Hemdenmaßkonfektion bei Cove & Co. Preis gerechtfertigt?

Die ersten drei Hemden sind nicht die Probehemden. Probehemden werden aus billigem Stoff gefertigt, um die Passform zu testen und zu optimieren.
Das hätte ich aber schon so verstanden. Macht denn jemand wirklich ein Probehemd aus Nessel für 2,50 pro Meter? Ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hemd so schlecht ist, dass es wirklich für die Tonne ist doch recht überschaubar. Im Verhältnis zum Arbeitsaufwand ist auch guter Baumwollstoff ja nicht so teuer. Ob ich da jetzt nochmal 20-30 EUR Material sparen kann, wenn ich was billiges nehme, fällt dann eigentlich auch nicht mehr so ins Gewicht.

Warum verkauft jemand was ? Weil der damit Geld verdienen will.
Auch wenn es Probestoff ist, ich denke 70 % ist Lohnaufkommen.
In meinen Augen ist da ein Fehler drin. Mag sein das ich das falsch sehen, aus Nichtkenntnis der Materie.
Wenn ich ein Maßhemd bestelle, ist das ein Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare Sache, also gilt Werkvertragsrecht. Wenn das Ding Mist ist, weil es nicht passt oder handwerklich Schrott ist, nehme ich es nicht ab, der Unternehmer trägt also per gesetzlicher Regelung sowieso das Risiko, dass seine Arbeit ordentlich ist.

Insofern weiß ich nicht, was an dem Angebot so unwirtschaftlich sein soll, im Gegenteil, so kriege ich wenigstens noch EUR 100 statt gar nichts.

Wenn ich eine Dienst- oder Werkleistung in Anspruch nehme, laufe ich das Risiko etwas vorgesetzt zu kriegen, was ich mir ganz anders vorgestellt habe (was zwar mein Fehler sein kann, aber auch damit was zu tun hat, wie gut der Leistende meine Wünsche "übersetzen" kann). Wenn ein Unternehmer so wie beschrieben bewusst das Risiko mit mir teilt, finde ich das nicht nur symphatisch, sondern zeigt mir auch positiv das Selbstvertrauen des Unternehmers in seine Fähigkeiten. Typen, die davon leben (müssen) regelmäßig ihre Erstkunden abzuzocken, weil keiner mehr wieder kommt, findet man unter solchen jedenfalls nicht.
 
Wenn ich ein Maßhemd bestelle, ist das ein Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare Sache, also gilt Werkvertragsrecht. Wenn das Ding Mist ist, weil es nicht passt oder handwerklich Schrott ist, nehme ich es nicht ab, der Unternehmer trägt also per gesetzlicher Regelung sowieso das Risiko, dass seine Arbeit ordentlich ist.

Ein Hoch auf die Theoretiker dieser Welt.

Das liesst sich im Gesetz alles super und toll, hat aber nix mit dem normalen Leben zu tun. Das sagt Dir ein Bauunternehmer aus leidlicher Erfahrung.

Nicht umsonst sind die Gerichte überlastet mit Fällen wo es genau um sowas geht. Kunde gefällt es nicht und zahlt nicht. Handwerker (Schneider) klagt weil es handwerklich in Ordnung ist.

Im übrigen hat Business nichts mit nett zu tun. Da interessiert nur was hinten rausfällt.
 
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Da sagt Dir der Theoretiker: Ganz dünnes Eis! Das heißt, bei Dir darf jeder Kunde voll zahlen, auch wenn Du Scheiße baust? Wenn das Deine Grundeinstellung ist, kann ich nur jeden Deiner Kunden bedauern.

Klar gibt es genug Kunden, die Sachen ungerechtfertigt bemängeln und gerade im Bau ist das mindern ein Sport. Deine Aussage ist aber: Der Kunde hat nie recht und zahlt immer, wenn ich sie richtig verstehe!

Gerade im Baubereich sind aber viele Kunden once or twice in a lifetime-Kunden, wo es eh wurscht ist, ob man eine langfristige Geschäftsbeziehung etablieren kann. Da kannst Du die Kunden auch abzocken, für einen Schneider eine schlechte Idee, denn der lebt besser von Stammkunden. Die kriegt er aber nur, wenn beide Seiten zufrieden sind. Bei einem Maßhemd wird zwar kein vernünftiger Mensch prozessieren, aber der Kunde auch nicht wiederkommen, wenn er nicht fair behandelt wurde.
 
