Was trage ich heute am Handgelenk

Heute trage ich meine neue Santos. Ich mag dieses eigenständige, leicht verwirrende Design zwischen schlicht und opulent. Im Kern ist es eine sehr angenehm zu tragende und leicht zu kombinierende Uhr, sogar wasserdicht. Aber auf den ersten Blick sieht man ihr diese praktischen Qualitäten nicht an, sondern hat ein bisschen Drama. Das mag ich gelegentlich. Ein bisschen Guilloche wäre nur noch schön gewesen.

Zur Geschichte: Die Geschichten mit dem Eifelturm und der Fliegerei halte ich für schlampigen PR-Quatsch. Zu der Zeit wurde Stahl schließlich genietet und die Uhr war wohl auch eher für den Abend im Flieger-Club als fürs fliegen der 200m Strecken selbst. Ich vermute, dass es bei der eckigen Form und den Schrauben vor allem darum ging, die Ästhetik der Zukunft dazuzustellen und sich maximal von der Natur und ihren Formen abzusetzen. Das würde auch zur zeitgleichen Richtung des Futurismus passen.
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Eine sehr schöne Uhr, aufgrund der Ziffernblattgestaltung hätte ich sie in die (frühen) 60er verortet? Solche Uhren stellen mMn heute unglaubliche Gegenwerte auf dem Markt dar, abgesehen davon sind sie einfach wahnsinnig charmant. Deiner kleinen Schönheit würde ich jedenfalls jederzeit ein neues Zuhause bieten.

Eine Juvenia habe ich tatsächlich auch in meinem Fundus, diese Uhr hat mein Vater zu Weihnachten 1980 von seinen Eltern bekommen. Sie ist heute natürlich völlig aus der Zeit gefallen, aber das hindert mich nicht daran sie von Zeit zu Zeit auszuführen - danke für die Erinnerung! Am liebsten im Übrigen zu nicht ganz so ernstem Black Tie oder als vollendeter Stilbruch zu Jeans und weißem T-Shirt :p Und ja, das Gold ist etwas angelaufen, Schande über mein Haupt...


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Eine sehr schöne Uhr, aufgrund der Ziffernblattgestaltung hätte ich sie in die (frühen) 60er verortet?
Das Slimatic-Modell wurde von Anfang 1950er bis Anfang 1970er mit verschiedenen frei erhältlichen Standardautomatikwerken gebaut. Das hier eingeschalte AS-Kaliber (offensichtlich eine Auftragsarbeit mit "gebrandetem" Aufzugsrotor) deutet tatsächlich auf einen Produktionszeitraum etwa zwischen 1955 und 1960.

Das Werk ist visuell eher auf der grobschlächtigen Seite, hat aber ein paar nette Features. So ist eine große Glucydur-Schraubenunruh verbaut und es wird z.B. bei Handaufzug der automatische Aufzug mit einer Breguet-Kupplung unter dem Federhaus komplett ausgekoppelt und damit geschont. So was haben etwa die gängigen ETA 2824/2892 heute noch nicht, da drehen dann die Klinkenräder mit dem wesentlich höheren Drehmoment des Handaufzugs mit und verschleißen entsprechend schneller. Früher war längst nicht alles besser, aber manchmal zugunsten der Qualität ein bisschen weniger kosteneffizient.
 
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