Kleine Fragen, schnelle Antworten

Ansonsten noch viel Spaß und Erfolg bei der angewandten Vorurteilsforschung.
Macht nicht die Vorurteilspflege nicht viel mehr Spaß, fast so viel wie die Schuhpflege, und bringt nicht die Verbindung beider die absolute Lustmaximierung?

Brecht hätte es vielleicht so formuliert: „Was ist schon die Erforschung eines Vorteils im Vergleich zur Pflege eines solchen?“
 
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Ich hab grad mal bei Shoepassion nach Schuhen geschaut aber irgendwie haben die Größen die ich brauch alle eine Lieferzeit von bis zu 10 Wochen. Dauert das echt so lang? Und wie ist es dann mit einem eventuellen Retoure?
 
Ja, die Sale Schuhe können manchmal so lange brauchen, wenn sie gerade nicht verfügbar sind. Kommen aber irgendwann. Rücksendezeitraum startet natürlich erst ab Ankunft bei dir.
 
Du meinst also dass du eh nie in die Verlegenheit kommst, irgendwo "out of place" zu wirken weil du sowieso nur in Szenen / Lokalitäten unterwegs bist, in denen alle so angezogen sind, oder es zumindest einordnen können weil sie aus derselben sozialen Schicht kommen?
Ich halte es für irrelevant, darüber nachzudenken, ob ich irgendwo "out of place" wirke, weil es erstens bei intensiveren öffentlichen Sozialkontakten nicht vorkommt, weil man sich innerhalb einer verwandten sozialen Blase bewegt, und zweitens im Freundes- und Bekanntenkreis es jedem gleichgültig ist, was ich trage, weil er/sie meine Vorlieben kennt und quasi durch meine Kleidung hindurch sieht. ;) Bei flüchtigen sozialen Kontakten ist es komplett egal, in beide Richtungen.

Einerseits sagst du, dass die Assoziation mit Nadelstreifen heutzutage eigentlich käse ist, weil das Vergangenheit ist und man selbst definiert den Kontext.
Andererseits verfolgst du ein kohärentes Outfit basierend aus historisch bedingten Regeln (z.B. Seersucker ist prep und trägt man nur mit white bucks oder spectators, Nadelstreifen und Sneaker passt aufgrund des Formalitätsgrades nicht) und sagtest bis vor Kurzem noch, dass es keine "Casual Anzüge" gibt. Irgendwie hinkt die Logik.
Da ist keine Logik drin. Ein traditionell kohärentes Outfit trage ich, weil es als Kleidungsfreak mehr Spaß macht, es kohärent zu tragen als irgendwie. Nicht nur der Pokal im Fußball, auch die Sartorialistik hat ihre eigenen Gesetze. ;) Das hat keinen sozialen Kontext, außer dass andere sartoriale Kleidungsfreaks wissend nicken, wenn sie das hören und sehen, und es auch i.A. ästhetisch besser passt. Historische Filter haben zwischenzeitliche Fehlentwicklungen meist schon über den Zeitverlauf korrigiert.

Ich finde es gut und erstrebenswert dass jeder machen kann was er möchte. Aber Kleidung ist immer Kommunikation, und man sendet außer "ich bin eine gefestigte Persönlichkeit" (das du gerne betonst zu senden) auch noch andere Messages. In einem sozialen Setting sendet man mit Anzug und Krawatte, wenn jeder mit T-Shirt und Jeans da ist, dass man sich selbst vom sozialen Setting ausnimmt und sein eigenes schafft, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. Man nimmt sich quasi selbst wichtiger als seine Peers. Diese Perspektive kommt leider häufig zu kurz, wenn man Neulingen sagt "zieht an was ihr wollt, ich gehe auch mit Anzug zum Bäcker".
Beim Bäcker, im Restaurant oder bei einem Bluesrock-Konzert (für mich relevant ;)) treffe ich keine "Peers", sondern mir völlig unbekannte Personen, zu denen ich keine Beziehung unterhalte, außer dass wir uns für das gleiche Produkt interessieren. Warum sollte mich da ein Bekleidungsunterschied so stören, dass ich mich voreilend an einen dort vermuteten kleinsten gemeinsamen Nenner anpasse? Wer nimmt überhaupt wahr, dass ich damit "auf andere Rücksicht nehme"? Ich halte das für eine eklatante Fehleinschätzung der Bedeutung des eigenen öffentlichen Auftritts für andere. Im musikalischen Beispiel kommt noch dazu, dass man eine offensichtliche emotionale Gemeinsamkeit hat, die viel stärker wirkt als jede Kleidung.

