Wien Sartorial

schredder07

Well-Known Member
Hallo liebe Forumsgemeinde!

Anbei eine unsortierte und sicherlich auch unvollständige Liste der Wiener Herrenmodeläden und meine subjektiven Empfindungen und Erlebnisse aus den Läden. Ich hoffe, der ein oder andere erfreut sich an so einem Bericht.


Wilhelm Jungmann & Neffe

Ein wirklich exzellentes Lager an Stoffen erwartet einen direkt bei Eintritt. Man steht quasi mittendrin und kann sich durch die Stoffe wühlen. Die Verkäufer waren zurückhaltend und ich hatte auf Anfrage nach einem Fox Tweed gefragt, den ich bei @camez_ in den Fotos gesehen hatte. Konnte mir auch vorgelegt werden. (Oder vielmehr der Verkäufer zeigte mir den gesuchten in rot, ich wollte ihm nicht zu nahe treten, ob er Farbenblind sei, denn der gesuchte lag wirklich äußerst offensichtlich genau einen Lappen weiter vorne.) Es gibt tolle Accessoires; Regenschirme, Krawatten, Albert Thurstons, Socken, Schleifen in allen erdenklichen Farben und natürlich Stoffe, Stoffe, Stoffe. Ein Tisch war mehrlagig bspw. mit Cashmere Suitings ausgelegt, ein anderer mit den typischen Businessanzugstoffen. Coatings gab es auch, shirtings habe ich glaube ich auch gesehen. Preislich war von 50 bis über 500€ pro Meter alles dabei. Es gibt alle Italiener sowie Briten aber auch Iren. Vieles ist vorrätig, auch viele whitelabel Stoffe, aber es kann auch aus allen Bunches geordert werden. Die Verkäufer sind sehr zurückhaltend und wenn man sie nichts fragt, lassen sie einen auch machen. Ich werde gerne wieder hin gehen, schon alleine um Stoffe bevor ich sie blind einkaufe testen zu können. Dann muss ich mir bestimmt auch leiderl einen wunderschönen Regenschirm als Dank zulegen. :) Ich würde klar empfehlen, reinzuschauen.


Atelier Munro

Beim ersten Versuch hatte ich kein Glück und es war niemand anwesend. Beim Zweiten habe ich den Geschäftsinhaber antreffen können, welcher äußerst sympathisch rüberkommt. Mit dem Munrosystem arbeitet er bereits 11 Jahre. Wir haben ein bisschen über die verschiedenen Ausführungen geredet. Er behauptet preislich günstiger anbieten zu können als die Kollegen aus Deutschland, aber so genau sind wir nicht darauf eingegangen. Die Stoffauswahl ist deutlich größer als bei meinen Bezugsquellen in Deutschland. Von den großen Italienern so ziemlich jeder Bunch, den es gibt. Engländer führt er nicht mehr, weil sie angeblich zu unzuverlässig geworden sind seit Brexit. Mit dieser Behauptung ist er nicht alleine in dieser Liste. Ob das stimmt, oder ob die großen Anbieter zu sehr versucht haben die Preise zu drücken, kann ich nicht beurteilen. Er ist der Einzige, welcher im DACH Raum unter dem Namen Munro auftritt. Er arbeitet nur über Termine, weswegen ich Glück hatte und ihn zehn Minuten vor einem Termin antreffen konnte, um ihn ein bisschen auszufragen. Was außergewöhnlich ist, ist das hier mit einem Digitalen Designer gearbeitet wird, ähnlich dem suitsupply custom creator. Das ist bestimmt für den ein oder anderen ein nettes Gimmick. Ich kenne aus Deutschland nur die alten Bücher, die teilweise ja auch noch bei susu rumliegen. Insgesamt hatte ich einen positiven Eindruck und könnte mir vorstellen mit ihm zusammenzuarbeiten.


Johann Springer's Erben

Ein wirklich toller, gut kurierter Laden mit den üblichen Verdächtigen der Jagdmode. (Barbour, Chrysalis, Le Chameau, Schöffel, Purdey…) Dazu noch viele antike und hochwertige Jagdwaffen. Davon habe ich aber gar keine Ahnung. Die Verkäufer waren zurückhaltend und haben mich stöbern lassen. Die Damenabteilung ist genauso groß wie die Herrenabteilung. Klare Empfehlung.


