Aber, aber, meine Herren … Stilmagezin, heißt es doch hier.
Dies ist falsch. Den wahren Allrounder und Spezialisten findet man in Menschen, die eine praktische Ausbildung als Grundlage bekommen haben und sich dann weitergebildet haben. Diese "Generalisten" sind gerade in Mittelständischen Betrieben sehr gefragt.
Wenn das so wäre, wären Akademiker ja immer die schlechteren für einen Job, denn außer Spezialisten und Allroundern gibt es ja nicht mehr viel, oder? Ich halte es für gefährlich, Wissenschaften ohne direkt messbaren monetären Wert als überflüssig zu erachten und möchte anmerken, dass ein Studium (zumindest bis zu den Bologna-Reformen) die Möglichkeit bot, so tief in eine Materie einzusteigen, wie das in einer Ausbildung nicht möglich wäre. Nicht umsonst hieß es früher mal, dass an der universitas magistrorum et scholarium (Fach-)Gelehrte ihr Wissen weitergeben.
Leider werden beruflichen Weiterbildungen im Gegensatz zur akademischen Weiterbildung von der Gesellschaft nicht finanziert. Es gibt zwar den Meisterbafög, aber im Vergleich zum kostenlosem Studieren sind das absolute Peanuts (eine Meisterausbilung kostet sehr schnell 12.000 € inkl. Verdienstausfall).
Das ist meiner Meinung nach einer der wesentlichen Punkte, neben dem persönlichen Hintergrund und der allgemeinen finanziellen Lage. In diesem Lande hat sich eine Gratiskultur etabliert, die seinesgleichen sucht. Wenn ich meiner Familie erkläre, dass ich es gerecht finde für ein Studium zu bezahle, weil ich ja im Gegenzug auch einen Wert erhalte, sagt man mir, wie ungerecht meine Einstellung sei und das gerade so Kindern aus ärmeren Familien der Zugang zu Bildung versperrt wird. Im Ansatz ein valides Argument […]
Die Lösung:
Jeder Neugeborene bekommt einen Gutschein über 20.000 €. Damit kann er sich nach seiner Pflichtschulzeit seine Bildung / Selbstständigkeit finanzieren und geht automatisch gewissenhafter mit der Ressource um.
[…] aber eines, das Ausdruck eines Fehlverständnisses ist.
Ich finde (naiverweise, vielleicht), dass eine zivilisierte Gesellschaft dadurch gekennzeichnet ist, dass ihre Mitglieder nicht ausschließlich damit beschäftigt sind, sich "am Fressen zu halten". Ich studiere Rechtswissenschaften, finde aber mein Fach ist keineswegs wichtiger, anspruchsvoller oder sonst irgendwie bedeutsamer als die meisten anderen Studiengänge (wenngleich ich manchmal an diesen neudeutschen "International Management Mastern" zweifle). Meine Freundin wird Kunsthistorikerin und nur die wenigsten Ihrer Kommilitonen werden das verdienen, was ein Anwalt selbst ohne Prädikatsexamina verdient. Das macht ihre Aufgabe aber nicht geringwertiger.
Die Lösung kann daher nicht sein, einen absoluten Betrag zur Verfügung zu stellen oder die Kosten des Studiums absolut in Rechnung zu stellen. Dies würde die Leute dazu bringen, ein Fach zu wählen, bei dem die Wahrscheinlichkeit hoch ist, viel Geld zu verdienen.
Vielmehr ist es sinnvoll, die Studiengebühren anteilig am späteren Gehalt zu bemessen. Jeder zahlt 10 Jahre lang 10% seines Gehaltes, sobald dies 25.000€ brutto übersteigt. Hohes Einkommen - viel Rückzahlung, geringes Einkommen - geringe Rückzahlung, kein Einkommen - keine Rückzahlung. Auch das ist natürlich Umverteilung, keine Frage. Allerdings erlaubt dieses System jedem, gleich welcher Herkunft und unabhängig von seiner finanziellen Situation das Fach zu studieren, das ihn fasziniert. Er muss nicht einen Kredit abstottern, falls er arbeitsunfähig wird, einen Master anhängt, oder sich entscheidet, in Vollzeit sein Kind zu erziehen. Gleichzeitig wird der Jurist, der bei Freshfields, oder der BWLer, der bei BCG anfängt, durch seine Querfinanzierung dazu beitragen, dass unsere kulturelle Landschaft nicht abflacht und es Menschen gibt, die sich mit unserem gesellschaftlichen Erbe auseinander setzen. So trägt jeder nach seinen Möglichkeiten ein Stückchen bei. Das scheint mir gerecht.
