Alles über Zonkey Boot

„Ein Paar Würstel mit Kren, bitte.“ Interviewtermine, die mit solchen Worten beginnen, sind mir schon mal grundsätzlich sympathisch. Einen anderen Eindruck zu bekommen, war angesichts meiner Gesprächspartner und des gewählten Rahmens, ein traditionsreiches Wiener Kaffeehaus, dessen Einrichtung von keinem geringeren als Adolf Loos stammt, aber auch fast unmöglich. Das Gespräch setzt sich dann so vielversprechend fort, wie es begann. Michael Rollig und seine Verlobte Alexandra Diaconu sind nicht nur bester Laune, sondern auch spürbar begeistert von dem, was sie da ab kommendem Frühjahr produzieren: Qualitativ einwandfreie, junge Schuhmode.

Genügend Erfahrung haben die beiden: Nach Stationen bei Ludwig Reiter und Dieter Kuckelkorn hat Michael Rollig die Marke St. Crispin’s gegründet, die heute weltweit für das bekannt ist, was viele „die besten Schuhe der Welt“ nennen. Rollig selbst hört diesen Titel übrigens weniger gern — ihm reicht es, einfach gute Schuhe zu machen, von überdimensionierter Inszenierung hält er nichts. Alexandra Diaconu arbeitete nach ihrem Journalistik-Studium für zahlreiche Printmedien. Bei Zonkey Boot ist sie für Öffentlichkeitsarbeit und andere kreative Aufgaben zuständig. „Ein bisschen macht bei uns aber jeder alles“, wirft Michael Rollig lachend ein. Eigentlich kein Wunder, denn die derzeitige Betriebsgröße lässt im Grunde kaum anderes zu.

Bei Michael Rollig als Besitzer enden die Gemeinsamkeiten der beiden Marken dann aber auch schon. Schließlich wird, mit Ausnahme der hohen Qualitätskriterien und einiger design clues bei Zonkey Boot alles anders gemacht. Schon die Produktionsstandorte unterscheiden sich: St. Crispin’s-Schuhe werden nach wie vor im eigenen Werk in Rumänien hergestellt, die Modelle von Zonkey Boot stammen aus dem italienischen Veneto. Die Kollektion teilt sich in drei Verarbeitungsklassen: Das untere Ende des Preisspektrums markieren Schuhe mit geklebtem Boden. Dabei verbindet ein eigens entwickelter Zweikomponentenkleber die Sohle aus Gummi dauerhaft mit dem Schaftmaterial. Qualitativ darüber sind dann zweierlei genähte Macharten angesiedelt. Die Mokassin-Verarbeitung findet für sportliche Modelle Verwendung, die Topliga des Sortiments ist handrahmengenäht.

Qualitätsfanatiker Rollig nimmt dabei soviel Einfluss auf Details wie nur irgend möglich. Oft legt er beim Finish der Schuhe selbst Hand an, färbt, poliert, veredelt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nicht nur viele der Glattledermodelle wirken ungewöhnlich in ihrer aufwendigen und auffälligen Färbung; einige Schäfte fordern den konventionelleren Geschmack durch partiell gefettetes Rauleder oder starke Kontraste zwischen Baumwollcanvas und Leder geradezu heraus. Eins ist klar: Zonkey Boot hat für den erzkonservativen Anzugträger wenig zu bieten. Doch die, das wird mir während unseres Gespräches schnell klar, hat man im Hause Rollig/Diaconu ohnehin nicht im Blick.

Auch wenn einzelne Händler beide Marken im Portfolio haben — der typische St. Crispin’s-Kunde kauft vermutlich nicht bei Zonkey Boot und umgekehrt. Auch die Preise der beiden Marken unterscheiden sich teils erheblich. Wir können diese Ausrichtung nur begrüßen und freuen uns bereits jetzt auf die ersten Modelle von Zonkey Boot in deutschen Schaufenstern.

Kategorie: Herrenschuhe

Florian S. Küblbeck

Florian S. Küblbeck ist freier Journalist und schreibt vor allem über Mode, Stil und Genuss. Mit seinem Erstwerk "Was Mann trägt: Gut angezogen in zwölf Schritten" gab er 2013 sein Debüt als Buchautor.

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