Warum gibt es keinen Herrenausstatter in Ostdeutschland - 22 Jahre nach der Wende?

Ja genau es ist Ironie wenn man bei der Frage nach Herrenausstattern auf Thor Steinar kommt. Diese ungeheuer bedeutende Ladenkette muss einfach "die Jugend" in der Region xyz einkleiden.

Naja, also ich lebe ja nun seit ca.2 Jahren auch in einem der "neuen" (Sachsen, allerdings in einer der Großstädte). Ursprünglich komme ich aus einem der "gebrauchten" Bundesländer (Niedersachsen) gelebt und bin auch sonst schon etwas herumgekommen.
Der Umzug fand freiwillig statt, hatte keine beruflichen oder familiären Gründe sondern ich war einfach von der statt an sich begeistert. Insofern habe ich quasi die Möglichkeit zum direkten Vergleich.

Und ich muss sagen: Es stimmt wirklich.
Selbst in meiner noch relativ weltläufigen (Wahl-)Heimatstadt gibt es einen derart großen Anteil an Fans explizit rechter Szenemarken ("Steinar", "Ansgar Aryan", "164:1" und ähnlichen Unfug), welche ihren rechten Lifestyle ungeniert ausleben und dabei voll integriert sind bzw. sich auch in der Öffentlichkeit kein Schwein dran stört.
Im Westenwude ich teilweise schon (ungerechtfertigterweise) mit nem Fred-Perry-Polo kritisch beäugt, hier komme ich mir damit schon fast vor wie ne "linke Zecke"...
Von den Zuständen im ländlichen Umland gar nicht zu reden.
Insofern sind die gängigen Klischees und Stereotypen wohl nicht ganz unbegründet, auch wenn ich das vorher selbst nicht glauben wollte.

Zu der Herrenausstatter-Thematik: Es gibt (zumindest hier im urbanen Raum) sowohl die üblichen Verdächtigen (P&C; Breuninger), Maßkonfektion (u.a. Dolzer), hochwertige Einzelhändler (u.a. "Capitale" in der Mädlerpassage) sowie den ein oder andren Maßschneider und auch Maßschuhmacher.

Klar ist das Angebot jetzt nicht so prall wie z.B. in Hamburg oder München, m.E allerdings auch nicht katastrophal. Viele Leute hier haben eben auch einfach andere Sorgen bzw. andere Interessen.
Weit verbreitet ist allerdings die Einstellung, dass sich eine gute Klamotte primär durch einen möglichst großflächigen Markenschriftzug auszeichnet.
 
Guten Tag!

Darf ich auf einen Nebenaspekt hinweisen: Die jungen, gebildeten und aktiven Leute verlassen, pauschal gesagt, den Osten.

mfG
 
Guten Tag!

Darf ich auf einen Nebenaspekt hinweisen: Die jungen, gebildeten und aktiven Leute verlassen, pauschal gesagt, den Osten.

mfG

Das darfs du natürlich. Ich bin aber noch da, also kann es nicht stimmen! :D
Ernsthafterweise denke ich aber, dass die so nicht mehr stimmt. Gerade in den wachsenden Städten wie Dresden und Jena ist das quasi nicht mehr richtig. Da findet man ja bekanntermaßen Zuzug und aus meiner persönlichen Sicht kann ich sagen eine große Menge an Rückzug. (Und in der verlassen Weite ringsherum auch die Plätze zum zurückziehen! :) )
Zwischen Berlin und Rostock mag das sicher auch weiterhin gelten, da wird sich aber auch in den nächsten 100 Jahren kein Herrenausstatter niederlassen, nicht einmal ein Maßschneider für Thor Steinar. :rolleyes:
 
Zwischen Berlin und Rostock mag das sicher auch weiterhin gelten, da wird sich aber auch in den nächsten 100 Jahren kein Herrenausstatter niederlassen, nicht einmal ein Maßschneider für Thor Steinar. :rolleyes:
Zumindest in der schönen Landeshauptstadt Schwerin sollte man eigentlich, zumindest vom Einkommen und Status her, genug potentielle Kundschaft für einen kleinen aber feinen Herrenausstatter erwarten dürfen! Oder nicht?
Tragen die MacPomm-Minister etwa Trainings-Anzug im Landtag/Schloss? ;)
Und Haus-Anzug im Staatstheater? ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim interessierten Durchgehen unserer schönen Herrenausstatter-Liste
https://stilmagazin.de/herrenausstatter/
ist mir aufgefallen:

Es gibt demnach
62 Herrenausstatter-Geschäfte in Westdeutschland und
0 Herrenausstatter-Geschäfte in Mitteldeutschland.
Nicht einen einzigen im Bereich der ehemaligen DDR!

Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man die Geschäfte von Herrn Rusche ansieht:
http://info.soer.de/geschaefte.html
56 SØR-Geschäfte in der alten Bundesrepublik (Herrenausstatter inkl. der Woman-Stores)
0 SØR-Geschäfte in den fünf neuen Ländern (Herrenausstatter inkl. der Woman-Stores)

Nicht einmal in Sachsen, in Leipzig oder Dresden/Radebeul lohnt sich ein Geschäft für klassische Herrenkleidung? Auch in Potsdam nicht? :confused:
Wie kommt das, wenn dem wirklich so ist?
21 Jahre nach der Deutschen Einheit, kein nennenswerter Bedarf an schöner Herrengarderobe im Osten, das kann ich nicht glauben!