Sartale

Ein Klasse Laden, wo ich sogar ein zweites Mal vorbeigeschaut habe. Eine absolute Spitzenauswahl der italienischen Herrenmode. Attolini, Orazio Luciano, Kiton , Finamore… you name it. Auch Maßkonfektion einiger Italiener. Dazu noch ein paar englische Schuhe, u.a. John Lobb. Ein bisschen unfairer Vergleich, wenn die Bontonis daneben stehen, komplett handgenäht in Norvegese mit tollem Finish und die doch recht plumpen Lobbs daneben versuchen zu glänzen. Ein Paar Bontonis habe ich auch anprobiert, leider gab es fast nichts in meiner Schuhgröße. Die freundliche Verkäuferin versicherte mir aber, dass sie oft Nachschub bekommen, aber immer nur sehr kleine Mengen, damit viel Variation im Bestand vorliegt und damit nicht allzu viele mit den gleichen Luxusklamotten auf der Straße rumrennen. Klingt einleuchtend. Schön, dass die Kundschaft hier scheinbar oft genug die Bestände leer kauft. Also muss ich wohl öfter vorbeischauen. Wie schade! ;) Den italienischen Inhaber durfte ich auch kurz kennenlernen. Vollste Empfehlung für diesen sartorialen Sprezzatura Tempel! (Verzeiht mir die kitschige Wortwahl.)


Gut behütet

Hier bin ich rein zufällig reingestolpert. Eine absolut herzliche, fröhliche, herzensgute Inhaberin empfing mich. Sehr ungewohnt für Wien kamen Mal ein paar Emotionen zum Vorschein. Sie hat ein tolles Angebot mit den üblichen Hüten und Mützen von toller Qualität. Panamas, Kreissägen, flat caps, Zylinder, you name it. Und die tolle Inhaberin schließt einen sofort ins Herz. Auch wunderschöne Damenhüte, falls jemand ein Mitbringsel für die Partnerin braucht. Sie hat mir für Jazzmusik das Porgy&Bess empfohlen und sie hat auch noch mit ihrem Mann die Buchhandlung Analog, wo es viele Lesungen geben soll. Wenn ich nur eine Empfehlung für Wien aussprechen müsste, würde ich Gut behütet wählen.


Macho Style

Winziger Laden mit Kleidung aus Tweed und irischem Leinen. Sakkos und Hosen auch für Damen. Kann MTO mit englischen/irischen Stoffen bestellt werden. Qualität solide. Teilweise die Hosen Vintage gestyled. Sebagos gibt es einige und noch eine englische Schuhmarke, welche mir nicht mehr einfällt. Der Laden ist aber so klein, dass man sich selbst auf die Füße tritt. Dass die Verkäuferin dabei in 50cm Abstand bei einem steht und offensichtlich keine Lust auf Kunden hat, bringt mich zum Schluss, dass ich dort nicht wieder hingehen würde. Es war sehr unangenehm.


Gino Venturini

Beim Hemdenmacher war einiges los. Ich habe mich ein wenig mit der Verkäuferin unterhalten. Herstellung in Österreich, Schnittmuster wird komplett bespoke erstellt. Es wird ein Probehemd angefertigt, keine Mindestabnahme bei Erstbestellung. Preislich geht es bei 240€ los, einschließlich des Probehemdes, was, wie ich finde, ein unglaublich guter Preis ist. Für die besagten 240€ gibt es tatsächlich auch viele Stoffe. (Alumo und Albini.) Die Verarbeitung habe ich mir bei einem Hemd angesehen, wenn ich mich nicht getäuscht habe, werden Ärmel und Kragen nicht von Hand eingesetzt. (Finde ich jetzt nicht wild.) Knöpfe mit Steg. Nichts auszusetzen.

Was mich ein bisschen gestört hat, waren die nach Muster sortierten Stoffe. Die Stoffproben waren zwar schön groß (ca. DIN A4) aber ich hätte mir lieber eine Sortierung nach Webarbt gewünscht. Vermutlich bestellen die meisten aber tatsächlich eher nach Muster. Die Auswahl ist riesig.

