Mein Besuch bei Vanda Fine Clothing

Vitez

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Viele Leser dieses Forums werden von Vanda Fine Clothing schon einmal gehört haben. Vanda ist eine kleine Manufaktur für Krawatten, Einstecktücher und neuerdings auch Hemden mit Sitz in Singapur. Die Inhaber sind Diana Chang und Gerald Sheng, ein chinesischstämmiges Paar. Sie fertigen mit viel Akribie und Hingabe aus ausgesuchten Materialien in Handarbeit. Die Krawatten sind dabei - wie in der Klasse oftmals üblich - eher leichter Bauart. Das heißt je nach Stoff unlined oder leichtes lining, wenn tipped, dann self-tipped. Die Krawatten werden aus 2 Stücken Stoff gefertigt und sind oftmals „6-fold“ (nach italienischer Zählweise wohl dann 7-fold).

Hier der Link zur Internetpräsenz von Vanda:
http://vandafineclothing.com

Hier findet sich seit kurzem auch ein 5-minütiges Video über den Fertigungsprozess einer Krawatte, welches ein realistisches Bild der Protagonisten und der Räumlichkeit vermittelt.

Dieses Jahr hatte ich die Urlaubsnahme etwas verpeilt. Das heißt, auch aufgrund der längeren Abwesenheit einer Kollegin, aber vor allen Dingen aufgrund von Eigenverschulden, habe ich sämtliche Planungen vor mir her geschoben, sprich nicht vorgenommen.
So musste ich auf jeden Fall im beliebten November noch gut 2 Wochen Urlaub abbauen. Schnell war mir klar, es soll irgendwo hingehen, wo es deutlich wärmer ist als bei uns typischerweise in dieser Jahreszeit.
Nach kurzer Internetrecherche ist mir nichts besseres eingefallen, als erstmal einen Flug nach Bangkok zu buchen und den Urlaub darum zu bauen.

Nicht zuletzt aufgrund des Zuratens eines geschätzten Forumskollegen mit Süd-/Ost-Asienerfahrung hatte ich mir vorgenommen, mal einen Abstecher nach Singapur zu machen. Singapur ist von Bangkok aus gut und günstig zu erreichen und zufällig eben auch die Heimat der beiden Inhaber von Vanda Fine Clothing Diana Chang und Gerald Sheng und damit Firmen- und Manufaktursitz.
Wenn ich schon mal in Singapur sein würde, wollte ich natürlich auch bei Vanda vorbeischauen. Schon länger hatte ich die ein oder andere Krawatte bzw. Einstecktuch im Auge, aber aufgrund des ganzen Hickhacks mit nachträglicher Versteuerung, Zoll, internationalem Versand bisher davon abgesehen.

Einige Tage vor Abflug nahm ich also mit Vanda E-Mail-Kontakt auf. Um das Eis zu brechen, stellte ich mich offensiv als Blutsbrüder von Scandi vor. Ich weiß aber bis heute nicht, ob mir das jetzt eher genützt oder geschadet hat…

Jedenfalls hätte ich gerne auch ein Bespoke-Hemd machen lassen, was seit kurzem ebenfalls von Vanda angeboten wird. Nach einigem Hin und Her musste ich aber notgedrungen einsehen, dass die Zeit dafür zu kurz sein würde.
Nun gut, damit konnte ich durchaus leben. Insgesamt war der E-Mail-Kontakt sehr unproblematisch. Gerald hatte immer sehr zeitnah geantwortet.