Ich bin da zwar persönlich befangen, glaube aber dennoch dass dieses System ein überzeugender Kompromiss ist. Das erforderliche Maß an Umverteilung (und Beteiligung Privater an der Finanzierung des Bildungssystems) ist ein akzeptabler Preis für den gesamtgesellschaftlichen Nutzen.
19.900€ von den 20.000 werden bei 85% der heutigen Jugend in ein Auto angelegt und der Rest versoffen.
So einen Schwachsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Gerade die Bildungsfernen Familien, die durchaus zahlreiche Angebote für Ihre Kinder wahrnehmen könnten, interessieren sich einen Dreck für die Chancen Ihrer Kinder. Selbst das Ministerium der Gutmenschen Von der Leyen und Schröder fand es zu gewagt, denen Geld in die Hand zu drücken. Dafür vermehren sich aber gerade diese wie die Karnickel, weil es scheinbar einfacher ist, Kindergeld zu kassieren als arbeiten zu gehen.
Das ist in der Tat sehr polemisch gelungen. Vielleicht mag es einige Fälle geben, in denen das Kindergeld ein Argument ist, sich wie Karnickel zu vermehren. Dennoch finde ich die Ausdrucksweise eher unangemessen. Möglicherweise hast du schlechte Erfahrungen gemacht und aufgrund meines Hintergrundes fühle ich mich auch persönlich genötigt zu sagen: Die bildungsnähe, oder -ferne einer Familie lässt keinerlei Rückschluss über die Qualität der Erziehung zu.
Ich treffe wöchentlich Menschen, die wirklich am Existenzminimum leben, und dennoch alles geben, um ihren Kindern beizubringen, dass ein Ausweg möglich ist. Sätze wie diese, mögen auf den ersten Blick, und nach dem was man (selbst renomierten und angeblich Qualitäts-) Zeitungen und dem Fernsehen entnehmen kann stimmen, sind aber ein Schlag ins Gesicht aller, die anders sind.
Zum Thema lässt sich noch hinzufügen, dass Subventionen aller Art zu Fehlanreizen in welchem System auch immer führen. Aktuell haben wir ein kostenfreies (ausser Opportunitätskosten) Akademisches Bildungssystem, ohne direkten Sanktionen bei 'Schluderei'. Die berufliche Fortbildung ist nicht kostenfrei trotz schlechterer Refinanzierungsaussicht der Fortbildungswilligen.
Ein Budget ( welches selbstverständlich kein Bargeld sein darf ) als Willkommensgeschenk für jedes Neugeborene würde die Subvention beschränken und gerecht verteilen. Auch solche, die keinen Bildungsdrang haben könnten sich ja - sofern wir nicht pessimistisch sein wollen - durch dieses Zweckgebundene Kapital motivieren?
Grundsätzlich ist es meiner Meinung nach immer schlecht, wenn der Staat Geld verteilt.
Wenn es darum geht Kindern, unabhängig vom sozialen Hintergrund gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, bin ich auch sehr auf deiner Seite. Es gibt ja auch bisher schon ein breites Angebot an Möglichkeiten Mitgliedschaften in Sportvereinen oder Musikschulen bezuschussen zu lassen. Ich finde diese Möglichkeiten sollten ausgebaut werden. Außerdem muss in allen Fällen, in denen dies nicht in Anspruch genommen wird, zum Wohl des Kindes geprüft werden, ob das Kind vielleicht gern Gitarre spielen würde und es nur nicht kann, weil die Eltern es nicht schaffen sich über Angebote zu informieren. Auch das ist ein tiefer Eingriff des Staates in die Erziehung, aber ich wäre bereit diesen zu akzeptieren, wenn damit benachteiligten Kindern die Möglichkeit gegeben wird, teilzuhaben.
Das ist aber doch, meiner Meinung nach, eines der grundlegenden Probleme.
Es kostet nichts, lernen muss man im Grunde auch nicht mehr und wenn man im 158. Semester altmesopotamische Astrologie studiert ist es auch ok.
