Den Betrag von pl1970 möchte ich gerne nutzen, hier anzuregen ein paar Dinge zu diskutieren, die mir aufgefallen sind. Ich bin ja noch neu hier.
Eines der wesentlichen Anliegen dieses Forums ist ja, andere zu motivieren, sich für geschmackvollere Kleidung mit höherem Formalitätsgrad zu entscheiden.
Viele Mitglieder hier sind dabei sehr hilfsbereit, und ich lese und stöbere mit großem Interesse. Ich bin mir aber nicht sicher, daß es immer zielführend ist. Zur Diskussion stellen möchte ich die hiesigen Ansprüche an
1. den Formalitätsgrad,
2. die Materialgüte, außerdem, daß
3. Präferenzen zu Dogmen stilisiert werden.
Den Formalitätsgrad betreffend finde ich es hinreichend, diesen sozialadäquat zu wählen. Damit meine ich dem beruflichen und privaten Umfeld angepaßt. Beispiel: Bei uns im Hause arbeiten ca. 200 Leute, vielleicht 2/3 davon Männer. Der einzige, der bei uns Krawatte trägt, ist der Pförtner vom Sicherheitsdienst. Ich selbst trage offenes Hemd und Sakko, halte das für unsere Branche auch für angemessen. Allerdings trägt kein anderer Sakko (außer einem der Chefs, aber der auch erkennbar leidenschaftslos). Ich werde regelmäßig gefragt, warum ich mich so schick kleide. Trüge ich Anzug und Krawatte, würden meine Kollegen sagen: Jetzt dreht er ganz durch...
Ich finde, ich muß mich damit nicht zum Außenseiter machen. Etwas über dem Durchschnitt reicht doch auch, und wird akzeptiert.
Manchmal wird hier aber sogar Studenten zum Anzug geraten. Das wundert mich. Bitte bedenkt bei Euren wohlmeinenden Ratschlägen auch, daß überdurchschnittlich förmliche Kleidung von anderen häufig als Distinktionsmerkmal empfunden wird. Das schafft Distanz und kann Auslöser von Konflikten sein.
Zur Materialgüte: Ich gönne hier jedem seinen Brioni-Anzug. Das kann und das will aber nicht jeder. Ich persönlich finde nichts dabei, einen Anzug bei C&A oder Schuhe von Lloyd zu tragen. Damit kann man so ziemlich jedem geforderten Formalitätsgrad gerecht werden. Auch ein weißes Oberhemd für 11,99 vom Discounter kann kleidsam sein, mitunter sogar mehr als die bunten Gewänder von so manchem Geck hier. Übertriebene Forderungen an Materialgüte schrecken manch andere eher ab, Euch nachzustreben. Seid Euch dessen bei Euren wohlmeinenden Ratschlägen bewußt. Man kann sich (immer noch) mit kleinem Budget geschmackvoll kleiden. Das gerät hier manchmal aus dem Focus finde ich. Vielmehr sollte man dafür werben, daß man mit Lloyd, C&A-Anzug und DiscounterHemd zwar besser gekleidet ist, als mit Turnschuh, Jeans und Kapuzenshirt, aber gerade eben nicht teurer. Die allgemeine Entwicklung der Garderobe verläuft beklagenswerterweise ja so, daß man eher ganz unten anfangen muß...
Zu meinen Präferenzen gehört, schwarze Kleidung zu tragen, Hemden, Jeans (allerdings nur die durchgefärbten), schwarze Schuhe sowieso. Alles verpönt hier, ich weiß. Ich kombiniere sogar schwarz und braun...
Außerdem habe ich mindestens ebenso viele Oberhemden in dunklen Tönen wie in hellen. Und ein Teil meiner Krawatten ist schmal;trotzdem mag ich sie.
Niemals aber würde ich zB eine rote Krawatte zum blauen Hemd tragen,wie so viele hier.
Ich beschäftige mich mit meiner Garderobe, suche meine Kleidung sorgfältig aus und denke, mich geschmackvoll zu kleiden - und daß, obwohl ich gegen fast alle Regeln hier verstoße. Was ich sagen will ist: Ich finde Ihr seid oft zu streng und zu dogmatisch.
Und auch das kann andere verschrecken. So viele hier sind bemüht, anderen zu helfen. Das finde ich toll. Aber nach meinem Geschmack darf Garderobe, provokant sage ich Mode, ruhig variantenreicher sein...
Das mal so als Anregung.
Jetzt dürft ihr mich steinigen...