Thoma
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Der Mann als Bubi: Das Sakko
Die Juvenilisierung, die sich anschickt,
auch die letzten Bereiche männlicher Dominanz zu erobern,
hat in ihrem Feldzug das Herren-Sakko entdeckt,
jene Bastion des Altehrwürdigen, von der man dachte:
Hier beißen sich die Modernisierer die Zähne aus.
Falsch, ganz falsch.
Der Markt kennt keine Gesetze, die ihm heilig wären.
Prinzipiell, vollumfänglich und nach Absprache stürzt man sich auf alles, was Kohle bringt.
Jetzt - slim fit - da man gestandene Männer in Konfirmanden-Anzüge zwängt (Methode Presswurst), wird der Konsumdruck deutlich, dem sich die Hersteller unterwerfen und womit der Kunde geknechtet wird:
Ein identitätsloses, massenkonformes Warenangebot, dem man den Erzeuger nur noch am Etikett ablesen kann.
Alles Juki. Der Rest Singer. Logo drauf. Fertig.
Gehe ich zu einem von Europas größten Herrenausstattern, sage: ‚Ich hätte gerne einen dunkelblauen Kordanzug.‘
Wortwörtlich: ‚Kord gar nicht dieses Jahr.‘
Eine Woche später probiere ich es erneut: ‚Ich hätte gerne ein Drei-Knopf-Sakko.‘
‚Leider nein. Nur Zwei-Knopf.‘
‚Eigentlich möchte ich ja Vier-Knopf. Hab‘ mich aber nicht getraut zu fragen.’
‚Wir würden Drei-Knopf gerne ordern; aber die Hersteller liefern nicht.‘
‚Woher bekomme ich dann meine drei Knöpfe?‘
‚Vielleicht oben im 4. Stock, bei den Sondergrößen.‘
‚Da gehen doch nur die Dicken hin.‘
‚Jetzt auch die Normalgrößen. Die kaufen Über und lassen ändern auf klassisch. Vor allem wegen der Länge.‘
Ich probiere ein Sakköchen an. Zentraler Faltenwurf rund um den Bauchnabel. Fühle mich wie Josephine Baker im Bananenröckchen.
‚Ist das wirklich meine Größe?‘
‚Das ist der Schnitt der Saison.‘
‚Ähm, und wer trägt so was?‘
‚Alle. Sie bekommen nichts anderes.‘
‚Ah, verstehe. Die Sondergrößen. Warum aber bietet man dann nicht gleich klassisch an?‘
‚Für Übergrößen können wir mehr verlangen. Und am Ändern verdienen wir auch noch mal. Doppelter Zuschlag sagt das Marketing intern und extern: Optimierte Individualisierung. Jeder Kunde ist König.‘
‚Gut‘, sage ich, ‚wie ist das jetzt mit den drei Knöpfen?‘
‚Wir haben auch eine Maßabteilung im fünften Stock. Unsere Schneider freuen sich über Ihren Besuch.‘
Die Zukunft:
Wenn der Markt durchsättigt ist mit Bubi-Größen, die Wachstumsraten unter den Schwellenwert sinken, ändert der Tanker die Richtung.
Die Prognose: Der Gehrock.
Je desolater die feinen Damen und Herren diese Welt zugrunde richten, in desto stilvollerem Habitus und noch edlerem Tuch. Gerne auch im Hosenanzug und in blassrosa.
Die Juvenilisierung, die sich anschickt,
auch die letzten Bereiche männlicher Dominanz zu erobern,
hat in ihrem Feldzug das Herren-Sakko entdeckt,
jene Bastion des Altehrwürdigen, von der man dachte:
Hier beißen sich die Modernisierer die Zähne aus.
Falsch, ganz falsch.
Der Markt kennt keine Gesetze, die ihm heilig wären.
Prinzipiell, vollumfänglich und nach Absprache stürzt man sich auf alles, was Kohle bringt.
Jetzt - slim fit - da man gestandene Männer in Konfirmanden-Anzüge zwängt (Methode Presswurst), wird der Konsumdruck deutlich, dem sich die Hersteller unterwerfen und womit der Kunde geknechtet wird:
Ein identitätsloses, massenkonformes Warenangebot, dem man den Erzeuger nur noch am Etikett ablesen kann.
Alles Juki. Der Rest Singer. Logo drauf. Fertig.
Gehe ich zu einem von Europas größten Herrenausstattern, sage: ‚Ich hätte gerne einen dunkelblauen Kordanzug.‘
Wortwörtlich: ‚Kord gar nicht dieses Jahr.‘
Eine Woche später probiere ich es erneut: ‚Ich hätte gerne ein Drei-Knopf-Sakko.‘
‚Leider nein. Nur Zwei-Knopf.‘
‚Eigentlich möchte ich ja Vier-Knopf. Hab‘ mich aber nicht getraut zu fragen.’
‚Wir würden Drei-Knopf gerne ordern; aber die Hersteller liefern nicht.‘
‚Woher bekomme ich dann meine drei Knöpfe?‘
‚Vielleicht oben im 4. Stock, bei den Sondergrößen.‘
‚Da gehen doch nur die Dicken hin.‘
‚Jetzt auch die Normalgrößen. Die kaufen Über und lassen ändern auf klassisch. Vor allem wegen der Länge.‘
Ich probiere ein Sakköchen an. Zentraler Faltenwurf rund um den Bauchnabel. Fühle mich wie Josephine Baker im Bananenröckchen.
‚Ist das wirklich meine Größe?‘
‚Das ist der Schnitt der Saison.‘
‚Ähm, und wer trägt so was?‘
‚Alle. Sie bekommen nichts anderes.‘
‚Ah, verstehe. Die Sondergrößen. Warum aber bietet man dann nicht gleich klassisch an?‘
‚Für Übergrößen können wir mehr verlangen. Und am Ändern verdienen wir auch noch mal. Doppelter Zuschlag sagt das Marketing intern und extern: Optimierte Individualisierung. Jeder Kunde ist König.‘
‚Gut‘, sage ich, ‚wie ist das jetzt mit den drei Knöpfen?‘
‚Wir haben auch eine Maßabteilung im fünften Stock. Unsere Schneider freuen sich über Ihren Besuch.‘
Die Zukunft:
Wenn der Markt durchsättigt ist mit Bubi-Größen, die Wachstumsraten unter den Schwellenwert sinken, ändert der Tanker die Richtung.
Die Prognose: Der Gehrock.
Je desolater die feinen Damen und Herren diese Welt zugrunde richten, in desto stilvollerem Habitus und noch edlerem Tuch. Gerne auch im Hosenanzug und in blassrosa.