Alles was Sie jemals über Kragenstäbchen wissen wollten

A.L. schrieb:

Sehr geehrter Herr Roensberg,

Sehr gerne hier aber auch noch einmal Statements zu Ihren Fragen.

Frage:  Scheinen diese dunklen Stäbchen durch den Kragen nach außen durch?

Das ist sicher vom Hemd abhängig – bei den Exemplaren aus meiner Garderobe, die fast ausschließlich aus der Jermyn Street stammen, konnte ich ein Durchscheinen nicht beobachten.

Frage: Bitte bewerten Sie die Kragenstäbchen im Vergleich zu herkömmlichen Stäbchen.

Verarbeitung, Stabilität und natürlich Optik und Haptik sind denen der weit verbreiteten Plastikstäbchen weit überlegen. Es ist wie der Umstieg von Dacia auf Mercedes.

Frage: Bitte beschreiben Sie Ihre Motivation, Hemden mit herausnehmbaren Kragenstäbchen zu tragen.

Kragenstäbchen sind für formelle Hemden ein Muss, verleihen sie deren Kragen doch die nötige Form. Um die Stäbchen nicht beim Waschen zu beschädigen, sollte man sie unbedingt herausnehmen können. (Der Worst Case: Ein nicht herausnehmbares Kragenstäbchen bricht und macht damit das Hemd de facto unbrauchbar – ist mir auch schon passiert.)

Weiter schrieb A.L:

Versteckte Freuden

Wer Stil hat, drückt eine Haltung aus. Stil beantwortet die Frage, wie ich von meinem Gegenüber wahrgenommen werden möchte. Manchmal jedoch richtet sich Stil nicht an die Umwelt, sondern ausschließlich an den Träger selbst. Ein Beispiel dafür sind Kragenstäbchen: kleine Stege aus Kunststoff, Metall, Horn oder Perlmutt, die dem zumeist formellen Hemdkragen Halt und der Krawatte einen gebührenden Rahmen verleihen.

Kragenstäbchen führen in der Regel das Dasein des funktionalen Utensils, das weniger modisches Accessoire und mehr Gebrauchsgegenstand ist. Denn anders als etwa ein Knopf wirkt das Kragenstäbchen stets im Verborgenen. Seine unbestritten wichtige Funktion macht es zu dem vielleicht am wenigsten geeigneten Gegenstand, um Stil nach außen auszudrücken.

Sind Kragenstäbchen also als Teil der Garderobe vernachlässigbar? Reicht es aus, die vom Hemdenhersteller mitgelieferten, oft untauglichen Exemplare preiswert durch solche mit besserem Tragekomfort und höherer Haltbarkeit zu ersetzen? Wenn es um die Dokumentation des Stils nach außen geht: zweifelsohne.

Doch darum geht es eben nicht immer. Seit kurzem habe ich das Vergnügen, ein Paar Hornkragenstäbchen aus dem Hause Roensberg tragen zu dürfen; fein gearbeitete Exemplare, edel in Optik und Haptik, stabil und flexibel zugleich. Ihr Nutzwert ist hoch, aber das wäre er möglicherweise auch bei günstigen Exemplaren aus Plastik. Viel höher ist ihr imaginärer Wert, verleihen sie dem Träger doch das Gefühl, sein Auftreten im Detail mit einer exklusiven kleinen Kostbarkeit bereichert zu haben. Die Gewissheit, sich einen solchen Luxus zu erlauben, ist vielleicht der letzte Schritt auf dem Weg zum perfekten Auftreten – auch wenn es nur für den Träger selbst sein mag. Denn bisweilen sind es die versteckten Freuden, die uns am meisten begeistern.

Kategorie: Magazin

Andreas Gerads

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