Vorstellungsgespräch

Das Urteil, was angepasst und angemessen ist ist tatsächlich demokratisch. Wenn Du die Existenz (und Bedeutung) von Erwartungen und Wirkungen im situativen Kontext nicht (er)kennst tut es mir leid Dir das nicht besser begreiflich machen zu können.
Nein, Du bist auf einer Fantribüne nicht angemessen angezogen. Auch nicht in der Nachmittagskinovorstellung, und eigentlich auch nicht in der Fußgängerzone - wenn 99% Geisterfahrer unterwegs sind muss man sich fragen wer der Geisterfahrer ist. Du darfst gerne argumentieren dass Du korrekt angezogen bist, aber eben nicht angemessen.
Da kommen wir ganz sicher nicht zusammen. Kleidungstypen, die niemand trägt, erregen Anstoß, ich erwähnte schon häufiger in diesem Zusammenhang die Toga. :D Das ist meine Definition von unangemessen im Sinne von anstößig. Kleidung, die jedermann als aktuell gebräuchlich bekannt ist und jeden Tag in allen Massenmedien zu sehen ist, ist immer angemessen, weil im gesellschaftlichen Bewusstsein, auch wenn sie selbst nicht getragen wird.

So weit stimme ich Deinem demokratischen Ansatz in einer Makrosicht sogar zu. Aber Angemessenheit in der individuellen Anwendung hat nichts mit Durchschnitt oder gar Median der Umgebung zu tun. Die Haltung, sich immer krampfhaft daran anzupassen, was die Mehrheit trägt, und das dann als angemessen zu definieren, ist halt nicht meine. Dann müsste man auch schnell sein Auto nach Situationsbedarf wechseln, das ist auch eine andere Form von Bekleidung, die in Deutschland gerne aufmerksam beäugt wird. :) Ich sehe schon das Threadpotenzial: Ist ein Porsche 911 in einem Parkhaus voller alter Gölfe unangemessen? Sollte ich lieber vor Einfahrt eine Beule in die Tür treten? :D

Die gute Nachricht: wir leben in einem Land und einer Zeit in der eine weitgehende Toleranz herrscht: Du darfst Dich unangemessen kleiden.
Nein, in diesem Land herrscht eben keine Toleranz, sonst würde man ja nicht so angestrengt über die Angemessenheit von Kleidung reden. :) In Frankreich oder Italien würde man eine solche Diskussion nicht führen (oder eher in meinem Sinne, wenn man sich die Diskussionen über Hollandes Krawatte anschaut, vielleicht lebe ich einfach im falschen Land :)).

Ich glaube, dass man hier sehr dazu neigt, die eigene Situation als allgemeingültig zu extrapolieren. Davon schließe ich mich selber nicht aus. Der Punkt ist nun mal auch, dass wir alle in verschiedenen Situationen leben, woraus sich naturgemäß auch unterschiedliche Perspektiven ergeben. Ich würde nur erwarten, dass sich eine sartoriale Kleidungsaffinität, die ich bei einem Forumsteilnehmer hier voraussetze, auch in einer offeneren und selbstbewussteren Haltung zur öffentlichen Anwendung sartorialer Kleidung äußert. Das ist interessanterweise aber bei Dir und auch bei anderen hier offenbar nicht der Fall.

Geh mal in die ansonsten streng abgeschottete Entwicklungsabteilung Deines Kunden und sag den Entwicklern: "Tach Jungs, ich bin der Kunde und jetzt wollen wir mal zusammen die low-level Details der Softwarearchitektur besprechen". Klappt auf Anhieb sicher total gut.
Du unterschätzt die Informatik. Ich tue in meiner Consultingtätigkeit für meine Kunden, überwiegend DAX-/ und MDAX-Konzerne, seit einem Jahrzehnt nichts Anderes. ;) Gut, ich bin dort nicht der Kunde, sondern leite i.d.R. ein technisches Entwicklungsprojekt mit diesen Entwicklern, das ich gegenüber dem Business, dem eigentlichen Kunden, vertrete. Ich bin dort weder der einzige Anzugträger noch habe ich dort je interne Mitarbeiter aufsteigen sehen, die keine waren. Einen internen Dresscode gibt es natürlich nicht, bzw. in der Mehrheit einen IT-typischen. :)

Ich kann das, was hier bis in abstruse Details besprochen wird, leben.
Okay, das beruhigt mich wieder. Am Ende zählt, was hinten rauskommt. :)
 
Zu viel blabla. Bilder!
Outfit für Vorstellungsgespräche(bitte in der Pose während des Gesprächs dasitzen): ;)
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Sorry bluesman ;)
 
Dann müsste man auch schnell sein Auto nach Situationsbedarf wechseln, das ist auch eine andere Form von Bekleidung, die in Deutschland gerne aufmerksam beäugt wird. :)

Ja. Kenne Leute die aus diesem Grund nie mit dem Cabrio ins Büro würden. Kenne auch Dienstfahrzeugregelungen, die freie Fahrzeugwahl erlauben - mit der Einschränkung Sportwägen.

Tatsächlich läuft es aber immer aufs selbe raus; entfernst du dich vom Durchschnitt, läufst du immer Gefahr anzuecken. Inwieweit du dir das erlauben kannst / willst liegt an dir und der Situation.

BTW. Der Nachrichtensprecher der Tagesschau trägt gerade EST... Vielleicht ist es ja schon Schnitt ;-)
 
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