Ich werde mich eventuell bei meiner nächsten Reise nach Wien vermessen lassen. Für die Anfertigungsdauer inklusive Probe wurde mir bis zum fertigen Hemd zwei Monate genannt. Für das Maßnehmen ist kein Termin erforderlich und wurde mir mit zehn Minuten beziffert. Durchaus empfehlenswert.


Anton Meyer

Hier fand ich es durchschnittlich. Die Verkäufer waren äußerst höflich, die Ware sieht solide aus für den Preisbereich. Ich habe ein Sakko anprobiert, was so la la gepasst hat, was der Verkäufer aber wohl akzeptabel fand. Leider gibt es keine Kurzgrößen unter 25, und 25 war auch nicht vorhanden. Somit konnte ich auch kaum was anprobieren. Die Carmina Auswahl ist ordentlich. Ebenso bedauerlicherweise gibt es keinerlei Schuhe unter einer Größe 7. Das Problem hat man zwar mit kleinen Füßen oft, ich fand es aber dennoch enttäuschend. Mich würde es nicht mehr hinziehen.
 
Roberto & Sons

Hier habe ich nur in die Auslage geschaut. Es wird stark mit handmade geworben. Solche Schuhe gibt es dort glaube ich auch, in der Auslage lagen aber viele offensichtlich maschinell gearbeitete. Daher habe ich nicht reingeschaut. Vielleicht noch kurz als Observation am Rande: jeder Schuhladen hat einen schwarzen Split toe Norweger ausgestellt. Das scheint auch mit Abstand der Lieblingslederschuh der Wiener zu sein. Den sieht man wirklich an unzähligen Füßen, meist mit Scotch grain Leder. Gefällt mir persönlich besser als die schwarzen Lloyd derbies, die man in Deutschland vorwiegend sieht. Ich würde auch behaupten, dass man vor allem in der Innenstadt wirklich auffällig viele gut gekleidete Männer sieht. Und damit meine ich nicht P&C Anzug und Olymp Hemd mit Kontrastknöpfen, sondern vorwiegend tolle britische Stile mit Ausführungen, die sich hier im Forum nicht verstecken müssten. Viel Barbour, viel Tweed, besagte Norweger, schöne tatersall Hemden, einiges an Cord, um Mal ein bisschen spezifischer zu werden.


Zum Jockey Club

Ein kleines, aufgeräumtes Geschäft, mit Mal wieder einem ruhigen Verkäufer. Es werden vor allem maßkonfektionierte Hemden verkauft, Vollmaß ist aber auch möglich. Produktion in Tschechien, kurz hinter der Grenze. Die Ärmel werden von Hand eingesetzt. Preispunkt ab 130 respektive 230€, also auch hier äußerst günstig. Es gibt auch maßkonfektionierte und bespoke Anzüge. Schnitt fand ich Recht interessant, die Maßkonfektionsreihe kam mir beim kurzen betrachten zumindest völlig unbekannt vor. (Preispunkt MtM weiß ich nicht mehr, bespoke ab 3.000€) Stoffe vorwiegend Englisch aber auch ein paar Italienische. Dazu werden Morgenmäntel verkauft, aus Seide und Baumwolle, aber auch aus purer Wolle mit riesigem Hahnentrittmuster, was mir sofort auffiel. Preislich ab 400€, wenn ich mich richtig erinnere. Eventuell probiere ich hier auch in Zukunft das Angebot aus oder hole mir einen Morgenmantel.


Wäscheflott

Hier war mir zu viel los, ich werde noch in Zukunft reinschauen, aber aufgrund der Berichte aus dem Forum, habe ich es erstmal aufgeschoben.


House of Gentleman

Nicht mein Fall. Viel Hackett und Eigenmarke in ähnlicher Qualitätsstufe. Ein bisschen merkwürdig, weil um die Ecke auch eine Hackett Filiale zu finden ist. Qualitativ gut ist für mich zumindest anders, deswegen bin ich nach einmal umschauen auch raus. Ich wurde vermutlich von Namen und der netten Aufmachung angezogen, leider nichts dahinter.


