Denn Quellen scheint es keine zu geben.
Also gut...ich will es versuchen, auch wenn dies etwas länger dauert. Woher stammt überhaupt der Brauch des Stecktuches in der Brusttasche?
Bereits im 14. Jh. war es üblich, dass ein Taschentuch (Leinen) zur persönlichen Hygiene benutzt wurde (Richard II.). Allerdings "ver"steckte man es damals noch. Erst Ende des 19. Jh. bzw. Anfang des 20. Jh., als sich der Anzug, so wie wir ihn heute kennen durchsetzte, begann man damit, das unbenutzte Taschentuch vorerst (sichtbar) in der Brusttasche zu platzieren, um es vor anderen Gegenständen zu schützen (Schlüsseln etc.). Wurde es benutzt, wanderte es aber wieder aus der Brusttasche an eine weniger exponierende Stelle.
Als es ab den 1920er Jahren auch zum modischen Accessoire wurde, entstanden bereits vereinzelt Variationen, die mit einem Taschentuch nicht mehr viel gemein hatten (v.a. Material) und auch die ersten Falttechniken. Aber schon wenig später, mit dem Aufkommen von Papiertaschentüchern (Kleenex), empfand man ein Stofftaschentuch als unhygienisch und das Leinentuch wurde außer zu dekorativen Zwecken nicht länger benötigt. Durch die verlorengegangene Zweckgebundenheit konnten sich allerlei Spielarten (Material, Größe) entwickeln und dank Stilikonen wie bspw. Cary Grant oder Fred Astaire wurden Einstecktücher zu beliebten Accessoires auch wenn sie eigentlich keine Funktion mehr hatten.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Einstecktücher etwas weniger begehrt und wurden (leider) meist nur noch zu sehr formellen Anlässen bemüht. Die uns allen so bekannte "Festmode/Hochzeitsmode" ist ja bekanntermaßen oft darauf ausgelegt, komplett zu sein als Angebot. Daher rührten auch die ersten Sets, welche man kurzerhand auch für die alltägliche Garderobe anbieten wollte. So etwas gab es schon immer auch von großen Modehäusern wie YSL, Lanvin, Hermès etc.; jedoch nie für die breite Masse.
Warum sollten nun Stecktuch und Krawatte nicht identisch sein? Ganz einfach: weil sie ursprünglich nichts miteinaner zu tun haben! Die Briten sind vielleicht manchmal etwas zu extrem mit ihren Kombinationen, bei denen das Einstecktuch rein gar nichts mit dem Rest des Outfits zu tun zu haben scheint und vielmehr als Attraktion daherkommt. Deswegen auch die Empfehlung für den Stecktuchneuling: versuchen die Farbe des Hemdes oder der Krawatte aufzunehmen. Das muss aber nicht der Fall sein und mit einer abgestimmten Kombination demonstriert man geradezu seine Unsicherheit in dieser Frage; in etwa so, als würde man ein vorgefaltetes Stecktuch benutzen. Nur weil so etwas angeboten wird, muss man es noch lange nicht tragen.
Die Frage nach den Quellen verstehe ich nur zur Hälfte. Es hat nie jemand erwähnen müssen, dass man einheitliche Kombinationen nicht tragen darf. Aber es hat sie ja früher auch nicht gegeben; daher auch keine Restriktion. Das bedeutet, es gibt keine direkte Quelle, sondern eine logische Herleitung des Gedankens. Die meisten Autoren wie A. Flusser oder B.G. Boyer berufen sich überwiegend auf oben angeführtes Argument, dass nämlich Stecktuch und Krawatte (oder Hemd, oder Socken etc.) in keinem direkten Zusammenhang stehen. Wer das anders sieht soll´s von mir aus tragen.
Grüße
Camara