The American
Gesperrt
@HarveySpector, Kimeter, Classic & alle Hobelbesitzer und -nutzer:
Ich habe so gar keine Erfahrungen mit Hobeln. Was mich interessieren würde: Inwiefern unterscheidet sich für Euch persönlich die Rasur mit einem Hobel vom Einsatz der üblichen Plastikklingen von Gilette & Co?
Ist es mit dem Hobel gründlicher? Angenehmeres Hautgefühl? Weniger Reizungen? Oder einfach nur der Spareffekt gegenüber den hohen Klingenpreisen?
Bei meinem Umstieg vor ca. einem Jahr von Mach3 und Dosenschaum auf Messer mit Seifentiegel habe ich mich jedenfalls während der doch nicht unerheblichen Umgewöhnungsphase schon das eine oder andere Mal gefragt, warum mich die Messerrasur eigentlich so fasziniert. Schließlich sind ihre Nachteile auch nicht von der Hand zu weisen:
- Die Messerrasur dauert meist länger und erfordert mehr Vor- und Nachbereitung.
- Das Ergebnis variiert je nach Schärfe und Art der eingesetzten Klinge, den verwendeten Produkten sowie der eigenen Tagesform zwischen "Perfekt" und "Aua".
- Seife, Pinsel, Messer inkl. Abzieh- und Schärfequipment: Profitiert man letzten Endes wirklich von einem finanziellen Spareffekt gegenüber den teuren Industrie-Ersatzklingen und -Dosenschäumen? Und wenn obendrein das Sammelvirus zuschlägt, rückt der Break-Even sowieso in weite Ferne.
- Für eine ordentliche Messerrasur wie zuhause muss man schon etwas Raum im Reisegepäck mit einplanen.
Ich habe mich also ernsthaft gefragt, warum für mich trotz all dem keine andere als die Messerrasur für mich infrage kommt. Hier einige meiner ganz persönlichen Gründe.
Rasiermesser sind einige dieser wenigen Dinge im Leben, die den ihnen zugedachten Zweck über Jahre, Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte erfüllen - und davon gibt's leider immer weniger. Wer einmal erlebt hat, wie sich bei einem alten, unscheinbaren, rostigen und verwahrlosten Aschenputtel von Klinge durch sorgfältiges Säubern, Polieren, Schärfen und evtl. neue Schalen wieder genau die Fähigkeiten entfalten, die man ihr ursprünglich in die Wiege gelegt hat, der merkt, dass all der lieb- und leblose Konsummüll um ihn herum solche Aha-Erlebnisse nicht bieten kann. In diesen Messern steckt eine Geschichte, eine alte Kraft, die man wieder zum Leben erwecken und für sich nutzen kann - ich denke, genau das ist das Faszinierende und Befriedigende daran.
Oft stellt man erst nach dem "Zureiten" erstaunt fest, welcher Charakter in diesem alten Stahl steckt. Ein elegant-feinschneidiges Rennpferd, das im offenen Gelände mühelos Meter macht, auf der Langstrecke oder bei dichtem Gestrüpp aber schon mal bockt. Ein behäbiger, gutmütiger Kaltblüter, der kraftvoll und stoisch seine Bahnen zieht. Ein goldschimmernder Schönling aus erstklassiger Zucht, der nur dann so richtig zur Höchstform aufläuft, wenn man ihm all seine Zicken verzeiht und ihn einfach laufen lässt.
Fakt ist: Der Akt der Rasur an sich hat sich für mich verändert, ihr Stellenwert in meinem Alltag, die Art und Weise, wie ich sie betreibe. Sie hat sich von einer lästigen "Vorher stoppelig – nachher glatt"-Pflichtübung zu einem ruhigen, bewussten, fast Zen-mäßigen Ritual gewandelt, das seine Routinen und Zeit braucht und mir auch Feedback über meine eigene momentane Konstitution gibt. Mit anderen Worten: Eine Messerrasur involviert und fordert ihren Anwender wesentlich mehr als eine Dreifachklingen-Schur nach Schema F - und gibt ihm dafür das gute Gefühl, etwas Schönes, Sinnvolles, Wohltuendes für und an sich selbst verrichtet zu haben, statt nur eine Notwendigkeit über sich ergehen zu lassen.
Das mag jetzt alles vielleicht sehr philosophisch klingen, aber eigentlich ist die Rasur doch nur ein Beispiel von vielen dafür, wie unterschiedlich man die Dinge tun kann: offen, konzentriert und "bei der Sache" - oder Dienst nach Vorschrift mit minimalem Aufwand. Ob man nun die Messerrasur zelebriert, Oldtimer restauriert, einen Garten anlegt oder sonst etwas Schönes mit seiner Hände Arbeit schafft, ist letztlich egal. Was zählt ist, ein Stück von sich selbst zu investieren, damit es wachsen kann.
Ich hoffe, Ihr verzeiht mir diese kleinen Ausschweifungen - ich wünsche Euch noch einen guten Wochenanfang und viel Erfolg und Befriedigung bei allem, was Ihr tut!
