Weihnachtsessen overdressed

Es geht um den Akt des "Lobens" unter Männern und von Fall zu Fall finde ich das grenzwertig bis völlig daneben. Ein solches Lob würde ich lächelnd zur Kenntnis nehmen und mich dann fragen ob der Herr Kollege vielleicht schon das ein oder andere "Likörchen" zuviel hatte...

Warum, wenn ich fragen darf. Finde das ein sehr interessantes Phaenomen.

Das Warum, moechte ich auch gerne beantworten. In meiner Wahlheimat Japan wird sehr oft gelobt, oft fuer Dinge, die in meinen Augen ueberhaupt nicht lobenswert sind. So wird beispielsweise jeder Auslaender gelobt, dass er gut japanisch koenne, obwohl er gerade mal in der Lage ist Guten Tag zu sagen. Fand das Anfangs sehr verwunderlich und auch unangenehm staendig mit, in meinen Augen unangebrachten, Lob ueberschuettet zu werden. Dies bezieht sich natuerlich nicht nur auf Auslaender, auch Japaner untereinander loben sich oft.
Aus Interesse habe ich dann bei einem Professor fuer Hospitality (so was kann man hier studieren!) mal nachgefragt. Insgesamt war es ein ziemlich langes Gespraech, bei dem es unter anderem um Kommunikationskonzepte ging. Das alles hier auszufuehren, wuerde hier den Rahmen wohl sprengen. (Stichwort: omoiyari)
Zusammengefasst: sich Gedanken machen um das Befinden des Gegenueber ist essentiell fuer Kommunikation. Durch ein Lob stellt man beim Gespraechspartner ein angenehmes Gefuehl her. Dies dient dann als Basis fuer die folgende Kommunikation. Im Prinzip ein Gespraechsoeffner. Und es funktioniert. Allerdings gibt es einige Bedingungen, unter anderem muessen beide Gespraechspartner ueber das gleiche Wissen bzw. Kodierungsfaehigkeit verfuegen. In oben genannten Beispiel ist dies nicht der Fall. (Interkultureller Kommunikation ist kein Metier, in dem der Durchschnittsjapaner *sollte es ihn geben* besonders erfolgreich ist)
Eine Anmerkung noch, Sarkasmus und Ironie sind zwei Konzepte, die in Japan wenig verbreitet sind.
So... ich hoffe, ich bin nicht zu weit abgeschweift. Was mich interessieren wuerde, emfindet ihr es als unangenehm auf Grund euerer Kleidung von anderen Maennern gelobt zu werden? Hier im Forum, vor allem im WTH Thread ist es ja eigentlich an der Tagesordnung.

Mein ganz persoenliches Fazit nach 5 Jahren im Ausland. Das zwischenmenschliche Miteinander in Deutschland entspricht oft den derzeitigen Temperaturen. Koennte nicht schaden, sich etwas mehr Gedanken um das Befinden seines Gegenuebers zu machen.
 
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Also ich freue mich jedesmal wenn ich (unironisch) gelobt werde.
Das zeigt mir erstens, dass mein Gegenüber nicht nur ein gutes Auge hat, sondern auch sympathisch ist.
Zweitens verbringe ich, und gewiss auch viele andere hier in diesem Forum, Stunden und Tage damit, schöne, stimmige Kompositionen zu kreeiren. Wenn dieser Fleiß dann jmd. positiv auffällt, kan man von sich sagen: "Das habe ich gut hinbekommen - Diese Komposition stufe ich eine Priorität höher"

Manchmal wird man natürlich auch von Leuten für irgendwas gelobt, die selbst absolut gar keine Ahnung von der Materie haben, und dies wirklich nur aus Nettigkeit tun. Dann lächle ich meistens, bedanke mich - wenn ich denjenigen gut kenne, dann belehre ich ihn vlt. auch kurz, das die so gelobte Hose in Wahrheit von allenfalls passabler Qualität ist, aber ich für den Kauf einer Neuen noch keine Zeit oder Geld gefunden habe.

Alles in allem, bringt ehrliches Loben nur Vorteile - für beide Seiten. Der Gelobte freut sich, der Lobende steigt in der Gunst des Gelobten.


Auch an dem - ich nenne es mal "Von oben herab loben" - kann ich nichts schlechtes finden. Das ist ja genau das, was der Chef, die Lehrer, die Professoren etc. machen, oder mehr machen sollten.
Ich denke, wenn ich als jmd. der immer Anzüge trägt meinen Kollgen für sein Jacket lobe, der sonst nie Anzüge oder Sakkos trägt - dann denkt sich der sicherlich: "Na, wenn sogar dieser Anzugträger mein Jacket gut findet, dann muss es schon einigermaßen was taugen!"
 
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Hallo!

Die japanische Höflchkeitsphilosophie unterscheidet sich so drastisch von unserer, dass ich einen Vergleich mit europäischen Umgangsformen nicht passend finde, trotzdem möchte ich mich für den interessanten Exkurs bedanken!