Loden-Plankl

Hier bin ich noch kurz vor Geschäftsschluss rein, weil ich in der Gasse nebenan die Auslage im Schaufenster gesehen habe. Ich besitze zwar keine Janker und Co, würde aber bei Bedarf sofort hierhin gehen. Die gesamte Auslage konnte ich mir nicht mehr ansehen, weil ich den wirklich sehr netten Verkäuferinnen nicht den Feierabend hinauszögern wollte. Es gibt auch viel Strickware. Die Verkäuferinnen habe ich gefragt, ob ich noch schnell fünf Minuten schauen kann, was wirklich gar kein Problem war. Mir wurden sogar noch ein paar Janker übergeworfen. Preislich erschwinglich; Janker gibt es für ca. 400-500€. Mehr konnte ich mir wie gesagt nicht mehr ansehen, ich werde aber nochmal hingehen und mehr Zeit mitbringen. Generell würde ich noch anmerken, dass man mit Höflichkeit hier sehr weit kommt. Aber mit Höflichkeit ist deutsche Höflichkeit nochmal zwei Stufen aufgedreht gemeint (zumindest für mich als NRWler), man gewöhnt sich aber sehr schnell an den außergewöhnlich respektvollen Umgang.


Vesturo

Der nette Verkäufer hat mich empfangen und mir ein bisschen Infos gegeben. Sein Anzug war extrem slim geschnitten, das Geschäft soll wohl sehr modern rüberkommen. Leider hatte der Anzug damit auch genau null drape und spannte überall. Er hat mir gesagt, dass sie im Gegensatz zu “den Anderen” nicht in China produzieren, denn sie sind ja ein französisches Unternehmen. Sie produzieren in Rumänien… Ich habe nach der Konstruktion der Mäntel gefragt (ich wollte wissen/ein wenig testen, ob er mir sagt, dass es fixiert, half oder full canvas ist, meist kriegt man ja “nur” half bei MtM Mänteln), worauf er mir als Antwort die stilistischen Optionen in seinem B2B Portal vorgeführt hat… Ich habe ihn noch gefragt, ob sie auch Strickwaren machen, das würden sie wohl bald einführen. Preislich glaube ich eher an die 1.400€ für einen Anzug? Könnte ich mich aber auch irren, im anderen Faden stand glaube ich ab 1.200€. Stoffe italienisch plus ein bisschen englische Ware. (Ich glaube Huddersfield.)

Ich würde nicht wieder hingehen.


Knize

Ein schönes Atelier, was ich mir nur von außen angesehen habe, um die Verarbeitung der Anzüge zu begutachten. Offensichtlich hervorragende Arbeit. Da ich keinen österreichischen Vollmaßanzug benötige, wollte ich die Zeit der Angestellten nicht strapazieren, da die Arbeit meiner Meinung nach augenscheinlich keinerlei Fragen offen lässt. Ich meine, im Schaufenster stand Maßanzug ab 3.000€ geschrieben, eventuell irre ich. (Was sich für mich günstig anhört für so ein bekanntes Haus.) Natürlich Frack ausgestellt, wie so oft in Wien. (400+ Bälle jedes Jahr.)

Nebenan gibt es auch noch RTW von der Eigenmarke und einigen anderen Brands, was mich aber nicht interessiert hat.


Niedersuesz

Leider keine Zeit für gehabt, aber ähnliches Thema wie Knize, derzeit einfach kein Bedarf.


Steffl

Das Kaufhaus hat schuhmäßig wenig zu bieten. Ich meine beim googlen herausgefunden zu haben, dass dort einst Saint Crispin ausgestellt hat. Jetzt leider nur noch Santoni, C&J und ein paar Designermarken. Kleine Auswahl. Es gab einen extrem schönen Schuh, ein limitiertes Modell von Santoni. Handgearbeitet mit extremer bevelled waist. Es stellte sich heraus, dass das nur ein Ausstellungsstück ist, von dem Santoni nur vier Stück produziert hat und sie gar nicht zum Verkauf stehen. Schade drum. Unten gibt es noch PRL und Barbour mit kleiner Auslage. Für mich nichts Interessantes dabei. Ich würde nicht wieder hingehen, außer für Damenmode, wo das Kaufhaus einiges schönes zu bieten hat.

