Strategischer Einkäufer Outfit

trommelsack

New Member
Hallo zusammen,

ich lese wohl schon lange mit und habe viele Erfahrungen machen dürfen.
Nun habe ich einen neuen Job angetreten und mein Problem ergibt sich aus folgendem.

Das Bewerbungsgespräch bei einem großen Versicherungskonzern:

Ich kam im dunkelblauen Anzug, hellblaues Hemd, dunkelblauer Krawatte, schwarze Schuhe.
Später war ich in der Kantine 50% Anzugträger, 80% ohne Krawatte.

Erster Arbeitstag:
Ich kaufte mir bis zu diesem Tag aufgrund von diversen postings, ein business casual outfit.
Hellbaues (leicht kariert) Oxford, weisses Oxford Hemd.
Graues (strukturiert, grob) und dunkelblaues (flauschig, fusselig) Sportsakko.
Graue Flanellhose, 3 Chinos (hellblau, dunkelblau, beige/bronze).
Loake rahmengenähte Schuhe Fearnly Oxford Brogue in schwarz.

Ich dachte damit sehe ich besser aus als Chino + Hemd.

Jetzt habe ich mitbekommen, dass die meisten mit Anzugshose + Hemd umher wandern.

Aber kann es sein dass ich wirklich zu Casual gekleidet bin?
Ich fühle mich gar nicht so und fände das sehr Schade. Vorallem um das Geld.
 
Manchmal geht es im Geschäft nicht darum gut gekleidet zu sein, sondern richtig.
Neulich war ich auf einer geschäftlichen Veranstaltung mit ca. 300 Teilnehmern, der Gastgeber (ein sehr kurzer Mensch) trug einen Anzug, der deutlich zu groß war. Die Hose knitterte auf den Schuhen und er hielt die Ärmel mit den Fingern fest, damit sie nicht über die Hand rutschten. Das fällt natürlich auf. Noch mehr fällt aber auf, wenn das Outfit nicht dem Anlass angemessen ist. Ein Referent zu einem weniger wichtigen Thema erschien in Jeans und Sakko. Jeder wusste sofort, dass dies der Referent zum weniger wichtigen Thema ist.

Das Outfit sendet Signale. Natürlich sendet ein zu großer Anzug auch aus, dass der Träger sich nicht zu kleiden weiß. Aber es bleibt ein Anzug, den man in einer gewissen Position (hier: Gastgeber und Redner) eben zu tragen hat.

Ich finde im Business sind Kombinationen immer schwierig und bin erstaunt, dass Sie solche nach hiesigen Kommentaren erworben haben. Das deutet darauf hin, dass Sie möglicherweise Kommentare sehr selektiv wahrgenommen haben. Wenn Sie Lehrer sind, können Sie auch im Bandshirt vor Ihre Klasse treten, wenn Sie eine Kombination tragen, heben Sie sich schon ab. Im Umfeld einer Versicherung wird eine Kombination als das erkannt, was die Schneiderin Ihnen erklärte. Auch wenn Ihr Vorgesetzter offenbar nicht zu den gut gekleideten Menschen gehört, kleidet er sich scheinbar richtig. Sprich, er trägt die richtige Uniform, die die erwartet wird - wenn vielleicht auch in einer sehr oberflächlichen Weise.
 
Vielen Dank für den Kommentar.
Kann ich so nachvollziehen.
Das mit der selektiven Wahrnehmung ist wohl häufiger ein Phänomen.
Ich bin auf diverse Beiträge gestoßen, und da liegt der Hund begraben, bei denen es um eine alternative zum Anzug ging, sollte man Anzug ohne Krawatte tragen.
Es wurde immer wieder als Business Casual bezeichnet.

Da bin ich wohl meiner eigenen Illusion aufgesessen als ich meinen Kollegen in besagter Chino und Karo Hemd sah. Dachte ich mir, so eine Kombination sieht doch tausend mal besser aus. Ein Irrtum, wie sich wohl herausgestellt hat.
Mein sonstiges Umfeld behauptet sogar es würde besser als ein Anzug aussehen, einfach weil es bei diesem Outfit mehr zu sehen, zu fühlen und zu erahnen gibt, über den Träger und dessen Kompetenz in der Auswahl seiner Kleidung.
Nach nun 5 Arbeitstagen bin ich nun auch zu einer Überzeugung gelangt.
3 Anzüge und 6 Hemden hätten völlig ausgereicht.
Der Griff in den Kleiderschrank hätte jeden Tag 5 Minuten in Anspruch genommen und die Wahrnehmung meiner Person wäre sicherlich eine andere gewesen.

Da ich bei diesem Unternehmen nicht allzu lange bleiben werde, aber weiterhin als strategisch Einkäufer tätig bin, wenn auch nicht im Finanz oder Bankwesen. Muss ich wohl meine neue Garderobe in die Freizeit verbannen. Mit einem weinenden Auge, denn ich fühlte mich fantastisch angezogen.
 
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Ich habe Ähnliches beobachtet. Ich arbeite im Maschinenbau, und hier trägt man einfach etwas, das warm hält. Verlangt ein Termin einen Anzug, so wird eben einer getragen. Ästhetik hin oder her, Hauptsache im Lastenheft ist der Punkt "Anzug" abgehakt. Dieser wird dann vom Umfeld, mit der Begründung "Termin!", auch akzeptiert.

Ganz allgemein Freude an gutem Kleidungsstil an den Tag zu legen, fällt in einem solchen Umfeld daher auf. Falls ich Ihnen aber ein paar tröstete Worte hier lassen darf: ich bin sicher, dass Ihre neuen Outfits Sie in Ihrer Freizeit umso mehr positiv hervorheben werden.
 
Ich glaube, manchmal herrscht bei Menschen, die nicht gewohnt sind, einen Anzug zu tragen auch das vor, was ich als "Kirchgänger-Phänomen" bezeichne. Ein Anzug - selbst ein sehr guter - , den man 12 oder 16 Stunden getragen hat, sieht nicht mehr aus, als wäre er gerade frisch vom Schneider gekommen. Das unterscheidet den Anzug im Business vom Anzug beim Kirchgang, der ja höchstens 1x wöchentlich für 2 Stunden aus dem Schrank geholt wird.

Ein Anzug ist in etlichen Branchen eben Berufskleidung. Man sieht an der Berufskleidung manchmal, dass Menschen gearbeitet haben. Das ist ja keine Abendmode.

Oft sind Menschen irritiert, wenn das Hemd knittert oder auch der Anzug nicht mehr ganz frisch aussieht. Ich finde das am Ende des Tages ganz normal. Trotzdem bleibt es ein Anzug. Nur weil jemand im Büro aussieht, als hätte er seinen Anzug wirklich bei der Arbeit getragen, heißt das nicht, derjenige pflege einen (nach)lässigen Kleidungsstil.
 
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