Gegen den Wind

Wenn es für ein Kleidungsstück keinen guten Namen gibt, macht das schon skeptisch. Sakko oder Sportjacke, das klingt gut. Blazer auch. Oder Zweireiher. Aber Blouson? Früher bezeichnete ihn der Fachmann als Lumber, was in den Fünfzigern wie „Lömber“ gesprochen wurde (analog zum „Kött“). Ich halte mich an den US-Begriff „Windbreaker“ oder das deutsche Pendant Windjacke. Was gemeint ist, sollte klar sein. Eine Alternative zum Sakko, die zwar legerer anmutet, ansatzweise aber ähnliche Funktionen bietet (z. B. Taschen) aber in keinem Fall mit einem Mantel kombiniert wird. Eine Alternative aber wohlgemerkt kein Ersatz (denn den gibt es nicht wirklich).

Windjacken haben schon eine relativ lange Tradition, sie entstanden in ihren Frühformen als Bekleidung für die Ende des 19. Jahrhunderts entstehenden oder populär werdenden Sportarten wie Wandern, Bergsteigen, Golf oder Fahrradfahren. Bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts etablierten sie sich dann neben anderen Teilen, z. B. Pullovern oder Knickerbockerhosen als die ersten Freizeitkleidungsstücke. Anders als das Sakko, das eine lange Entwicklungsgeschichte vorweisen kann, ist die Windjacke erfunden worden, sie wurde also für einen bestimmten Einsatzbereich erdacht und mit praktischen Details ausgestattet (z. B. aufgesetzten Blasebalgtaschen). Befruchtet wurde ihr Design stets auch vom Uniformdesign. Vieles, was im 2. Weltkrieg für das Militär entwickelt worden ist, fand sich danach in der Sport- und Freizeitmode wieder.

Als klassisch gelten heute zwei Grundformen, die in zahlreichen Abwandlungen  anzutreffen sind. Erstens: Die bis zur Hüfte reichende Form, z. B. die G9 von Baracuta oder der Valstarino. Oder zweitens die das Gesäß bedeckende Safarijacke, die mit oder ohne Gürtel getragen wird. Zur zweiten Kategorie gehört das in Deutschland einst sehr populäre Modell mit Kapuze, die über den Kopf gezogen wurde und auf der Brust mit einer großen Tasche ausgestattet war. Mein Vater trug so etwas in der Fünfzigern beim Bergwandern, heute gibt es diesen Schnitt leider meistens nur noch als Outdoorvariante. Mein persönlicher Favorit ist die Windjacke im Baracuta-Stil. Sie erinnert an schlichte englische Golfblousons, wie sie Sean Connery als James Bond getragen hat. Amerikanische Sportlichkeit verbindet sich da mit einem Hauch von englischem Gentleman. Nächste Woche: Der Sattelschuh.

Kategorie: Magazin

Bernhard Roetzel

Bernhard Roetzel schreibt über Herrenmode und verschiedene Stilfragen. Der Bildband "Der Gentleman. Handbuch der klassischen Herrenmode" ist seine bekannteste Publikation, sie liegt in fast 20 Übersetzungen vor.

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