Man muss aber auch sagen, dass es in Wien extrem viel hochwertige klassische Ware auch für Damen gibt. Bspw. Wäscheflott und Gino Venturini bieten auch Vollmaß Blusen. Bei den Herrenmodeläden gibt es viele Damenblazer, auch MTO/MtM möglich. Und das auch mit vernünftigen Stoffen und genauso verarbeitet wie die Herrenmode.


Maftei

Ich habe versucht, spontan bei Herrn Maftei reinzuschauen. Online findet man Öffnungszeiten bis 17 Uhr. Am Laden hing in der Tür ein ausgeblichenes, hingekritzeltes Blatt mit Öffnungszeiten bis 16 Uhr und einer schlecht lesbaren Telefonnummer. Es war 15 Uhr und ich habe versucht anzurufen, leider keine Antwort. Als ich dann zwanzig Minuten später in der U-Bahn war, rief er mich zurück, was ich dann aber leider nicht mitbekommen habe. Auf Rückruf meinerseits dann wieder keine Antwort. In der Fensterauslage waren ein paar handgenähte Schuhe zu finden, teils sehr hübsch, teils nicht nach meinem Geschmack. Ich würde Herrn Maftei dringend empfehlen, wenigstens ein ordentliches “bin gleich wieder zurück”-Schild anfertigen zu lassen. Kein besonders guter Eindruck, muss ich zugeben, aber ich denke, ich werde es nochmal versuchen und ihn das nächste Mal vorwarnen. Vielleicht habe ich ihn ja auf dem falschen Fuß erwischt. ;) Daher noch keine Wertung.


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Fotos habe ich kaum welche gemacht, weil ich es unangebracht fand bei den wirklich extrem höflichen Österreichern, mich wie der Elefant im Porzellanladen zu benehmen. Ich habe aber noch ein Bild von diesem wunderschönen Bontoni aus dem Sartale. Die Unordnung im Hintergrund liegt daran, dass da gerade eine neue Lieferung ankam. Am Vortag war es sehr aufgeräumt.

1000055122.jpg

Und dann noch ein kleiner Schnappschuss aus Johann Springer's Erben:

1000055064.jpg


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Schreibt doch gerne eure eigenen Erfahrungen mit den genannten Anlaufstellen. Habe ich noch eine Wichtige übersehen? Waren eure Erfahrungen anders? Braucht noch jemand weitere Infos?

Ich hoffe, ich konnte dem ein oder anderen einen hilfreichen Einblick in Wiens Herrenmodewelt geben und freue mich auf den Austausch über diese wirklich beeindruckende Stadt mit euch!
 
Roberto & Sons

Hier habe ich nur in die Auslage geschaut. Es wird stark mit handmade geworben. Solche Schuhe gibt es dort glaube ich auch, in der Auslage lagen aber viele offensichtlich maschinell gearbeitete. Daher habe ich nicht reingeschaut. Vielleicht noch kurz als Observation am Rande: jeder Schuhladen hat einen schwarzen Split toe Norweger ausgestellt. Das scheint auch mit Abstand der Lieblingslederschuh der Wiener zu sein. Den sieht man wirklich an unzähligen Füßen, meist mit Scotch grain Leder. Gefällt mir persönlich besser als die schwarzen Lloyd derbies, die man in Deutschland vorwiegend sieht. Ich würde auch behaupten, dass man vor allem in der Innenstadt wirklich auffällig viele gut gekleidete Männer sieht. Und damit meine ich nicht P&C Anzug und Olymp Hemd mit Kontrastknöpfen, sondern vorwiegend tolle britische Stile mit Ausführungen, die sich hier im Forum nicht verstecken müssten. Viel Barbour, viel Tweed, besagte Norweger, schöne tatersall Hemden, einiges an Cord, um Mal ein bisschen spezifischer zu werden.


