Ich muss vorwegschicken, dass ich begeisterter Jäger bin. Bereits als Junge habe ich wie ein Schwamm alles Wissen aufgesogen was mir die Alten zuteilwerden ließen und selbstverständlich gleich mit 15 meinen Jugendjagdschein gemacht. Seitdem hat mich die Jagdleidenschaft nicht losgelassen. Ob daheim vor der Haustür in meinem eigenen rheinhessischen Niederwildrevier, wo Jagd eher „gearbeitet“ wird, ob auf Flugwild in England wo man die Jagd zelebriert oder im Gebirge auf der Gamsjagd wo die Kulisse fast mehr als alles andere zählt, ich bin leidenschaftlicher Allesjäger. Sehr zum Leidwesen meiner Familie hält es mich nicht im Haus, wenn das Laub im Herbst bunt wird oder im Winter sogar Schnee fällt.
Ich halte den Jagdschein nicht für eine Hürde die einen finanziell noch intellektuell zu sehr fordert, als dass man sie nicht nehmen könnte. Allenfalls zeitlich könnte es ein Problem werden, denn auch wenn man meint per crash-Kurs die Familie und den Arbeitgeber besänftigen zu können wird man feststellen, dass die Jagd an sich – richtig betrieben – was den Zeitaufwand angeht mit nahezu keiner anderen Freizeitbeschäftigung vergleichbar ist. Auch finanziell fordert diese Leidenschaft Opfer; und zwar nicht erst dann wenn man wie Grimod im absoluten Flintenolymp unterwegs ist.
Ansonsten vielleicht ein paar kurze Bemerkungen zu Aussagen hier im Thread:
Das Aufbrechen/Versorgen: Gehört dazu. Wer es nicht kann soll tatsächlich gleich die Finger von der Jagd lassen. Bei einem sauberen Schuss stinkt nichts, schon gar nicht „wie Sau“. Das Versorgen von erlegtem Wild ist eine der ursprünglichsten Tätigkeiten des Menschen und in Zeiten von Pferdefleisch-, BSE- und Gammelfleisch-Skandalen sicherlich nicht mal ansatzweise überhaupt eklig.
Anzahl der Jäger in Deutschland: Entgegen der Aussage weiter vorne im Thread steigt die Anzahl der Jagdscheininhaber seit längerem kontinuierlich an. Sicherlich gibt es aufgrund des modernen Lebenswandels (Schule, Studium, Karriere) immer weniger Jäger die das Handwerk von klein auf gelernt haben, aber eine aussterbende Spezies sind Jäger definitiv nicht.
Dauer der Kurse bei den Kreisjägerschaften: In Rheinland-Pfalz dauern derartige Kurse sechs Monate, in NRW ein Jahr. Mir ist nicht bekannt ob es irgendwo auch einen zweijährigen Kurs gibt, ich wage das aber sehr stark zu bezweifeln. In Anbetracht, dass ich oben bereits auf den Zeitaufwand für die Jagd verwiesen habe auch hier nochmal die klare Ansage, wer meint sich bei der Jagd (und der Jagdschein gehört dazu) irgendwie hetzen zu müssen, der wird sein blaues Wunder erleben. Man braucht Zeit, Ruhe, Besonnenheit; dann kann man genießen und ist erfolgreich. Ich rate jedem zu prüfen, ob er sich nicht auf die etwas langsamere Art ausbilden lassen will. Meiner Meinung überwiegen die Vorteile dieser Ausbildungsart doch sehr deutlich.
Zubereitung von Wild: Wir sind im 21. Jahrhundert angekommen. Wild wird heute anders behandelt als früher. Ein fauliger, ätzender Geruch fehlt, ein strenger Wildgeschmack ebenso. Daher fällt die größte Herausforderung weg, die Beize die ebenjenen strengen Geschmack übertünchen sollte. Ein Rehrücken- oder Hirschkalbrückenmedaillon brät man nicht anders als ein Rinderfilet kurz an, würzt es sparsamst und genießt. Wild kochen ist kein Hexenwerk, schon lange nicht mehr. Man kann es allerdings auch zur Kunst machen, ich habe neulich in London Tandoori-Grouse gegessen. Der Koch ist mir namentlich nicht bekannt, aber ich liebe ihn!
In diesem Sinne viel Freude beim Erlernen des jagdlichen Handwerks und bereits jetzt Waidmannsheil!
Purdey