Schade dass es hier so ruhig ist. . ...
Nun denn, als eher gelegentlich hereinschauender User versuche ich jetzt, hier etwas Schwung hineinzubringen.
Mit welchen Kosten für den Stoff ist denn zu rechnen?
Billigstoffe für 5 EUR den laufenden Meter findet man bei einigen Internetanbietern. Einen nicht ganz so preisgünstigen, aber mit 10 EUR lfm immer noch nicht teuren Baumwoll-Popelin vom örtlichen Händler habe ich ausprobiert. Das Ergebnis macht keinen Spaß. Schade um die vielen Freizeitstunden, die ich daran vergeudet habe.
Geeignete Hemdenstoffe sind offenbar niemals wirklich billig und außerdem nicht so leicht zu bekommen. Meine favorisierte Quelle ist Acorn Fabrics in England. Darüber hinaus gibt es noch Söktas in der Türkei und vielleicht Tissura in Hong Kong. Da ist man dann schnell bei 50 EUR / lfm oder 100 EUR für 2m, die für ein Hemd ausreichen sollten. Im Falle von Tissura ist der Gedanke ziemlich abgedreht, europäische Edelstoffe aus Hong Kong zu reimportieren. Aber wo sonst bekommt man als Privatmann Kleinmengen für ein einzelnes Hemd, wenn's denn "Thomas Mason", "Albini" und/oder Giza 45 sein soll.
Falls da jemand bessere und für einen Privatmann verfügbare Quellen hat, wäre das sehr willkommen.
... Mich würden die gemachten Erfahrungen interessieren. ...
Das eBook "Wie man ein Hemd schneidert" von Sebastian Hoofs habe ich auch. Da steht beinahe alles drin, was man übers Hemden-Nähen wissen muss. Die appetitlichen Fotos sind leider klein und wenig aufgelöst, was Details schlecht erkennbar macht. Einzelne Schritte sind nicht immer gut nachvollziehbar. Und wenn man nicht weiß wie es geht, muss man gelegentlich etwas knobeln. Aber man kommt damit zum Ziel.
Die zugehörigen Schnittmuster sind ziemlich auf der schlanken Seite. Das ist für sich genommen kein Problem. Man muss es halt nur wissen, um keine Überraschung zu erleben.
Grandios ist Sebastians Methode der Ärmelschlitz-Verarbeitung. Die zum eBook gehörige Schablone hierfür ist leider krumm und schief, wenig maßhaltig. Wenn man gemusterten Hemdenstoff verarbeitet und man will, dass die Blende ohne Musterversatz sitzt, sollte man mit Geodreieck und Karton, besser Sandpapier eine eigene Schablone nach Basti Hoofs Vorbild machen. Das lohnt sich allemal, da die Methode als solche einfach und im Ergebnis absolut top ist.
Weitere Erfahrungen: Es gibt keine wirklich guten Bügeleinlagen für den Kragen und die Manschetten. Im Atelier von Basti Hoofs habe ich unter dessen Anleitung und unter Verwendung seines Materials solche Einlagen aufgepresst. Trotzdem werfen die Manschetten nach dem Waschen Blasen. Das kann (und muss) man jedesmal wieder wegbügeln, macht aber nicht wirklich Spaß. Derzeit habe ich Zuschnitte für vier Hemden rumliegen, die alsbald vernäht werden wollen. Dabei werde ich nun erstmals genähte Einlagen ausprobieren.
Zum Schnitt: So wenig, wie Konfektionsware einem individuell geformten Körper passt, sowenig gelingt dies einem fertigen Schnittmuster. Fertige Schnittmuster sind zwar nicht nutzlos. Insbesondere aus Basit Hoofs Schnittmustern kann man einiges über Linienführung beim Kragen, bei der Schulterpasse, beim Ärmelloch etc. lernen. Dennoch kommt man nicht umhin, wenigstens die Grundmaße (Brustumfang, Taillenumfang, Ärmellänge usw.) individuell anzupassen. Hierzu nutze ich das übrigens kostenlose online-Schnittmustersystem von freesewing.org, und dort das pattern "Simon Shirt".
Wenn man sich einmal die Mühe macht, den eigenen (Ober-)Körper auszumessen, kommt man schon ans Staunen. In meinem Falle war ich überrascht, wie unsymmetrisch ich bin. Von früheren Anpassungen beim Änderungsschneider war mir zwar schon klar, dass mein linkter Ärmel immer etwas gekürzt werden musste. Aber jetzt kam raus, dass es nicht mein linker Arm sondern meine linke Schulter ist, die 1,5 cm kürzer als ihr rechtes Pendant ist. Da ist einiges an Kreativität gefordert, eine saubere Schnittanpassung vorzunehmen.
Insgesamt ist meine Erfahrung, dass ich drei Hemden gebraucht habe, bis eine zufriedenstellende Passform gefunden war. Aber dieser Aufwand war es wert. Mein selbstgenähtes Oberhemd, mit dem ich gerade am Schreibtisch sitze, muss sich hinter keinem Kaufhemd verstecken. Olymp Level-5 ist keine Option mehr für mich. Und ein bißchen Stolz und Eitelkeit betreffend die Eigenleistung spielt natürlich auch eine Rolle.
Also: Nur Mut. Legt los. Hemden selber zu nähen ist weder wirtschaftlich noch irgendwie sonst vernünftig. Aber sowohl das Machen (Schnitt, Nähen) als auch das anschließende Tragen ist große Freude.
Gruß,
Stefan