Wenn doch, wäre es dann nicht ganz langsam Zeit für eine Initiative zum "sartorialen Aufbau Ost" - sowohl von der Nachfrage- als auch der Angebotsseite her? ;)

Im Ernst, was machen denn die Gentlemen in Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg wenn die Bedarf an eleganter, klassischer Herrenmode haben? Nach Berlin oder in die alte Bundesrepublik fahren? Online shoppen? :confused:
Oder doch mit C&A und P&C oder gar dem Jogginganzug zufrieden geben? ;)

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Ich hoffe, ich habe hier kein zu heisses Eisen angepackt ;) - vielleicht hat ja doch jemand eine plausible Erklärung/Theorie!

Werte Stilfreunde,

ich habe mir am vergangenen Sonnabend während eines Besuches in Dresden bei Silbermann einen seidenen Krawattenschal gekauft, der mir sehr gefallen hat. Er kam am Abend selbigen Tages sogleich bei einer Geburtstagsparty zum Einsatz. Es ist vorgesehen, dass er fürderhin auch an meinem Wohnort Frankfurt/Main vom anspruchsvollen Sortiment ostdeutscher Herrenausstatter künden soll.


Mit freundlichen Grüßen
der rüganer
 

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Werte Stilfreunde,

ich habe mir am vergangenen Sonnabend während eines Besuches in Dresden bei Silbermann einen seidenen Krawattenschal gekauft, der mir sehr gefallen hat. Er kam am Abend selbigen Tages sogleich bei einer Geburtstagsparty zum Einsatz. Es ist vorgesehen, dass er fürderhin auch an meinem Wohnort Frankfurt/Main vom anspruchsvollen Sortiment ostdeutscher Herrenausstatter künden soll.


Mit freundlichen Grüßen
der rüganer

Sehr schön!
Ein richtiger Herrenausstatter? Empfehlenswert?

Dann bitten wir die Forumsleitung doch um ehrenvolle Aufnahme in die Herrenausstatterliste,
der erste unter PLZ 0!
 
... dafür das in Dresden mehr Luxuswagen verkauft werden hätte ich doch gern mal eine Quelle. ...
Bericht in der Welt am Sonntag über Luxuswagen in Dresden. Dort wurde Dresden als die "Luxuswagenhochburg" Deutschlands dargestellt, was Verkaufszahlen angeht.

Nebensächlich: Das mit Rolls-Royce/Radebeul wußte ich gar nicht. Streichen Sie das und setzen Sie dafür einfach Bentley.

Das in Frankfurt/Main so viele Luxuswagen zu sehen sind liegt imho weniger am ererbten Eigentaum als vielmehr an aktuellen hohen Einkommen, Boni usw. in der Finanz- und Investmentbranche.

LG
Günter
 
Silbermann ist aber kein Herrenausstatter, sondern ein etwas teures Geschäft für Modebekleidung. Zielgruppe und Hauptkunden sind vor allem Touristen, daß hat mir der Besitzer schon bestätigt. Interessant finde ich immer den Schlussverkauf, weil Silbermann nie mehr als 30% rabattiert. Der Grund dafür soll ein Rücknahmevertrag mit den Lieferanten sein.

Zu Eröffnung des Ladens war dieser im übrigen mit sehr ambitionierten Marken angetreten, was mittlerweile - wohl aufgrund der Nachfrage - leicht geändert wurde. Nun gibt es eher die bekannten und teuren Marken wie Armani, Etro, Bogner, Ludwig Reiter ...
Schön ist die Auswahl an Colombo-Strickwaren, die allerdings jenseits meines Budgets liegen.

Aber wie schon geschrieben: wer sucht, der findet. Gute Schuhe (PrimeShoes, Vass, Dinkelacker, F. Rossetti, Alden, Allen Edmonds, Santoni, Ralph Harrison Goodyear Welted, Crockett & Jones, Tricker's, Kuckelkorn, Ludwig Reiter, Handmacher,... ) und Klamotten findet man in Dresden auf jeden Fall. Wer Tips haben will - gern PN an mich.

Werte Stilfreunde,

Malaparte hat Recht. Silbermann ist in diesem Sinne kein klassischer Herrenausstatter, zumal die obere Etage des Geschäfts komplett der Damenmode vorbehalten ist.
Zu den Preisen kann ich weniger etwas sagen, da ich mir dort bei Dresden-Besuchen bislang lediglich Accessoires gekauft habe, aber keine großen Teile (wie beispielsweise Anzug oder Sportsakko).

Der Krawattenschal, den ich mir jüngst dort kaufte, hat jedenfalls genauso viel gekostet wie ein Krawattenschal bei Eckerle in Frankfurt am Main. Bei Eckerle indes habe ich bislang nur Krawattenschals gefunden, bei denen sich der Stoff zur Mitte hin verjüngt und an dieser Stelle gefältelt ist. Der bei Silbermann erworbene Schal ist durchgehend von der selben Stoffbreite, man kann ihn in der Mitte nach eigenem Gusto falten, wenn man ihn sich um den Hals bindet. Ich wollte das mal probieren und habe festgestellt, dass sich der selbst gefaltete Schal im Nackenbereich um ein Geringfügiges angenehmer trägt als der vorgefältelte Stoff.

Womit ich nichts gegen die bei Eckerle verkauften Krawattenschals gesagt haben will - auch dort habe ich mir schon etliche sehr schöne Stücke gekauft, die ich mehr oder weniger regelmäßig trage. Letztlich ist der Unterschied unerheblich, aber es war interessant, ihn beim Tragen zu registrieren.

Wenn man indes einen klassischen Herrenausstatter sucht, muss man in Dresden wohl zu Prüssing & Köll im Rähnitzviertel auf der Neustädter Seite gehen. Dorthin habe ich es leider noch nicht geschafft, jedenfalls nie dann, wenn der Laden geöffnet hatte. Irgendwann soll das aber nachgeholt werden.

Mit freundlichen Grüßen
der rüganer
 
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