Was wären wir nur ohne die Schweiz?

Zürifan

Member
Es ist schon erstaunlich, wie hier eine Auslegung der Rechtsprechung nach Gutdünken unserer Bundesregierung betrieben wird.

"Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
Definition des Begriffs Hehlerei, Quelle: §259 StGB
Wenn ich als Nicht-Jurist dies lese, komme ich zu dem Schluss, dass die besagte Daten-CD
a) gestohlen bzw. durch eine rechtswidrige Tat erlangt worden ist
b) von der Bundesregierung angekauft wird/werden soll
c) unzweifelhaft zu einer Bereicherung führen wird
und damit der Erwerb auch den Tatbestand der Hehlerei erfüllen sollte.

Unstrittig ist: Steuerpflicht gilt für alle, für den kleinen Arbeitnehmer genauso wie für den Industrieboss
Es kann jedoch mMn sehr wohl darüber diskutiert werden, ob in Deutschland Steuergerechtigkeit vorherrscht!
Wer gestern abend das Heute-Journal verfolgt hat, wird eine interessante Musterrechnung gesehen haben, die ich mal als sachlich richtig ansetze:
- ein Durchschnittsarbeitsnehmer, unverheiratet und Steuerklasse 1 mit einem Monatsbruttoeinkommen von 4.500,-- € hat direkte Abzüge in Höhe von ca. 46% und damit ein Monatsnetto von 2.467,-- €. Dazu gesellen sich dann die weiteren Abgaben für MwSt., kommunale Abgaben, Ökosteuer, usw. usw.
Nach der Musterrechnung zahlt dieser Musterarbeitnehmer 64% Abgaben auf sein Einkommen und hat dabei noch keine Miete etc. bezahlt.
Es bleiben ihm ca. 1.650,-- € von ursprünglich 4.500,-- € !! :eek:

Irgendwas kann da doch nicht stimmen, oder?
Ich bin weit entfernt von irgendwelchen linken Parolen, aber der Spruch "Arbeit muss sich wieder lohnen", hat schon eine gewisse Berechtigung.

Was bedeutet das für die Schweiz-und-Steuerhinterzieher-Thematik? Ich kann es niemandem verübeln, der versucht, etwas von seinem Geld zu retten, denn der Staat zieht es dem Bürger an allen Enden aus der Tasche, ohne dass sich wirkliche Fortschritte erkennen lassen. Am Ende des Tages ist jeder Mensch Egoist, auch wenn diese Meinung unpopulär sein mag.

Nur meine Meinung.

Zürifan (der übrigens brav seine Steuern zahlt ;) )
 
@Zürifan

Da Du kein Jurist bist solltest Du Dich davor hüten 1 Paragraphen zu zitieren ohne zu wissen ob es da noch mehr zum Thema gibt.

Der feine Unterschied ist doch das die Schweiz zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug unterscheidet. Ganz ehrlich so viel Unlogik ist mir in keinem anderem demokratischem Rechtssystem bekannt.

Die "Killer"frage für die Schweiz ist doch ob sie denn ohne diese Unterscheidung leben kann und auch will.
 
@Zürifan

Da Du kein Jurist bist solltest Du Dich davor hüten 1 Paragraphen zu zitieren ohne zu wissen ob es da noch mehr zum Thema gibt.

Hallo Musikliebhaber,

deswegen habe ich ja gesagt, ich bin kein Jurist und kann den Paragraphen nur so lesen, wie er halt da steht und wie ich ihn verstehen würde.

Ich lasse mich gerne eines besseren belehren: wieso gilt dieser Text nicht oder nur mit Einschränkungen im Zusammenhang mit dieser Daten-CD Sache?
Liegt es daran, dass (wie Gast geschrieben hat) Daten im rechtlichen Sinne nicht als Sache gewertet werden? Was ist dann mit Industriespionage und dem Diebstahl von Daten in diesem Kontext?

Oder liegt es an der schweiz-eigenen Differenzierung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug? Aber das ändert doch nichts daran, dass die Daten so oder so widerrechtlich in den Besitz des Verkäufers gekommen sind? Wäre der Weiterverkauf dann nicht auch Hehlerei?
Alle Juristen bitte vor, ich lechze nach Aufklärung meiner Wissenslücken ! :)

Mir geht es darum: ich habe den Eindruck, dass die Bundesregierung einen sehr weit gefassten "Auslegungsspielraum" nutzt, um sich die Steuer-Millionen zu holen und von ihren innenpolitischen Hausaufgaben abzulenken. Stichwort: Steuersenkung für alle und wie wir's bezahlen, klären wir später.

