Anne und Benjamin sind ein politisch korrektes Juristenehepaar. Benjamin schreibt viel im Stilmagazin und schon alleine deshalb kaufen sie die Klamotten nicht bei C&A oder die Schuhe bei Deichmann.
Das tuen ja nur ignorante Erwins, stillose Franks oder sozial schlecht gestellte Gülcans. Deshalb gibt es auch soviel Kinderarbeit und bitterarme Drittwelt-Länder wie China. Das haben sie letztens beim Rotwein-Abend noch mit Hannes und Ida besprochen, die sehen das genauso und im Fernsehen lief auch letztens wieder was darüber, allerdings nicht um 20:15 Uhr.
Nun stehen sie beim örtlichen Fachhändler und Jens, der nette dynamische Verkäufer, erklärt ihnen wieder mal, warum die Sachen so teuer seien müssen und dass Qualität nunmal ihren Preis hat– aber das wussten sie ja schon längst. Eigentlich verdient Jens gar nichts und auch Klaus, sein Chef, kann mit den erzielten Margen mal geradeso seinen Lebensstandart halten: Die Pferde für seine Töchter Lisa und Marie, den SLK für seine Frau Nina und das Schwarzgeld für seine Putzfrau Olga. Wäre Klaus` Porsche ein Name, müsste man auch hier das P fett schreiben, ebenso wie bei seinem Q7. Aber egal.
Richtig aufregen können sich Anne und Benjamin über die Geiz-ist-geil-Mentalität dieser Gesellschaft und die herrschende Ignoranz des Plebses. Aber ohne die wäre das eigene moralische Überlegenheitsgefühl ja nicht so groß und man könnte beispielsweise gegenüber den prolligen Nachbarn Sabine und Tim oder Annes Eltern Uwe und Vera nicht so glänzen. Deswegen werden sie auch in Zukunft bei Jens und Klaus kaufen. Sie werden geniessen, dass es sie noch gibt, die guten Dinge - und sich nicht von Billig-Ramschern ein X für ein Y vormachen lassen.
Jetzt hab ich das Z nicht mehr unterbringen können.