Und wie weit soll es gehen? Nehmen wir mal an, ein italienisches "Standard"-Restaurant bietet - relativ teuer, ist bei Kalbfleisch halt so - ein Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln auf seiner Karte an. Ich habe da gerade Lust drauf. Darf ich es bestellen und riskieren, die anderen Gäste zu brüskieren, die alle Pizza & Pasta essen? Zeige ich ihnen damit nicht einen nonverbalen kulinarischen und sozialen Mittelfinger? Nehme ich mich damit nicht wichtiger als meine versammelten Peers? ;) Verstehe mich richtig, ich will Deinen Standpunkt nicht ins Lächerliche ziehen, Du verbindest damit wahrscheinlich beste Absichten. Ich transponiere ihn nur in einen anderen Zusammenhang, wo er schwerer verbergen kann, dass er keine rationale Basis hat.

Zu verneinen dass es soziale Schichten gibt halte ich für empirisch bewiesenen Unfug. Sie verändern sich, weil sich z.B. die Arten des Reichtums (Reich an Möglichkeiten, Finanzieller Unabhängigkeit oder auch Reich an bisher erlebtem Konsum etc.) und Statussymbole sich verändern (Bildung, Zeit oder Gesundheit sind heutzutage Statussymbole geworden)

Und wenn man nie in einem Restaurant Marke "Deutsche Wirtschaft" essen geht, dann lebt man eindeutig in einer bestimmten Schicht. Denn es gibt viele, die gehen nie auswärts essen, es gibt sehr viele die gehen in rustikale und ehrliche Restaurants, und es gibt Personen die nur Fuß in Restaurants ab einem gewissen Qualitätsniveau setzen. Diese Lifestyles werden von verschiedenen Gruppen gepflegt. Natürlich gibt es Überschneidungen, aber das beweist nicht dass es keine Schichten gibt. Es ist die Frage wie man diese definiert. Und meistens geht dies nach Geld / Teilhabe und damit einhergehend sozialen Events.
Mal abgesehen davon, dass ich sehr viele sog. rustikale Restaurants bzgl. ihrer Speisenzubereitung und der Auswahl ihrer verwendeten Ausgangsprodukte für ausgesprochen unehrlich halte (die Ausnahmen bestätigen die Regel und haben ökonomisch betrachtet auch häufig nicht lange Bestand), stimme ich Dir ohne weiteres zu, ja, es gibt soziale Schichten. Aber was hat das damit zu tun, wie ich mich im öffentlichen Raum anziehe?

Ich glaube, was Du eigentlich ausdrücken willst, ist, dass Angehörige von, sagen wir mal, besser gestellten Schichten eine gewisse Grundschuld mit sich herumtragen, die sie verstärken, wenn sie die Tatsache ihrer höheren monetären Potenz im Kontakt mit den Schichten "unter ihnen" über die soziale Kommunikation von Kleidung (und jeden anderen sichtbaren Ausdruck von etwas, was andere als Wohlstand oder Status wahrnehmen könnten) öffentlich machen. Dem würde ich nicht zustimmen, weder ethisch noch rational. Ich habe zudem schon angedeutet, dass besagte Schichten im Alltag wenig Interaktion miteinander pflegen. Am extremsten ist das bei der Oberschicht, die in Deutschland nahezu unsichtbar im Leben anderer Menschen ist, und ausschließlich miteinander in sorgfältig abgeschlossenen Arealen interagiert.
 
Rollkragen Pullover haben mich noch nie so ganz erwischt, nun denke ich doch darüber nach (Merino). Welche Farbe würdet ihr empfehlen?
 
Rollkragen Pullover haben mich noch nie so ganz erwischt, nun denke ich doch darüber nach (Merino). Welche Farbe würdet ihr empfehlen?

Bei mir ist immer das Problem, dass sie mir am Hals zu eng anliegen. Starte gerade aber auch mal wieder einen Versuch. Würde mit Basisfarben anfangen also dunkelblau, graubraun (also ein schönes beige) und ggf. auch schwarz.
 
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