Zum Jockey Club

Ein kleines, aufgeräumtes Geschäft, mit Mal wieder einem ruhigen Verkäufer. Es werden vor allem maßkonfektionierte Hemden verkauft, Vollmaß ist aber auch möglich. Produktion in Tschechien, kurz hinter der Grenze. Die Ärmel werden von Hand eingesetzt. Preispunkt ab 130 respektive 230€, also auch hier äußerst günstig. Es gibt auch maßkonfektionierte und bespoke Anzüge. Schnitt fand ich Recht interessant, die Maßkonfektionsreihe kam mir beim kurzen betrachten zumindest völlig unbekannt vor. (Preispunkt MtM weiß ich nicht mehr, bespoke ab 3.000€) Stoffe vorwiegend Englisch aber auch ein paar Italienische. Dazu werden Morgenmäntel verkauft, aus Seide und Baumwolle, aber auch aus purer Wolle mit riesigem Hahnentrittmuster, was mir sofort auffiel. Preislich ab 400€, wenn ich mich richtig erinnere. Eventuell probiere ich hier auch in Zukunft das Angebot aus oder hole mir einen Morgenmantel.


Wäscheflott

Hier war mir zu viel los, ich werde noch in Zukunft reinschauen, aber aufgrund der Berichte aus dem Forum, habe ich es erstmal aufgeschoben.


House of Gentleman

Nicht mein Fall. Viel Hackett und Eigenmarke in ähnlicher Qualitätsstufe. Ein bisschen merkwürdig, weil um die Ecke auch eine Hackett Filiale zu finden ist. Qualitativ gut ist für mich zumindest anders, deswegen bin ich nach einmal umschauen auch raus. Ich wurde vermutlich von Namen und der netten Aufmachung angezogen, leider nichts dahinter.


Loden-Plankl

Hier bin ich noch kurz vor Geschäftsschluss rein, weil ich in der Gasse nebenan die Auslage im Schaufenster gesehen habe. Ich besitze zwar keine Janker und Co, würde aber bei Bedarf sofort hierhin gehen. Die gesamte Auslage konnte ich mir nicht mehr ansehen, weil ich den wirklich sehr netten Verkäuferinnen nicht den Feierabend hinauszögern wollte. Es gibt auch viel Strickware. Die Verkäuferinnen habe ich gefragt, ob ich noch schnell fünf Minuten schauen kann, was wirklich gar kein Problem war. Mir wurden sogar noch ein paar Janker übergeworfen. Preislich erschwinglich; Janker gibt es für ca. 400-500€. Mehr konnte ich mir wie gesagt nicht mehr ansehen, ich werde aber nochmal hingehen und mehr Zeit mitbringen. Generell würde ich noch anmerken, dass man mit Höflichkeit hier sehr weit kommt. Aber mit Höflichkeit ist deutsche Höflichkeit nochmal zwei Stufen aufgedreht gemeint (zumindest für mich als NRWler), man gewöhnt sich aber sehr schnell an den außergewöhnlich respektvollen Umgang.


Vesturo

Der nette Verkäufer hat mich empfangen und mir ein bisschen Infos gegeben. Sein Anzug war extrem slim geschnitten, das Geschäft soll wohl sehr modern rüberkommen. Leider hatte der Anzug damit auch genau null drape und spannte überall. Er hat mir gesagt, dass sie im Gegensatz zu “den Anderen” nicht in China produzieren, denn sie sind ja ein französisches Unternehmen. Sie produzieren in Rumänien… Ich habe nach der Konstruktion der Mäntel gefragt (ich wollte wissen/ein wenig testen, ob er mir sagt, dass es fixiert, half oder full canvas ist, meist kriegt man ja “nur” half bei MtM Mänteln), worauf er mir als Antwort die stilistischen Optionen in seinem B2B Portal vorgeführt hat… Ich habe ihn noch gefragt, ob sie auch Strickwaren machen, das würden sie wohl bald einführen. Preislich glaube ich eher an die 1.400€ für einen Anzug? Könnte ich mich aber auch irren, im anderen Faden stand glaube ich ab 1.200€. Stoffe italienisch plus ein bisschen englische Ware. (Ich glaube Huddersfield.)

Ich würde nicht wieder hingehen.


