Jondral bitte nach Berlin!

Berlin ist eine tolle Stadt! Ich lebe gerne da.
Aber es ist, aus dem Blickwinkel eines Liebhabers feiner Herrengarderobe, die sich weniger an den schicken Labels, sondern an gutem, zumal italienischem Handwerk orientiert, leider eine Wüste.

Berlin hat viel zu viel vom Immergleichen. Ich bekomme Ralph Lauren im KaDeWe, bei Peek & Cloppenburg, bei Ansons, bei Galery Lafayette. Dito Hilfiger, Lacoste, van Laack.

Im preislichen High End haben wir zwar einige Läden, die vieles bieten: Kein Problem, in Berlin Armani, Prada, Gucci etc. zu bekommen.

Doch wenn ich mich auf Suche mache nach Borelli-Hemden, wird es schon eng. Die schöne neapolitanische Hemdenfirma Finamore führt in ganz Berlin niemand. Eine Krawatte von RODA zu kaufen, gar eine schöne (typisch italienische) Strickkrawatte in Cashmere - ein Ding der Unmöglichkeit.

Es gibt ein einziges Geschäft, da finde ich auch z.B. mal eine Marke wie Caruso. Aber da hängt dann ein Jacket...Das war's!

Traurig, traurig!

Warum ist das in Berlin so? Wie kann es sein, dass es z.B. in Hannover gar mehrere solcher Geschäfte gibt, von denen ich träume?

Geschäfte, die das Besondere haben? Die kleinen, aber feinen Hersteller? Die Marken, die keiner kennt, die aber tolles Design, gutes Handwerk bieten? Im besten Fall sogar noch bezahlbar sind?

Hemden von Finamore, Jacketts von Messagerie, Strümpfe von Bresciani?

Ich habe nix gegen Etro, Prada, und Gucci. Aber ich will auch was anderes sehen als Etro, Prada und Gucci. Eine grauenhafte sartoriale Monokultur!

Zurück nach Hannover: Möller&Möller, Schlösser und natürlich Jondral. Herrliche Geschäfte!

Und da ich neulich in einem Interview mit Michael Jondral las, dass er davon träume, ein Geschäft mit Attolini zu eröffnen, rufe ich jetzt: Das braucht es gar nicht!!! Einfach einen zweiten Michael-Jondral-Laden in Berlin aufmachen!

Jondral nach Berlin! Das muss die Parole sein!

Lieber Herr Jondral: Einen treuen Kunden haben Sie jetzt schon - und das, obwohl sie noch gar nicht da sind.

A.E.
 
Was soll Jondral in Berlin? Deutschland ist ja schließlich nicht zentralistisch organisiert.

Die Parole lautet also: Berliner nach Hannover!

Viele Grüße,
E.W.
 
So wie ich Berlin, zugegeben oberflächlich, kennen gelernt habe, konnte ich nur maximal homöopatische Dosen von stilvoller Herrenkleidung erkennen. Auch in den Jahren der Teilung und seitdem ist Berlin nie als deutsche Stilhochburg in Erscheinung getreten. Und wenn ich mir unsere Politiker und Ministerialbeamten so ansehe, hmmm...ist wohl ein Nachfrageproblem.
 
Genauso meinte ich es, danke lieber Ludwig. Dieses "Problem" hat aber nicht nur Berlin, das ist eine deutschlandweite Epidemie :D
 
Grundsätzlich stimme ich Dir zu, allerdings gibt es deutliche Unterschiede. Ich sehe z.B. in Düsseldorf oder in München deutlich mehr gut gekleidete Männer als in Berlin. Die größeren Städte der Ostländer sind (bis auf vielleicht Dresden) ebenfalls stilistische Diaspora. In Hamburg ist auch viel gehobenes Niveau zu finden.

Egal, ein aus Hamburg stammender und in Berlin tätiger Porsche-Verkaufsleiter hat es mir gegenüber einmal so ausgedrückt: "Mal abgesehen von der Friedrichstraße und ein zwei weiteren Highlights ist Berlin Armut pur!"

Ich kann das nicht verifizieren, lasse es aber einmal als interessante Ansicht hier stehen.
 
'Armut pur' ist übertrieben, auch wenn es stimmt, dass das Einkommensniveau im Schnitt eher niedrig ist - ein großer Teil der Berliner lebt von staatlichen Transferleistungen, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Ich würde eher sagen, dass in Berlin die Kluft zwischen Arm und Reich z.T. besonders stark ausgeprägt ist. Auch dort gibt es die 'Bonzen' im Grunewald etc., welche nicht nur Politiker sind.

Berlin hat trotzdem sehr viel Charme, aus vielerlei Gründen. Es gibt sehr wenige Städte weltweit, die ich lieber bereise.
 
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