Lieber Charlie,
ich fühle Deinen Schmerz. Ehrlich. Aber guck Dich auf der Straße um und sag mir, ob Du das, was Dir die Decaf-Plörre vermieste - und ob es männlich ist, das zu trinken, darüber diskutieren wir anderswo
- auf der Straße überhaupt erblickst. Als vereinzelte Störung in der Matrix der uniformiert, schlecht angezogenen vielleicht. Aber doch nicht in der Masse. In der Masse regiert das Mittelmaß, wie eh und je. Alles andere sind nur die Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Das was die GQ macht und machen muß, ist doch nichts anderes, als der Versuch die eigene Daseinsberechtigung zu rechtfertigen. Ginge es nach mir, könnte alles was ich sehen möchte in einer Ausgabe final abgefidelt werden, um sich dann Wein, Weib und Gesang zu widmen. Deren Uhren-Spezial treibt mir regelmäßig die Tränen in die Augen. Auch da täten es für mich 10 Uhren und aus-die-Maus. Okay.. jetzt hat jeder andere 10 Uhren und andere Anzüge, die er sehen will. Und der eine will Tweed, der andere will Super150. Aber da haben wir die Rechnung ohne den Chefredakteur gemacht, der will nämlich nichts anderes, als den Markt für Männer-Modezeitschriften zu revolutionieren und dabei kommt eben so ein Murks heraus. Und auch ganz ehrlich Charlie: Das hättest Du wissen können. Mit einem Auto- oder Technikmagazin, wäre Dir das wohl nicht passiert. Dir hätte Dein Getränk geschmeckt und beim Blick nach draußen, wäre die Welt noch in Ordnung gewesen. Ich rate Dir also dazu, Deine Magazinauswahl in Zukunft zu überdenken, oder Dir mehr Gelassenheit zuzulegen. Denn eines ist so gewiß wie das Amen in der Kirche: Auch die GQ wird demnächst schon wieder einen längeren Artikel über die Stil-Ikone Steve McQeen schreiben oder über den klassischen James Bond-Stil.. weil sie das schon immer taten und irgendwo, tief in sich wissen, daß Männer lieber Männervorbilder sehen wollen, als 15 Jährigen Lesben (Alle Rechte bei dE).