Übrigens: der "gemeine schweizer Bürger" sieht der Thema der Steuerschlupflöcher ähnlich: "macht sie endlich zu, denn wir Schweizer müssen auch unsere Steuern zahlen." :D

Mit fröhlichen Grüßen, weil endlich mal wieder die Sonne über den See scheint

Der Zürifan
 
...die sollen sich nicht so haben -kurz nach der Jahrtausendwende gab´s eine weitere CD, die so den Weg zu den Behörden gefunden hat, die Schweiz nahm damals Amtshilfe aus Deutschland in Anspruch, lies sich ihrerseits Daten rüberschicken und verurteilte die Sünder - Einer ging durch alle Instanzen und verlor, da ihm ein Schweizer Obergericht beschied, dass diese Daten gerichtlich verwertbar sind...

Ansonsten ist man ja in der Zusammenarbeit bsp mit den USA schon einen Schritt weiter - die haben sich kurzerhand die UBS gepackt, ihr Milliardenstrafen angedroht und die Einschränkung der Geschäftstätigkeit - und schon war das Steuergeheimnis schon nicht mehr so wichtig - man hat sich verglichen - die Schweizer lieferten Daten, zahlten in einem Vergleich 780 Mio $ und die Schweizer Justizministerin empfiehlt mittlerweile eine Zusammenarbeit mit den USA...denn die Anwendung von Unternehmenstrafrecht könnte zum Kollaps der schweizer Banken führen...
Ist das jetzt Erpressung gewesen, oder ein legitimes Mittel...
 
Das wir hier ja kein Seminar haben, sparen wir uns mal Ausführungen zur Hehlerei oder Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverboten -.nur noch schnell zitiert...

Im Kanton Bern ging ein Fall aber bis ans Bundesgericht, weil der Beschwerdeführer (ein schweizerischer Begünstigter einer liechtensteinischen Stiftung) sich unter anderem dagegen wandte, dass die Steuerbehörden für ihre Zwecke gestohlene Daten verwendet hatte.

Die Daten waren zwar nicht von den Schweizer Behörden und auch nicht von den deutschen Ermittlern ausgespäht worden, doch am Anfang der ganzen Sache hatte ein illegaler Zugriff auf die Daten gestanden (so wie auch im aktuellen Fall, bei dem der deutsche Fiskus eine CD mit ausgespähten Daten für 2,5 Millionen Euro ankaufen will).

In seinem Urteil vom 2. Oktober 2007, betreffend Nachbesteuerung von 1995 bis 2000, hielt das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne die Nutzung dieser Daten - die laut Gericht auf der Basis einer "Verletzung des Geschäftsgeheimnisses" entstanden waren - durch die Steuer- und die Steuerstrafbehörden für zulässig.

Das Bundesgericht führt aus: Die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung erlangten Beweise unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot. Dass sie von einem liechtensteinischen Treuhänder stammen, ändert daran nichts. Für die Frage, ob die Daten einem Beweisverwertungsverbot unterliegen oder nicht, kann es nicht darauf ankommen, ob sie aus inländischer oder ausländischer Quelle stammen.

Das Bundesgericht stützte sich auf die Überlegung, dass das "Geschäftsgeheimnis" des Treuhänders nicht unter die Geheimnispflicht fällt, die von der Veranlagungsbehörde zu schützen sei.

Mehr zum Thema
Schweiz
"Kriminelle" - Blocher holzt gegen Berlin Es bleibt freilich offen, ob das Bundesgericht auch so entschieden hätte, wenn es nicht um die bei einem Treuhänder illegal ausgespähten Daten, sondern um die bei einer Bank ausgespähten illegalen Daten gehandelt hätte. Festzustellen ist aber jedenfalls, dass auch nach Schweizer Recht ein sogenannter Datendiebstahl nicht zur Unverwertbarkeit der Daten im Strafverfahren führt.

