzlich ihren Tribut, die Insolvenzen in den Luxusbranchen erfolgten Schlag auf Schlag. Und dann vertrieben und ermordeten die Nationalsozialisten die Wiener Juden, die auf beiden Seiten des Luxustresens eine entscheidende Rolle gespielt hatten: als wohlhabende Industrielle, Ärzte und Wissenschaftler auf der Nachfrageseite, als Schneider und Konfektionäre, als Schuhmacher und Taschner, als Designer und Moderedakteure auf jener der Anbieter. Der Vernichtungsschlag der völkischen Herrenmenschen war in diesen Branchen ebenso nachhaltig wie in der Wissenschaft oder in der Kunst. Doch in engen Nischen haben die hoch qualifizierten Handwerker überlebt, einige
wenige Vertriebene sind nach dem Krieg zurückgekehrt, Zuwanderer und Flüchtlinge vor den kommunistischen Regimes in Osteuropa haben manche Lücke gefüllt. Zwar hatten die Konfektion und die industrielle Fertigung mittlerweile einen umfassenden Sieg davongetragen, aber eine kleine, wiewohl ökonomisch weitgehend bedeutungslose bürgerliche Oberschicht hielt an den alten Traditionen des Handgemachten fest und ermöglichte es den wenigen Spitzenbetrieben in ihren Werkstätten zu überwintern – bis
die nächsten wohlhabenden Kunden nachgewachsen waren.

"Die Art, wie der Maßanzug sitzt, lässt auf eine, wie man so sagt, starke Individualität schließen", so erinnert sich die Schriftstellerin Dorothea Zeemann an ihr erstes Treffen mit ihrem Kollegen und späteren Gefährten Heimito von Doderer als einem typischen Vertreter jenes traditionsbewussten Bürgertums. "Ich bin offenen Auges bei vollem Bewusstsein in den falschen verliebt: In zwei Hände, breite Schultern, Füße, die in uralten, aber sündteuren ungarischen Maßschuhen stecken (…) Ich sehe nur die Schuhe, handgearbeitet von Nagy." Das Unternehmen von Nagy hat unter dem Namen Materna bis heute überlebt. Der Herrenausstatter Knize am Graben, dessen Vorfahren einst für den Kaiser gearbeitet hatten, kleidet auch dieser Tage Manager aus Deutschland und Italien ein. Bei Wilhelm Jungmann & Neffe, wo früher die Damen des Hofes ihre Ballkleider und Frau Anna Sacher ihre Nachmittagstoilette gekauft haben, lassen sich jetzt Wiener Anwaltkonzipienten von einem angereisten slowakischen Schneider ihr erstes – relativ günstiges – Maßsakko fertigen.

Aus Luxus aus Wien - Handgemachtes von heute aus der einstigen Kaiserstadt von Reinhard Engel Czernin Verlag; Auflage: 5 (2001)

lg Algy
 
Sehr schöner Thread! Vill. könnte man dies ausweiten und für mehr Städte tun, z.b. Dubai, Stockholm, New York, Dublin, Amsterdam etc ;)
 
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