Deutschland war wohl weder im zwischenmenschlichen Umgang noch in Bekleidungsfragen jemals ein Land des guten Stils. Denkbar, es liegt an seinem technokratischen Impetus, die Welt normativ gestalten und - der alte Vorwurf - darüber belehren zu wollen. Es hat uns, dies sei angemerkt, ganz vorzügliche Ingenieure beschert, aber eben nicht den Ruf, ein Volk mit erlesenem Stil zu sein. Man kann eben nicht alles haben.
Gefällt es Dir Hosen ohne Gürtel zu tragen? Dann tue es, wenn Du Dich damit gut fühlst. Die Schlaufen kann man zur Not leicht entfernen. Gefällt es Dir Hemden bis oben geknöpft zu tragen? Dann tue es, wenn Du Dich damit wohl fühlst.
Übrigens, seit der „Befreiung“ des Mannes vom Kulturstrick ein zyklisch wiederkehrendes Phänomen. Bei Fred Perry gehört es zur Coporate Identity, dem erwähnten David Lynch ist es Markenzeichen.
Hättest Du vor zehn Jahren gefragt, ob Hosen bis knapp über den Knöchel reichend gehen, rote Strümpfe zum Anzug in Ordnung oder der weit gespreizte Kragen passend sind, nicht wenige hätten indigniert die Braue gehoben.
Versuch und Irrtum sind ein bewährtes Prinzip der Natur. Bei manchen Irrtümern dauert es nur etwas länger bis sie korrigiert werden. Vielleicht kann das Wissen darum uns ein wenig die Angst nehmen, einfach einmal Neues zu probieren.
Nur zu, möchte man sagen, sich kleiden und sich ausprobieren kann ruhig auch ein wenig Freude machen.