Die Neue Zürcher Zeitung bezweifelt auf der Basis des genannten Urteils, ob die derzeitige Position der Schweizer Regierung haltbar ist: Die Schweiz will in Steuerfragen keine internationale Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf gestohlenen Daten beruht. Sie setzt sich nämlich damit in Widerspruch zum zitierten Urteil des Bundesgerichts (NZZ vom 22.12. 2009). Die Neue Zürcher Zeitung bemerkt daher zu diesem Spruch aus Lausanne: "Das Verdikt aus Lausanne dürfte in Bern nicht nur Freude machen."
 
Ganz schnell...Hehlerei - Sachen, also körperliche Gegenstände - nicht Daten oder Forderungen - Analogieverbot im Strafrecht - also nicht, na ja Sachen sind ja auch sowas wie Daten, das geht leider nicht - dann sog Vermögensgefährdungsdelikt - geschützt natürlich nur "legale Vermögenspositionen" der Staat kann ja schlecht durch seine Gesetze Drogengelder schützen - und in Sachen Bereicherung reden wir ja von Geldern die dem Staat wiederum als Steuern zustehen....

Darf man´s verwerten ? In USA gibt´s den Grundsatz des verbotenen Baums - in unserem Rechtskreis unterscheidet man doppelt zwischen Beweiserhebungsverboten und Beweisverwertungsverboten...

Also Staat, bsp Polizist darf niemanden foltern - Beweiserhebungsverbot führt auch dazu, dass der Beweis, die Aussage nicht verwertet werden darf - anders wird das gesehen, wenn der Staat nicht am Anfang dieser Kette steht, da kann es dann schon mal zur Verwertbarkeit kommen.

1. Verfahren Zumwinckel und Co - wäre die Creme de la Creme der Deutschen Strafrechtler der Meinung, dass diese CD´S zu einem Beweisverwertungsverbot führen würden - hätten sie ihren Mandanten geraten zu schweigen - hätten sie aufgrund der CD zu 3-5 Jahren verurteilen lassen und hätten in der Revision das Urteil angegriffen und würde der BGH das auch so sehen, dass die Beweise nicht verwertet werden dürfen - gäb´s Freispruch - so hat man Zinsen, Aufschläge und Steuern nachgezahlt - Geldstrafen und Bewährungsstrafen und damit Vorstrafen auf sich genommen - eigentlich dumm, wenn der Beweis nicht verwertet werden könnte....
 
Ganz schnell...Hehlerei - Sachen, also körperliche Gegenstände - nicht Daten oder Forderungen - Analogieverbot im Strafrecht - also nicht, na ja Sachen sind ja auch sowas wie Daten, das geht leider nicht - dann sog Vermögensgefährdungsdelikt - geschützt natürlich nur "legale Vermögenspositionen" der Staat kann ja schlecht durch seine Gesetze Drogengelder schützen - und in Sachen Bereicherung reden wir ja von Geldern die dem Staat wiederum als Steuern zustehen....

Darf man´s verwerten ? In USA gibt´s den Grundsatz des verbotenen Baums - in unserem Rechtskreis unterscheidet man doppelt zwischen Beweiserhebungsverboten und Beweisverwertungsverboten...

Also Staat, bsp Polizist darf niemanden foltern - Beweiserhebungsverbot führt auch dazu, dass der Beweis, die Aussage nicht verwertet werden darf - anders wird das gesehen, wenn der Staat nicht am Anfang dieser Kette steht, da kann es dann schon mal zur Verwertbarkeit kommen.

1. Verfahren Zumwinckel und Co - wäre die Creme de la Creme der Deutschen Strafrechtler der Meinung, dass diese CD´S zu einem Beweisverwertungsverbot führen würden - hätten sie ihren Mandanten geraten zu schweigen - hätten sie aufgrund der CD zu 3-5 Jahren verurteilen lassen und hätten in der Revision das Urteil angegriffen und würde der BGH das auch so sehen, dass die Beweise nicht verwertet werden dürfen - gäb´s Freispruch - so hat man Zinsen, Aufschläge und Steuern nachgezahlt - Geldstrafen und Bewährungsstrafen und damit Vorstrafen auf sich genommen - eigentlich dumm, wenn der Beweis nicht verwertet werden könnte....