Viele Grüße,
The American
Ich habe so gar keine Erfahrungen mit Hobeln. Was mich interessieren würde: Inwiefern unterscheidet sich für Euch persönlich die Rasur mit einem Hobel vom Einsatz der üblichen Plastikklingen von Gilette & Co?
Ist es mit dem Hobel gründlicher? Angenehmeres Hautgefühl? Weniger Reizungen? Oder einfach nur der Spareffekt gegenüber den hohen Klingenpreisen?
Bei meinem Umstieg vor ca. einem Jahr von Mach3 und Dosenschaum auf Messer mit Seifentiegel habe ich mich jedenfalls während der doch nicht unerheblichen Umgewöhnungsphase schon das eine oder andere Mal gefragt, warum mich die Messerrasur eigentlich so fasziniert. Schließlich sind ihre Nachteile auch nicht von der Hand zu weisen:
- Die Messerrasur dauert meist länger und erfordert mehr Vor- und Nachbereitung.
- Das Ergebnis variiert je nach Schärfe und Art der eingesetzten Klinge, den verwendeten Produkten sowie der eigenen Tagesform zwischen "Perfekt" und "Aua".
- Seife, Pinsel, Messer inkl. Abzieh- und Schärfequipment: Profitiert man letzten Endes wirklich von einem finanziellen Spareffekt gegenüber den teuren Industrie-Ersatzklingen und -Dosenschäumen? Und wenn obendrein das Sammelvirus zuschlägt, rückt der Break-Even sowieso in weite Ferne.
- Für eine ordentliche Messerrasur wie zuhause muss man schon etwas Raum im Reisegepäck mit einplanen.
Ich habe mich also ernsthaft gefragt, warum für mich trotz all dem keine andere als die Messerrasur für mich infrage kommt. Hier einige meiner ganz persönlichen Gründe.
Rasiermesser sind einige dieser wenigen Dinge im Leben, die den ihnen zugedachten Zweck über Jahre, Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte erfüllen - und davon gibt's leider immer weniger. Wer einmal erlebt hat, wie sich bei einem alten, unscheinbaren, rostigen und verwahrlosten Aschenputtel von Klinge durch sorgfältiges Säubern, Polieren, Schärfen und evtl. neue Schalen wieder genau die Fähigkeiten entfalten, die man ihr ursprünglich in die Wiege gelegt hat, der merkt, dass all der lieb- und leblose Konsummüll um ihn herum solche Aha-Erlebnisse nicht bieten kann. In diesen Messern steckt eine Geschichte, eine alte Kraft, die man wieder zum Leben erwecken und für sich nutzen kann - ich denke, genau das ist das Faszinierende und Befriedigende daran.
Oft stellt man erst nach dem "Zureiten" erstaunt fest, welcher Charakter in diesem alten Stahl steckt. Ein elegant-feinschneidiges Rennpferd, das im offenen Gelände mühelos Meter macht, auf der Langstrecke oder bei dichtem Gestrüpp aber schon mal bockt. Ein behäbiger, gutmütiger Kaltblüter, der kraftvoll und stoisch seine Bahnen zieht. Ein goldschimmernder Schönling aus erstklassiger Zucht, der nur dann so richtig zur Höchstform aufläuft, wenn man ihm all seine Zicken verzeiht und ihn einfach laufen lässt.
Fakt ist: Der Akt der Rasur an sich hat sich für mich verändert, ihr Stellenwert in meinem Alltag, die Art und Weise, wie ich sie betreibe. Sie hat sich von einer lästigen "Vorher stoppelig – nachher glatt"-Pflichtübung zu einem ruhigen, bewussten, fast Zen-mäßigen Ritual gewandelt, das seine Routinen und Zeit braucht und mir auch Feedback über meine eigene momentane Konstitution gibt. Mit anderen Worten: Eine Messerrasur involviert und fordert ihren Anwender wesentlich mehr als eine Dreifachklingen-Schur nach Schema F - und gibt ihm dafür das gute Gefühl, etwas Schönes, Sinnvolles, Wohltuendes für und an sich selbst verrichtet zu haben, statt nur eine Notwendigkeit über sich ergehen zu lassen.
Das mag jetzt alles vielleicht sehr philosophisch klingen, aber eigentlich ist die Rasur doch nur ein Beispiel von vielen dafür, wie unterschiedlich man die Dinge tun kann: offen, konzentriert und "bei der Sache" - oder Dienst nach Vorschrift mit minimalem Aufwand. Ob man nun die Messerrasur zelebriert, Oldtimer restauriert, einen Garten anlegt oder sonst etwas Schönes mit seiner Hände Arbeit schafft, ist letztlich egal. Was zählt ist, ein Stück von sich selbst zu investieren, damit es wachsen kann.
Ich hoffe, Ihr verzeiht mir diese kleinen Ausschweifungen - ich wünsche Euch noch einen guten Wochenanfang und viel Erfolg und Befriedigung bei allem, was Ihr tut!
Viele Grüße,
The American