Sehr guter Punkt, habe ich so noch gar nie betrachtet, obwohl natürlich offensichtlich. Insofern sind zu gute Messer sogar kontraproduktiv ...
Kommt drauf an. Wer sich mit der Tätigkeit des Messerschärfens beschäftigt hat wird mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit in der Lage sein ein Messer so scharf zu bekommen, dass es für den Alltag reichen würde. Dazu braucht man nicht mal besonderes Werkzeug, das schaffe ich mit jedem Keramikteller.
Nun ist es aber wie beim Schuhputz, erst die perfekte Politur stellt den Enthusiasten zufrieden. Ein Schnellschärfer mit Keramik (bitte nie Hartmetall, das ist Gift für jede Klinge) kann durchaus gute Dienste leisten, das 15 Euro Ding mit den drei Keramikrädern von IKEA reicht den meisten locker. Das ist dann Kiwi Schuhpflege für Messer quasi. Ein durchschnittlich hartes Messer wird so recht schnell brauchbar gut scharf. Mehr MUSS nicht sein.
Aber wenn man das möchte, dann kann man mit viel Übung und höherem Geldeinsatz für das Material wesentlich bessere Ergebnisse erzielen. Angefangen bei simplen Geräten der oberen Mittelklasse wie dem Sharpmaker oder den Lansky Systemen bis zu Edelsystemen wie dem Wicked Edge oder gar eine Tormek Maschine, von einfachen Wassersteinen über Diamantschärfer bis hin zu Natursteinen feinster Körnung, das Waffenarsenal der Messerschärfer ist riesig. Und wie der Schuhputzfan es zelebriert mit seinen Mittelchen, Tüchern, Bürsten und Geheimtricks die perfekte Wasserglanzpolitur zu zaubern, so kann jemand mit Leidenschaft Stunden darauf verwenden extrem harte Stähle in vielen Zwischenschritten auf eine extrem feine Schneide mit polierter Fase zu bringen. Das ist praktisch sinnlos, denn diese maximale Schärfe wird mittels extrem feinem Ausschliff erzielt, der naturgemäß nicht lange so fein bleibt. Man macht sich die Arbeit also dafür, für einen kurzen Zeitraum ein unnötig gutes Ergebnis zu erzielen.
Wenn ich nun ein sehr hartes und schnitthaltiges Messer nicht selber schleifen will oder kann, aber Zeit und Geld habe es einem echten Profi anzuvertrauen, dann kann ich das getrost tun, und habe selbst bei nur zweimaligem Profischliff im Jahr in aller Regel sehr scharfe Messer. Oder ich schleife selbst, dann kann ich weichere Stähle wählen, öfter schnell und einfach nachschleifen und habe ebenso scharfe Messer mit mehr Arbeitsaufwand, aber geringerem Geldeinsatz. Oder ich bin Enthusiast und habe mit maximalem Arbeitsaufwand und maximalem Geldeinsatz das optimale Ergebnis.