OK Michael, touché: Du scheinst im Gegensatz zu mir Jurist zu sein oder zumindest zu wissen, wie man
als einer erscheint ;) Zwar hätte der 1. Absatz gerne etwas weniger "schnell" sein dürfen, um es als Nicht-Jurist zu durchschauen, aber die Essenz ist ja wohl: es ist juristisch zulässig, diese Daten zu verwenden. Punkt
Wußte ich bisher nicht, aber wie gesagt: ich bin ja lernwillig. Ich korrigiere mich und behaupte das Gegenteil. Und Angela ist gar nicht so böse, wie ich gedacht habe. Sollte übrigens auch mal jemand der FDP in NRW sagen, die letzte Woche noch im Radio behauptet haben, man wolle die Legalität des Ankaufs erst noch prüfen lassen.

Viel interessanter finde ich den genannten Artikel aus der Süddeutschen, den ich bisher noch nicht kannte. Und offensichtlich kennen auch viele Schweizer dieses Urteil nicht, denn dann wäre das ganze Aufheben um dieses Thema in der Schweiz schnell zu beenden. Da weiß ich schon, was ich meinen schweizer Kollegen im Office am Montag morgen unter die Nase reiben kann.
Endlich nicht mehr Buhmann sein :D

Trotz allem immer noch - Zürifan -
 
Also mal etwas langsamer.

Sachen sind körperliche Gegenstände, was Daten nicht sind. Das dürfte auf der Hand liegen.

Es gibt allenfalls ein größeres Problem, wenn der Zugriff, mittels dessen die Daten auf die CD geladen wurden, unberechtigt war. Hat aber ein Bankangestellter (wie hier und in etlichen anderen Fällen, so wie bei dem in der Nähe von Nizza lebenden, im Fernsehen gezeigten Mann) , zu dessen Aufgaben das gehörte, die entsprechende Dateien geöffnet und die Daten daraus gesammelt, war zumindest der Zugriff nicht unberechtigt.

Man darf wegen des Analogieverbotes im deutschen Strafrecht nicht sagen: Na ja, Daten sind keine Sachen, aber doch so etwas Ähnliches (diese Gleichstellung von Ähnlichem wäre eine Analogie), also ist der "Diebstahl" von Daten auch nach dem gleichen Paragraphen wie bei Sachen verboten, auch wenn da Daten nicht erwähnt sind.

Wenn im deutschen Strafrecht Vermögen geschützt ist, dann bezieht sich das nur auf legale Vermögenspositionen. Wenn aber die Aufbewahrung in der Schweiz dazu diente, Schwarzgeld zu verschleiern und Steuern zu hinterziehen, ist das kein schützenswertes Vermögensgut.

Um noch auf eine früheren Beitrag zu antworten: An der Industriespionage ist nicht das Ausspähen schädlich, sondern die anschließende wirtschaftliche Verwertung der Erkenntnisse. Das ist nach deutschem Recht wettbewerbswidrig. Fraglich ist bloß, ob man Japaner oder Chinesen zur Rechenschaft ziehen kann (abgesehen von der machmal schlechten Beweislage).

Das solls von mir erstmal gewesen sein.
 
Schon erstaunlich wie dieser Faden beginnt. Da werden die erstaunlichsten Dinge in bester Stammtischmanier behauptet, dass selbst eine bekannte Boulevardzeitung vor Neid erblassen würde. Kleine Kostprobe:

...und schon rennen die ehrlichen Bürger wie die Lemmige zu den Finanzämtern und geben Erklärungen ab.

Die "ehrlichen" Bürger müssen ja zunächst erst einmal "unehrlich" gewesen sein, sprich Steuern hinterzogen haben, sonst könnten sie keine "Erklärungen" (=strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 317 AO) abgeben.

Zur Staatsanwaltschaft ist der Weg ja zu weit und das Steuergeheimnis schützt sie ja vor jedweder Strafverfolgung bei der Beantwortung der Frage wie sie denn überhaupt dazu gekommen sind, zu dem lieben, vielen Geld.
Im Mittelalter nannte man das in etwa Ablasshandel, oder war das was anderes?

Das Steuergeheimnis schützt gerade nicht vor Strafverfolgung da es die Offenbarung der betreffenden Sachverhalte u.a. zu diesem Zweck ausdrücklich erlaubt. Wer das dennoch ernsthaft mit dem mittelalterlichen Ablasshandel vergleicht, glaubt möglicherweise auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.
 
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