Knize

Ein schönes Atelier, was ich mir nur von außen angesehen habe, um die Verarbeitung der Anzüge zu begutachten. Offensichtlich hervorragende Arbeit. Da ich keinen österreichischen Vollmaßanzug benötige, wollte ich die Zeit der Angestellten nicht strapazieren, da die Arbeit meiner Meinung nach augenscheinlich keinerlei Fragen offen lässt. Ich meine, im Schaufenster stand Maßanzug ab 3.000€ geschrieben, eventuell irre ich. (Was sich für mich günstig anhört für so ein bekanntes Haus.) Natürlich Frack ausgestellt, wie so oft in Wien. (400+ Bälle jedes Jahr.)

Nebenan gibt es auch noch RTW von der Eigenmarke und einigen anderen Brands, was mich aber nicht interessiert hat.


Niedersuesz

Leider keine Zeit für gehabt, aber ähnliches Thema wie Knize, derzeit einfach kein Bedarf.


Steffl

Das Kaufhaus hat schuhmäßig wenig zu bieten. Ich meine beim googlen herausgefunden zu haben, dass dort einst Saint Crispin ausgestellt hat. Jetzt leider nur noch Santoni, C&J und ein paar Designermarken. Kleine Auswahl. Es gab einen extrem schönen Schuh, ein limitiertes Modell von Santoni. Handgearbeitet mit extremer bevelled waist. Es stellte sich heraus, dass das nur ein Ausstellungsstück ist, von dem Santoni nur vier Stück produziert hat und sie gar nicht zum Verkauf stehen. Schade drum. Unten gibt es noch PRL und Barbour mit kleiner Auslage. Für mich nichts Interessantes dabei. Ich würde nicht wieder hingehen, außer für Damenmode, wo das Kaufhaus einiges schönes zu bieten hat.

Man muss aber auch sagen, dass es in Wien extrem viel hochwertige klassische Ware auch für Damen gibt. Bspw. Wäscheflott und Gino Venturini bieten auch Vollmaß Blusen. Bei den Herrenmodeläden gibt es viele Damenblazer, auch MTO/MtM möglich. Und das auch mit vernünftigen Stoffen und genauso verarbeitet wie die Herrenmode.


Maftei

Ich habe versucht, spontan bei Herrn Maftei reinzuschauen. Online findet man Öffnungszeiten bis 17 Uhr. Am Laden hing in der Tür ein ausgeblichenes, hingekritzeltes Blatt mit Öffnungszeiten bis 16 Uhr und einer schlecht lesbaren Telefonnummer. Es war 15 Uhr und ich habe versucht anzurufen, leider keine Antwort. Als ich dann zwanzig Minuten später in der U-Bahn war, rief er mich zurück, was ich dann aber leider nicht mitbekommen habe. Auf Rückruf meinerseits dann wieder keine Antwort. In der Fensterauslage waren ein paar handgenähte Schuhe zu finden, teils sehr hübsch, teils nicht nach meinem Geschmack. Ich würde Herrn Maftei dringend empfehlen, wenigstens ein ordentliches “bin gleich wieder zurück”-Schild anfertigen zu lassen. Kein besonders guter Eindruck, muss ich zugeben, aber ich denke, ich werde es nochmal versuchen und ihn das nächste Mal vorwarnen. Vielleicht habe ich ihn ja auf dem falschen Fuß erwischt. ;) Daher noch keine Wertung.


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Fotos habe ich kaum welche gemacht, weil ich es unangebracht fand bei den wirklich extrem höflichen Österreichern, mich wie der Elefant im Porzellanladen zu benehmen. Ich habe aber noch ein Bild von diesem wunderschönen Bontoni aus dem Sartale. Die Unordnung im Hintergrund liegt daran, dass da gerade eine neue Lieferung ankam. Am Vortag war es sehr aufgeräumt.

Anhang anzeigen 264498

Und dann noch ein kleiner Schnappschuss aus Johann Springer's Erben:

Anhang anzeigen 264499


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Schreibt doch gerne eure eigenen Erfahrungen mit den genannten Anlaufstellen. Habe ich noch eine Wichtige übersehen? Waren eure Erfahrungen anders? Braucht noch jemand weitere Infos?

Ich hoffe, ich konnte dem ein oder anderen einen hilfreichen Einblick in Wiens Herrenmodewelt geben und freue mich auf den Austausch über diese wirklich beeindruckende Stadt mit euch!

Ja - sehr netter Bericht, danke.
 
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