Vorstellungsgespräch

So, ich schließe mich dem neuen Trend zum Multiquoting einmal an
Endlich mal ein gepflegtes Multiquote.

Man kann also doch auch hier eine direkte Parallele zur Gegenwart ziehen: Overdressed ist man dann, wenn man das vom Gegenüber erwartete Formalitätsniveau überschreitet.
Richtig, so ist die alte Definition. Aber wer ist denn heute dieses Gegenüber? Es ist nicht "die breite Masse", sondern immer viel genauer definiert. Und was bedeutet Formalitätsniveau, wenn es in der allgemeinen Wahrnehmung überhaupt nur noch zwei unterschiedliche gibt, nämlich sartorial oder Jeans&Sneakers? Dann ist es nur noch eine Art Lagerabgrenzung.

Wenn Du mich zitierst, darfst Du mich auch direkt ansprechen, insbesondere bei einem verbalen Angriff. So ist das nur ein rhetorischer Kniff, um einer Gegenreaktion zuvorzukommen und kein guter Diskussionsstil.

Natürlich wird der Anzug nicht von der Allgemeinheit als Standardbekleidung genutzt, aber er ist als solche ausgelegt mit unterschiedlichen Schnitten und Stoffen für verschiedene Gelegenheiten und verschiedene klimatische Bedingungen. Natürlich nicht der dunkelblaue, am besten noch mit Nadelstreifen, davon war aber auch nie die Rede.

Wenn es keine Rolle spielt, worüber unterhalten wir uns dann? Offensichtlich hat das Wort Overdressed dann doch keine reale Bedeutung, außer dass es ein umdefinierter Ausdruck dafür ist, dass vielen Leuten sartoriale Kleidungskategorien nicht gefallen (und zwar nicht aus Gründen gestalterischer Formalität, was der ursprüngliche Bedeutungsraum wäre, sondern ausschließlich aus sozial konnotierten Gründen, was noch mal eine andere schon oft geführte Diskussion ist).

Ich halte es aber für geradezu fahrlässig, einem jungen und offensichtlich in dieser Hinsicht unsicheren Fragesteller anzuraten, dieselbe Nonchalance bei einem Vorstellungsgespräch anzuempfehlen
Ich empfehle, meine Beiträge genauer zu lesen. Ich habe dem TS als offensichtlichem sartorialen Anfänger zu einem simplen grauen oder dunkelblauen Anzug geraten. Ohne EST, wenn er daran nicht gewöhnt ist. Was ist daran fahrlässig? Der Unterschied ist nur, dass ich ihm vom EST nicht abrate, weil es einer sinnfreien "overdressed"-Kategorie entspräche, sondern weil der Gebrauch eines EST eine höhere Kleidungserfahrung erfordert. Ein Miles z.B. hätte sie, der TS vermutlich nicht.

Been there, done that. Nirgendwo ist alles großartig. Dass man nicht zwanghaft und automatisch zu allem "typisch deutsch" sagen sollte, verbietet aber keineswegs, es mit einer konkreten Begründung zu tun.

Ich wünsche mir das nicht, es ist mir am Ende egal, was andere von dem halten, was ich für mich als richtig erkannt habe. Im Umgang mit Geschäftspartnern (beruflich) und Freunden (privat) komme ich offensichtlich gut damit klar. Warum sollte mich interessieren, was ein anonymer Passant (also der demokratische Durchschnitt) von mir hält, wenn er mich sieht? Ich finde die Haltung, das zum persönlichen Maß aller Dinge machen, was gerade bei einer Mehrheit modern ist, schlicht langweilig. Das heißt nicht, dass ich Mehrheitsmeinungen automatisch vermeide, aber sie sind kein Wert an sich.

Ich finde, dass Deine gezeigten Outfits eine positive Losgelöstheit vom Massenzeitgeist gut repräsentieren. Deine Worte lassen mich im Kenntnis dieser Outifts aber etwas ratlos zurück.
 
http://www.sueddeutsche.de/karriere/start-im-neuen-job-dresscode-fuer-den-ersten-tag-

"Den ersten Tag vergleicht die Image-Expertin mit dem Betreten von unbekanntem Terrain: "Da kommt ein Eindringling in ein fremdes Revier - mit der Bitte aufgenommen zu werden." Am ersten Tag sollte daher weniger der eigene Stil im Vordergrund stehen als vielmehr die Bereitschaft, sich in eine neue Umgebung zu integrieren."

http://www.sueddeutsche.de/karriere/start-im-neuen-job-dresscode-fuer-den-ersten-tag-1.1761304

Ich halte nichts von Stilberatern, aber ich mag die hier beschriebene Attitüde.
 

Ich finde, das kann man einfach durch eine freundliche und leicht zurückhaltende Art zeigen. Und man steckt eben etwas ein/ reagiert freundlich-lustig auf etwaige Bemerkungen das Outfit betreffend.