Ein "Lob" ist für mich zuerst einmal etwas anderes als ein "Kompliment". Mit einem Lob beabsichtigt man, ein Verhalten zu steuern; auf einer Weihnachtsfeier finde ich erzieherisches Lob von vornherein unangebracht. Der "Erzieher" maßt sich damit auch an, die Kompetenz zum Lob inne zu haben, was solch ein Lob für mich ein wenig mit Selbstlob vergiftet. Mit dem Lob setzt man auch indirekt die Leute zurück, die dabei stehen und (evtl. ausdrücklich) nicht gelobt werden - solche Stimmungsdämpfer für Leute, die ich vielleicht persönlich vollkommen unmöglich gekleidet finde, vermeide ich lieber.

Die Fehldeutung zur Schmeichelei, Ironie oder zum Sarkasmus ist auch möglich. Insofern halte ich mich mit Lob, besonders auf informellen Veranstaltungen unter "Gleichen" wie Weihnachtsfeiern, absolut zurück, denn die Grenze zum "unsachgemäßen Lob" ist meiner Meinung nach schnell überschritten. Insgesamt gesehen vielleicht kein Fauxpas, aber für mich ein Mißton.

Ein schönes Kompliment ist etwas anderes (von mir für Herren absolut sparsam, für Damen gerne und häufig verwendet). Menschen mit ausreichend feinen sozialen Antennen können den Unterschied meiner Meinung nach schon hören.
 
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Vergleichen kann man es in meinen Augen schon. Ich bin mir sicher, dass interessante Ergebnisse dabei herauskommen wuerden. Aber das war eigentlich nicht mein Ansinnen.

Die Unterscheidung zwischen Lob und Kompliment finde ich interessant. In Bezug auf Kleidung habe ich bisher keine Untscherschied gemacht bzw. es in einen Topf geworfen.

Irreversibel hat gesagt.:
Ein schönes Kompliment ist etwas anderes (von mir für Herren absolut sparsam, für Damen gerne und häufig verwendet).

Genau das entspricht meiner Beobachtung und auch meiner persoenlichen Erfahrung. Ich tue mich irl schwer damit, einen anderen Mann fuer seine Kleidung, Frisur oder aehnliches ein Kompliment zu machen. Selber freue ich mich aber ueber nette Worte und Komplimente meine Kleidung betreffend. Denke, da hat jeder so seine Praemissen.

Back to topic. Zu der Jahresabschlussfeier meines Arbeitgebers kamen (von ganz wenige Ausnahmen abgesehen, eine war ich :D ) alle Herren in Anzug, der ueberwiegende Teil davon im Dreiteiler. Vorherrschende Anzugfarbe war schwarz. Immerhin, bewiesen einige Herren Indiviualitaet durch das Tragen eines Einstecktuchs.
In den Schatten gestellt an diesem Abend wurden die Herren allerding ziemlich eindeutig von den Damen... WOW! :D
 
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Gestern Abend war nun meine zweite gesellschaftliche Weihnachtsfeier dieses Jahr, diesmal war ich von einem Münchner Corps eingeladen.

Anzug war da natürlich vorgeschrieben, doch überraschte es mich sehr, dass die üblichen Bekleidungsfehler sich auch in dieser Gesellschaft durchgezogen haben.

- Schlecht gebundene Krawatten
- Schlecht sitzende Anzüge
- Billige Anzüge
- Schwarze Nadelstreifen-Anzüge
- Button-Down Hemd mit Krawatte
- Ärmel zu kurz
- Eintönige, Fade Kombinationen
- Sehr wenige nur trugen ein Einstecktuch
- Umschlagmanschette war auch nur sehr spärlich verbreitet
- Durchschnittliche Schuhe (Ich erkenne zwar keinen LLoyd, wenn ich einen seh, waren aber bestimmt welche dabei :D)

Ansonsten hat mir der Weihnachtsschmaus unter diesen geselligen Herren jedoch viel Freude bereitet.
 
dass die üblichen Bekleidungsfehler

- Button-Down Hemd mit Krawatte
- Sehr wenige nur trugen ein Einstecktuch

das sind mE. geschmacksangelegenheiten.

ich mach mich zum angesagten betrinken mit anschliessendem besuch beim papst(spezielles becken um sich stilvoll übergeben zu können) nicht zwingend fein.

das hält selbstverständlich jeder individuell.
 
Gestern Abend war nun meine zweite gesellschaftliche Weihnachtsfeier dieses Jahr, diesmal war ich von einem Münchner Corps eingeladen.

Anzug war da natürlich vorgeschrieben, doch überraschte es mich sehr, dass die üblichen Bekleidungsfehler sich auch in dieser Gesellschaft durchgezogen haben.

Wenn Du zum Weinheimer gehst, vergiß das Karohemd nicht.
 
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