Das klingt nach einem "planmässigen Vorgehen" der Eliten. Das sehe ich nicht so. Es ist wohl vielmehr so, dass Hierarchien nicht mehr über den Formalitätsgrad der Kleidung ausgedrückt werden. Der Chef trägt jetzt nicht mehr zwingend Anzug und Krawatte.Ist meiner bescheidenen Meinung nach eher ein Ausdruck des krampfhaften Bemühens, bestehende Hierarchien und wachsende Ungleichheit zu kaschieren.
Klar, sieht man z.B. am Tattoo-Trend, zumal eine Tätowierung eigentlich ein individuelles Merkmal par excellence wäre. Mit Individualisierung meinte ich, dass es immer mehr den Leuten selbst überlassen wird, wie sie sich in der Arbeitswelt kleiden wollen. Damit verschwinden Formalitätsebenen, es gibt möglicherweise einmal keinen grossen Unterschied mehr, wie man sich bei der Arbeit, im Restaurant, zuhause, in der Badeanstalt etc. kleidet.Jede Mode ist keine Individualisierung, sondern eine Konformisierung.
Wenn eine Bank meint ihren Dresscode runterfahren zu müssen um "näher" am Kunden zu sein, ist das SEHR planvoll.Das klingt nach einem "planmässigen Vorgehen" der Eliten. Das sehe ich nicht so.
Das tun meinem Dafürhalten nach vor allem Neu-Reiche und Wannabes.Die "Reichen" tragen immer noch ihre Statussymbole, nur sind das teilweise halt absurd teure T-Shirts oder Schlappen.
Ja, genau. Wenn die Zeiten ungleicher werden, ist es ungeschickt, sich auch noch visuell offensichtlich als Elite zu markieren, weil man damit Angriffsfläche bildet. Und in beruflichen Hierarchien simuliert man Zugänglichkeit von oben nach unten, "ich bin doch einer von Euch", durch kleidungsbezogene Anbiederung.Das klingt nach einem "planmässigen Vorgehen" der Eliten.
Da muss man differenzieren. Es gibt heute für jede soziale Schicht passgenau zugeschnittenen "Luxus", dessen Produkte von jeder Schicht als ursprünglich der Oberschicht zugehörig angenommen werden. Der tatsächlich gelebte Luxus der Oberschicht bleibt dabei von dieser gegenüber der Öffentlichkeit aber sorgfältig verborgen, es findet dort schon heute eine massive Abschottung statt, im Alltag, im Konsum und auch in allen prägenden Lebensphasen. Die Reichen, die sich mit den genannten Statussymbolen zeigen, ob real oder auf Instagram, sind nicht wirklich "die Reichen".Die "Reichen" tragen immer noch ihre Statussymbole, nur sind das teilweise halt absurd teure T-Shirts oder Schlappen.
Da bin ich bei Dir. Die interessante soziale Frage ist aber, warum heute kleidungsbezogen eine Nivellierung nach unten stattfindet und nicht nach oben, getrieben von sozialer Ambition? Tatsächlich ist ersteres ja ein sehr junger Trend. Die Formalitätsebenen der Aristokratie wurden ursprünglich mit großem Eifer vom Großbürgertum mitgelebt und sind nur deswegen heute noch bekannt. Auch die unselige Verbindung von sartorialer Kleidung und Berufswelt stammt daher, denn die Aristokratie arbeitete ja nicht.Mit Individualisierung meinte ich, dass es immer mehr den Leuten selbst überlassen wird, wie sie sich in der Arbeitswelt kleiden wollen. Damit verschwinden Formalitätsebenen, es gibt möglicherweise einmal keinen grossen Unterschied mehr, wie man sich bei der Arbeit, im Restaurant, zuhause, in der Badeanstalt etc. kleidet.
Und dadurch - eben auch weil der Mensch zu Konformität neigt - findet eine Nivellierung nach unten statt.
... und darüber hinaus ganz wichtig: alle müssen sich bis hin zum Vorstand duzen. Damit die optische Verschleierung der Hierarchien auch sprachlich zementiert wirdJa, genau. Wenn die Zeiten ungleicher werden, ist es ungeschickt, sich auch noch visuell offensichtlich als Elite zu markieren, weil man damit Angriffsfläche bildet. Und in beruflichen Hierarchien simuliert man Zugänglichkeit von oben nach unten, "ich bin doch einer von Euch", durch kleidungsbezogene Anbiederung.
Oh ja, das erlebe ich ja tagtäglich in der Praxis. Es erzeugt eine Illusion von Nähe, die dann auf absurde Weise das natürliche Ausleben von Konflikten überdeckt, die durch unterschiedliche Agendalagen entstehen. Und es fühlt sich immer künstlich an, weil echte Nähe immer nur durch die Anwesenheit echter Distanz und der langsamen gemeinsamen Überwindung derselben durch positive Erfahrungen entstehen kann.... und darüber hinaus ganz wichtig: alle müssen sich bis hin zum Vorstand duzen. Damit die optische Verschleierung der Hierarchien auch sprachlich zementiert wird
Schluss mit dem Duzen: Wenn der Abstand schwindet, gibt es auch keine Nähe mehr, und die Anarchie beginnt:
https://www.nzz.ch/feuilleton/schlu...aehe-mehr-und-die-anarchie-beginnt-ld.1391996
Eine Bank mitsamt (Schalter-)Mitarbeiter würde ich nun aber kaum als "Elite" bezeichnen. Das ist doch mehr eine Marketing-Massnahme, um eben Kundennähe zu suggerieren.Wenn eine Bank meint ihren Dresscode runterfahren zu müssen um "näher" am Kunden zu sein, ist das SEHR planvoll.
Je nach Unternehmenskultur finde ich das nicht per se schlecht: Wenn das Unternehmen nicht allzu gross ist, die Hierarchien relativ flach sind und alle an einem Strang ziehen, dann funktioniert das und fördert den Zusammenhalt.alle müssen sich bis hin zum Vorstand duzen.