Das Atelier Bechtloff ist keine dieser Hochglanz-Boutiquen in den Stadtzentren der Metropolen.
Ich habe vor meinem ersten Besuch angerufen und ein Gespräch von mindestens einer Viertelstunde mit Herrn Bechtloff geführt um zu klären, ob man grundsätzlich zueinander passt.
Als dies positiv ausfiel, haben wir am darauffolgenden Tag einen Termin vereinbart.
An der Mörfelder Landstraße gelegen, klingelt man an der Tür eines etwas im Hof zurückgesetzen Hauses und klimmt dann einige Stufen einer schmalen Treppe empor.
Herr Bechtloff empfängt jeden Kunden persönlich im ersten Stock.
Das Ambiente ist sehr heimisch, nicht so steril wie in einem durchdesignten Verkaufsraum.
In der Produktion kann man ganze Rollen von Stoffen und die schönen, alten Nähmaschinen, mit denen alles zusammengeführt wird, begutachten.
Terminvereinbarungen gibt es telefonisch oder "gesmst", wie der Meister es ausdrückt, da er um meine teils etwas undurchsichtige telefonische Erreichbarkeit weiß.
Hierzu eine Anekdote, die sehr schön zeigt von welchem angenehmen Schlag Mensch Herr Bechtloff ist, wenn mir die Situation, als ich sie endlich realisiert hatte, doch reichlich unangenehm war.
Irgendwann während meines ersten Besuchs muss ich fallen gelassen haben, dass ich seinerzeit unter der Woche etwas eingespannter war als gewöhnlich.
Freitagnachmittag bekomme ich eine SMS, dass das erste Probehemd fertig sei und sich gerade am folgenden Samstag ein freier Termin ergeben hätte und ob ich nicht vorbei kommen möchte.
Voller Vorfreude habe ich das Angebot sofort angenommen, nur um vor Ort festzustellen, dass sich da kein Termin "ergeben" hat, sondern, dass Herr Bechtloff, der für gewöhnlich nicht am Wochenende arbeitet, extra für mich ins Atelier gefahren ist um die Anprobe für mich so angenehm und ungehetzt wie möglich zu machen.

Nun aber zu den Probehemden.
Noch habe ich die Erstbestellung nicht gänzlich durchlaufen, aber bis dato stellt sich alles dar wie beschrieben.
100€ Anzahlung/Sicherheit, welche anschließend mit den Gesamtkosten der drei Hemden verrechnet wird.
Klar ist, dass die Bechtloffs im Fall eines während des Probehemdenprozesses abspringenden Kunden Verlust machen werden.
Nicht nur wegen des verbrauchten Materials und der zu bezahlenden Arbeitskraft, sondern auch durch die viele Zeit, die persönlich in die Beratung geflossen ist.
Nach meinen Erfahrungen halte ich es jedoch für äußerst unwahrscheinlich, dass ein potentieller Kunde abspringt.
Schon das erste Probehemd war in der Passform so viel besser als alle ~15 Hemden, die ich über verschiedenste MTM-Wege gekauft habe.
Dazu immer als erstes die Frage nach dem Wohlbefinden des Kunden im Hemd -im Stehen, beim die Arme heben, beim Sitzen und jedweder weiteren gewünschten Verrenkung.
Die offene, aber dabei immer taktvolle Art selbst auf Problemzonen hinzuweisen und somit selbst ein weiteres Probehemd zu provozieren.
Und schließlich die Bereitschaft und das Können, wirklich alles das umzusetzen, was der Kunde wünscht oder benötigt.
Auch die Mindestabnahmemenge wird keinen großen Gewinn für die Bechtloffs bereit halten, aber das Konzept zielt ganz klar auf die Bindung des Kunden auf unbeschränkte Zeit und ich glaube sie sind bei mir, trotz der für mich ungewohnt hohen Preise, auf dem besten Weg dahin.
Ich habe vor Herrn Bechtloff kein Geheimnis darauß gemacht, dass ich es mir nicht leisten kann im Jahr 10 Hemden bei ihm abzunehmen.
Er meinte darauf, dass das für ihn kein Problem sei und dass ihm wichtig ist, er aber auch an seine Fähigkeit glaubt, ein Hemd produzieren zu können, das so gut ist, dass ich als Kunde gerne zurück komme und wenn es nur für ein Hemd im Jahr ist.
Im Übrigen werden die Probehemden nicht aus anderem Material gefertigt als die Verkaufsware.
Es werden Überreste von vorhandenen Stoffrollen genutzt und sicherlich auch nicht das Teuerste vom Teuren, aber theoretisch könnte mein Probehemd aus dem Material sein, das der Kunde vor mir regulär in Auftrag gegeben hat.
 
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Als alter Schnäppchenjäger liegt mir natürlich eine Frage auf der Zunge: Wenn die Probehemden meist schon sehr gut sind, gibt es die dann on top mit dazu?
 

Nein das hast du falsch verstanden. Aber das Gesetz ist nun mal blanke Theorie und hat mit der Praxis wenig gemein. Wenn ein Kunde bei mir reklamiert, wird erst einmal die Sache angeschaut. Wenn berechtigt wird nachgebessert, wenn unberechtigt (z.B. nachweislicher Farbwunsch des Kunden) dann heisst es zahlen und sich vor Gericht kloppen. Ich bin auch an Stammkunden interessiert, jedoch mache ich meinen Job hier um eines zu machen - Geld verdienen.
Nur weil ich lustig bin mache ich das nicht und auch kein Schneider der Welt

Lass dir gesagt sein, die Menschen sind extrem bescheuert und klagen wegen jedem Mist.
 
Die sind wahrscheinlich aus einem Stoff, den du nicht tragen kannst.


Siehe

 
Habe ich noch nicht gefragt, kann ich das nächste Mal gerne erledigen.
Ich denke ich werde auch fragen, ob ich das schlußendliche Probehemd für einige Wäschen mit nach Hause nehmen darf bevor es grünes Licht für die Produktion gibt.
Schließlich verändert das Waschen den Stoff und die Passform in der Regel auch noch einmal ein wenig.