Fritz J. Raddatz has left the building...

Das gute Leben

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Ein ganz großer des alten Westdeutschland, ein knorziger, eitler, brillanter, intelligent hedonistischer Individualist. Style on his own terms, bis zum selbstgewählten Ende. Chapeau!

Und ein schöner Nachruf in der FAZ
 
Ich muss gestehen, ich bewunderte Raddatz. Und ich mochte ihn nicht.

Sein ausgeprägter und sorgfältig artikulierter Sinn für das Schöne in Leben und Kunst war seit jeher selten zu finden und gilt heute ja eher als ineffizienter Firlefanz, weil wir unser Leben mehr und mehr in wirtschaftlichkeitsbezogenen Kategorien beurteilen und anlegen, wie wir in der öffentlichen Wahrnehmung unseres Forenthemas ja auch beiläufig immer wieder entdecken. Er war dabei ungemein unterhaltend und facettenreich und ich glaube, er verstand auch, dass das die Fähigkeit war, mit der er all die Zeit sein Geld verdienen konnte.

Aber bei aller Wertschätzung für den "stilwollenden" und allzu häufig auch stilhabenden Raddatz kann ich den aufgeblasenen, arroganten Naivling dahinter auch nicht ignorieren. Ein Name Dropper vor dem Herrn, der tatsächlich glaubte, wenn er jemand Bedeutendes mit kritischem, teilweise beleidigendem Gefasel belegt, würde er selbst irgendwie mit zur Bedeutung gehören, weil er sich ja über den Kritisierten erheben kann. Seine Fähigkeit zur Kritik im Kunsthandwerk der Literatur will ich ihm nicht absprechen (dafür bin ich selbst bei weitem nicht genug belesen, um das beurteilen zu können), aber im Grunde hatte er ja eine Meinung zu jedem und allen und hat diese auch jedem, der es wissen und nicht wissen wollte, eifrig unter die Nase gerieben. Vielleicht muss ein Berufskritiker irgendwann in seinem Leben auch mal selber was Richtiges machen und nicht nur die Arbeit anderer vom Jugenstilsofa aus beackern.

Immerhin zeugt die konsequente Durchführung der Selbstentleibung zum Zeitpunkt, an dem sein Geld ausgegeben war und er die noble Ausstaffierung seiner eigenen Lebensblase nicht mehr im gewohnten Stil finanzieren konnte (so war ja zumindest sein Plan von 2002, der schon vom Exitus 2013/14 ausging, vielleicht kamen am Ende auch gewichtigere, z.B. gesundheitliche Beweggründe ins Spiel, die ich eher verstehen könnte), von einer gewissen Konsequenz. Entweder in Haltung oder in Feigheit, das werde ich vermutlich erst in seinem Alter vernünftig beurteilen können.
 
... und ein schönes Interview über Stil aus 2012.

"In meinem Fall bis hin zu sexuellen Dingen, dass ich sage, ich habe mein Leben lang mit beiden Geschlechtern gelebt, ich habe irgendwo am Strand einen wunderbaren Knaben gesehen, schade, ich hab ihn nicht gekriegt, oder die schöne Frau ist mir weggelaufen oder ich ihr."

Bin ich der Einzige, der dieses Kokettieren mit Päderastie sagen wir einmal vorsichtig irritierend findet?
 
"In meinem Fall bis hin zu sexuellen Dingen, dass ich sage, ich habe mein Leben lang mit beiden Geschlechtern gelebt, ich habe irgendwo am Strand einen wunderbaren Knaben gesehen, schade, ich hab ihn nicht gekriegt, oder die schöne Frau ist mir weggelaufen oder ich ihr."

Bin ich der Einzige, der dieses Kokettieren mit Päderastie sagen wir einmal vorsichtig irritierend findet?

Mit 80 sind auch 30 jährige Männer Knaben. Kein Grund zur Aufregung. Wie oft werden erwachsene Frauen schließlich Mädchen genannt?!
 
Mit 80 sind auch 30 jährige Männer Knaben. Kein Grund zur Aufregung. Wie oft werden erwachsene Frauen schließlich Mädchen genannt?!

Umgangssprachlich vielleicht, aber auch noch in einem Interview? R. hat es mit der Sprache sehr genau genommen. Er wußte, wie er sich ausdrücken wollte. Zumal im gleichen Atemzug nicht von Mädchen, sondern von Frauen die Rede ist.
Ich will ihm ja gar nichts unterstellen, aber ein Kokettieren ist es schon und das gefällt mir nicht.
 
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