Ich hatte sogar mal das wirklich große Vergnügen, zur besten Kaffeezeit, Torten mit
Messer und Gabel zu genießen. Das hatte was.
Und auf Großtantens (Jahrgang 1885) Kaffeetafel stand zusätzlich stets die Tasse (sc. auf der Untertasse) links vom Kuchenteller, und auch näher am Tischrand, der Kuchenteller hingegen etwas weiter weg. Heut stehen beide allgemein üblich exakt vertauscht angeordnet. War früher häufig (generell?) so, weil die Linke die Untertasse samt Tasse heranhob, und erst von der angehobenen Untertasse aus wurde mit der Rechten die Tasse zum Mund geführt. So noch bis Anfang der Siebziger erlebt. Besteck, Geschirr und Erinnerung daran sind mir geblieben, diese Sitte nicht.
Das Problema: Der ganze Tischzauber ließ sich früher allenthalben ein gerüttelt Maß leichter vermittels der "Leute" (i. e. der Bediensteten) bewältigen. Köchinnen und Dienstmädchen kauften, kochten, servierten, putzten etc.
Die allermeisten von uns müßten heute doch Ihre eigenen Dienstboten spielen, um auch nur partiell gleichen Zauber zu entfalten. Alleine sämtliches laufend benutzte Silberzeug nicht nur außen, sondern auch innerlich glitzernd zu halten, ist mir schon ein arg nervtötendes Ding - nur mal an die Eingeweide von Teekannen zu denken (z. B. Queen-Anne-Dekor mit teuflisch vielen Rillen)!
Heutiger besonderer Aufwand bei den Tischgebräuchen scheint mir drum eine Angelegenheit recht individuellen Dafürhaltens, ohne daß da viel gemeingültigen Maßstabs auszumachen wäre. Je mehr stilsicherer Aufwand (an Silber, Decken, Platzkarten, Menukarten, Servietten, Porzellan, Gläsern, Messerbänken, Milieu de Table nebst sonstigem Tafelschmuck etc.) desto dekorativer, doch ebenso zumeist desto kraft-, zeit-, geldraubender. Mir jedenfalls liegt an der Atmosphäre weitaus mehr, denn am Glanz. Der Letztere nützt gar nix, wenn's am Ersteren hapert. Beides indes zusammenkommend ist unübertrefflich, vorausgesetzt die Kleidung paßt auch noch dazu - womit wir wieder beim Hauptthema im Stilmagazin angekommen wären.