Beratungsqualität (?)

Marcello

Member
Auf dem Weg zum stilsicheren Outfit stolpere ich immer wieder über meine eigene Unbedarftheit wie auch über die mitunter zweifelhafte Beratungsqualität derer, die eigentlich was dagegen tun sollten.

Wer den Schaden hat… Ich schildere das Folgende trotzdem; vielleicht ist euch ja schon Ähnliches widerfahren und ich muss mich nicht als einziger DAK (Dümmster Auszunehmender Kunde) fühlen.

Zur Auffrischung meines Hemdenbestandes fand ich bei einem renommierten Herrenausstatter ein Barba- und ein Ign. Joseph-Hemd, beide mit Umschlagmanschetten: Schöne Stoffe, tolle Verarbeitung, attraktive Dessins – perfekt! Nur: meine Hände passten durch die geschlossenen Manschetten, so dass sich die Hemdärmel allmählich aus dem Jackett hervorkriechend ihren Weg über die Handrücken bahnen konnten. Ja, ich weiß, mein erster Fehler, ich hätte das Manöver da schon abbrechen sollen!:(

"Kein Problem", hieß es daraufhin sinngemäß, "die Ärmel kürzen wir und gut is'". Gesagt, getan, ich ließ es geschehen. Und stellte dann im täglichen Gebrauch fest, dass die Ärmel nur noch mit Mühe aus dem Jackettärmel hervorlugen und ich mir bei allen anderen Armhaltungen als "schlaff herunterhängend" irgendwie nackig ums Handgelenk vorkomme. Mit anderen Worten: Die Hemden sind eigentlich vom Start weg ruiniert.

Im Idealfall hätte ich mir folgende Beratung gewünscht: "Also, lieber Herr Marcello, die Manschetten unserer Hemden sind viel zu weit für Sie, das wird nie was. Wir führen hier aber keine mit engeren, suchen Sie woanders Ihr Glück, oder (geschäftstüchtigere Variante: ) schauen Sie bei unseren nächsten Maßtagen mal vorbei". Statt mit dieser ehrlichen Ansage Vertrauen aufzubauen und eine langfristige (und womöglich lukrative) Kundenbeziehung zu begründen, hat man lieber mit dem oben erwähnten DAK einen schnellen Umsatz gedreht – und das in einem Geschäft, von dessen Beratungsqualität man sonst durchaus Gutes hört.
Ich mach’ mich da jedenfalls seitdem ziemlich rar und verbuche das als Lehrgeld auf dem Weg zum mündigen Kunden...
 
Leider scheint das der Alltag zu sein - nicht umsonst hört man immer wieder von der "Service-Wüste Deutschland".

Mir ist es bisher eigentlich auch immer so ergangen, dann sind wir mindestens schon zwei DAK's :D Ich habe bisher aber auch immer nur RTW-Anzüge aus mehr oder weniger renomierten Modehäusern (P&C, Ansons, Globus) gekauft. Vielleicht ist es beim Masskonfektionär/Massschneider anders.

Ich warte auch noch auf den ehrlichen Verkäufer, der mir einfach sagt "Das sieht ungünstig aus" und nicht nur den nächsten Umsatz machen will.

By the way: willkommen im Forum !
 
Wichtig: unbedingt dem Geschäft(sführer) Feedback geben. Nicht wehleidig oder unbedingt auf Ersatz pochend, wenn Du das nicht möchtest (obwohl es moralisch Dein gutes Recht wäre), sondern als Hinweis darauf, dass mit solcher Beratungsqualität ein guter Kunde verloren gegangen ist. Und wenn sie schlau sind, spendieren sie Dir ohne Aufforderung ein neues Hemd (oder etwas anderes, das passt :)).
 
Heutzutage arbeiten in den meisten großen Stores keine Fachkräfte, sondern Aushilfskräfte. Dementsprechend ist das Fachwissen. Wäre das anders, sähe der deutsche Mann nicht so aus wie er aussieht! Man will mir z.B. regelmäßig zu lange Hosen und zu lange Anzugärmel verkaufen, natürlich immer im Brustton der Überzeugung.....

Der einzige Ausweg besteht in der Ansammlung eigenen Fachwissens, hier zum Beispiel....
 
Es gibt doch eindeutige Fakten:

Der Verkäufer (ungelerntes, unqualifiziertes Personal) hat oft keine Ahnung.
Der Verkäufer steht unter Verkaufsdruck, um Umsätze zu generieren.
Der Verkäufer ist umso nachlässiger, wenn er es mit DAKs zu tun hat.
Der Verkäufer ist auch umso nachlässiger, wenn er es nicht mit einem Stammkunden zu tun hat.

Daher gilt für mich:
Möglichst da einkaufen, wo ich Stammkunde bin.
Bei Online-Einkäufen (Ecommerce) habe ich ein gesetzliches Rückgaberecht!
Niemals allein einkaufen gehen, sondern die Frau, die Freundin, den Freund oder einen sach- und fachkundigen Menschen mitnehmen.
Wenn möglich, nicht immer nur Schnäppchen suchen, denn Schnäppchen sind auch mal Fehleinkäufe.
Auch mal bei höheren Preisen ja sagen, dafür aber an anderen Dingen sparen (Metalliclackierung am Auto, supergroße ALufelgen, zuviele Restaurantbesuche, zu teure Weine ...)
 
Loriot hat in seinem Sketch beim Herrenausstatter zu diesem Thema eigentlich alles gesagt (”Das trägt man jetzt so!”).
 
Kurz zwei Anekdoten von letzter Woche. Ich war bei einem Bekleidungshaus, welches eigentlich zum gehobeneren Segment in dieser Region gehört und während des Schlußverkaufes manchmal sehr schöne Schnäppchen bietet.

Ich habe einen Anzug anprobiert, dessen Jacke nach Schließen des Knopfes sehr schlecht saß und bei dem die Hose überhaupt nicht passte. Selbst Andrea Bocelli wäre das aufgefallen. Dann fand folgender Dialog statt.

Verkäufer (V): "Passt doch suuuuuper!"
Ich: "Nein gar nicht. Wenn man den Knopf zumacht, sieht es gruselig aus."
V: "Aber bei Anzügen macht man den Knopf generell NIE zu."
Ich: "Ach ja? Dann habe ich was verpasst. Die Hose sitzt aber auch überhaupt nicht."
V: "Dann ziehen Sie ne flotte Jeans an, das Sakko lässt sich auch toll kombinieren und das ist dann viel flotter."

Ich hab dann den Anzug hängen und den Verkäufer stehen lassen. Ich fand noch ein Van Laak-Hemd mit Umschlagmanschette, erfreulich reduziert. An der Kasse dann der Hinweis der engagierten Kassiererin "Vorsicht, Sie müssen aufpassen, da braucht man Manschettenknöpfe für!!!" Ich bedankte mich freundlich für den Warnhinweis, kaufte das Hemd trotz des Makels und ging ratlos davon.
 
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