Das gilt selbstverständlich nicht für alle, aber die meisten deutschen Studenten sind einfach "fett und faul" geworden, weil es Ihnen zu gut geht. Sie beschweren sich, das Sie arbeiten müssen ( ein normaler Zustand für viele Amerikaner bis zum 60 Lebensjahr, die zwei oder mehr Jobs haben ), Deutschland hat die niedrigste Quote an Auslandssemestern europaweit ( man will ja abends seine Freunde treffen) und die Studienzeiten sind viel zu lang ( Eine Freundin von mir war erst mit 28 fertig, weil Sie im Jurastudium allein 1,5 Jahre zwischen den Staatsexamen rumsitzen musste ) Das spielt im Grunde sowieso keine Rolle, weil die Kinder ja schon einen Anfall kriegen, wenn man Ihnen später einen Job anbietet, der mehr als 50 km entfernt ist oder, Gott bewahre, man sogar umziehen müsste.
Ich glaube da hast du ein falsches Bild von vielen Studiengängen. Die Mehrheit der Kommilitonen, die ich z.B. über die Stiftung kennen lerne, berichtet, dass wissenschaftliches Arbeiten kaum noch möglich ist. Es geht nur noch um's Bulimielernen, um Module abzuschließen und Credits zu verdienen. Ein Überschreiten der Regelstudienzeit kommt nicht in Frage, weil dann die Förderung durch die Stiftung wegfällt und außerdem gilt man ab dem 3. Semester über der Regelstudienzeit (die i.d.R. 6 Semester beträgt) als nicht mehr zielstrebig und wird schwieriger einen Job finden.
Dennoch geht es vielen Studenten natürlich sehr gut, keine Frage. Auch, dass ich (insbesondere von politisch eher linken Kommilitonen) komisch beäugt werde, wenn ich erkläre, dass ich 40 Stunden im Monat nebenher arbeite, ist ein merkwürdiger Umstand.
Was die räumliche Flexibilität angeht glaube ich aber auch, dass du dich täuschst. Ich kenne natürlich nur den Alumni-Verein meiner Hochschule, aber die Damen und Herren bleiben keineswegs nur in Good-Old-Germany und am besten nicht weiter als 5 Minuten zu Fuß vom elterlichen Haus entfernt.
"Früher" war man bestrebt, einen möglichst guten Abschluss oder Lehre zu haben, damit es einem "mal bessergeht". Heute ist das völlig egal, weil es denen doch generell zu gut geht. Die Deutschen, verallgemeinert, sind einfach nicht mehr hungrig. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Aber sobald eigenes Engagement gefordert ist, wird es zumeist schwierig.
Sicher ist es in anderen Ländern auch nicht rosig, es geht auch nicht um die Qualität des Studiums oder der Ausbildung.
In Deutschland gibt es kaum Stipendien, und wenn, wird das nicht kommuniziert. Auch Möglichkeiten für Zuschüsse müssen sich die Studenten selbst herausfinden. Dafür wird der Mangel verwaltet und an Ausrüstung, Technik und Dozenten gespart.
Hinzu kommt, das sich verschiedene Problemkreise vermischen. Neben dem demographischen Wandel und der Globalisierung werden Muskeljobs immer dahin gehen, wo Arbeit billig ist - und das wird nie mehr Deutschland sein. Es ist aber auch nicht hilfreich, wenn jeder grenzdebile Analphabet Abitur machen kann. Mein Eindruck ist leider, das gerade die aber immer mehr werden.
Ja, das sehe ich auch so. Ehrgeiz ist weniger vorhanden, den Leuten ist ein schönes Leben und eine gute Work-Life-Balance wichtiger. Ob das verwerflich ist? Ich weiß es nicht. Dann muss man eben damit Leben können, dass die Bedeutung unseres Landes in Zukunft abnimmt.
Dass es abseits der 12 Begabtenförderungswerke kaum Stipendien gibt ist in der Tat bedauernswert. Auch bedauernswert ist, dass das Stipendium vom Einkommen der Eltern abhängt - warum ist meine Leistung weniger wert, wenn meine Eltern viel Geld haben? Das ist aber nicht nur staatlicher Fehler. Meiner Meinung nach ist in den Kreisen, die genügend Geld zum Stiften hätten (in denen ich aber auch nicht ein- und ausgehe und daher nur mutmaßen kann) "social commitment" einfach nicht im Trend. Das ist traurig, weil der Gesellschaft mit Bildung wohl nachhaltiger geholfen ist, als mit dem 500. Kammerorchester, oder der 200. van Eyck Ausstellung.
Das ist sicher ein extrem komplexes Thema, bei dem auch immer die persönliche Betroffenheit und Erfahrung eine große Rolle spielt und deswegen nur bedingt für ein Forum geeignet.
Jup. Aber interessant andere Meinungen zu hören und darüber zu diskutieren finde ich es trotzdem.