Am Montag, den 14.11.2013 bin ich schließlich mit Tiger Airways von Bangkok nach Singapur geflogen. Die Flugbuchung (hin und zurück getrennt wegen Flexibilität) war sehr unkompliziert und kurz vor Abflug noch möglich. Tiger Airways ist eine Billig-Fluglinie, bei der wirklich alles - und ich meine alles - extra zahlen muss, so dass sich der ursprünglich sehr günstig ausgewiesene Flugpreis etwas relativiert hat. Insgesamt habe ich aber Hin- und Zurück mit kurzfristigster Buchung unter 200 Euro bezahlt. Beinhaltet war Gepäck (Jehova!) und eine Reihe mit mehr Beinfreiheit. Zumindest letzteres ist jedem Reisenden über 171 cm Körpergröße dringendst anzuraten. Tiger Airways hält bisher den einsamen Rekord was das Beingefängnis angeht. Unglaublich. Ich hab beim Hinflug noch geupgradet, obwohl der Sitz neben mir frei war!

Der Flug dauert knapp 2 h, wobei Singapur gegenüber Bangkok eine Stunde voraus ist (also 7 h zur mitteleuropäischen Winterzeit). Ankunftszeit sollte so gegen 16.00 ihr Ortszeit am Singapurer Changi-Flughafen sein. Gerald hatte mich ermutigt, gleich vom Flughafen direkt zu Vanda zu kommen, normalerweise sei man 20 min nach Landung aus dem Flughafen draußen. Nun, ich war sehr skeptisch, aber da Vanda Dienstags nicht besuchbar ist, hätte ich ansonsten 2 Tage verloren. Also habe ich es versucht und was soll ich sagen: Wahnsinn! So schnell war ich ganz selten aus einem Flughafen draußen und es war ja ein internationaler Flug! An der Passkontrolle war nur einer vor mir. Nach einer Minute fertig. Bei mir auch nicht länger als 2 min. Stempel und weiter. Ab zum Gepäckband. In dem Moment fährt mein Koffer an mir vorbei. Noch schnell Landeswährung abheben und eine SIM-Karte kaufen. Dann zum Taxistand. Völlig leer da. 20 min nach Landung saß ich im Taxi auf dem Weg zu Vanda. Die Taxen in Singapur sind zuverlässig und preisgünstig, absolut empfehlenswert.

Dank der per E-Mail übermittelten Wegbeschreibung von Gerald hat der Taxifahrer die Adresse auch gut gefunden. Fahrzeit waren ca. 20 min. Vanda sitzt in einem Art Industrieblockkomplex. Die ca. 4-stöckigen Blöcke sehen ähnlich aus wie Wohnblöcke mit innenliegenden Rundgängen af den jeweiligen Etagen, von denen man die einzelnen, meist kleineren Räumlichkeiten/Geschäfte erreichen kann. Es ist aber kein Einkaufskomplex, sondern dort wird anscheinend überwiegend tatsächlich gearbeitet.
Vanda sitzt im 1. Stock und wurde von mir recht schnell gefunden.

Diana und Gerald hatten offensichtlich schon auf mich gewartet und mich freundlich begrüßt. Ihre Werkstatt ist - frei geschätzt - ca. 30-35 m2 groß. Ein einziger Raum. Dort arbeiten sie zu zweit und teilweise mit einer Näherin zu dritt. Aber alles gepflegt und zweckmäßig eingerichtet, natürlich auch mit W-Lan.
Die meisten Stücke von der Webseite hat Vanda auch fertig vor Ort, außerdem sind Stoffbücher und natürlich die Stoffballen zu besichtigen. Die Sachen anzufassen ist ja doch noch mal etwas anderes, zumal Vanda sehr unterschiedliche und teilweise auch ungewöhnliche Stoffe anbietet, wie z.B. alte Kimono-Seide für Einstecktücher. Es sind aber auch bekannte und geschätzte Stoffe verfügbar, wie z.B. Ancient Madder Silk aus England oder Grenadine aus Italien.

Nach dem ich mich erstmal akklimatisiert hatte, bin ich dann dazu übergegangen eine Bestellung aufzugeben. Einige Sachen hatte ich - wie bereits geschrieben - schon im Kopf.. Die habe sich auch größtenteils bestätigt. Problematisch war nur, dass noch so einige andere Krawatten und Einstecktücher dazu gekommen sind, die ich nicht unbedingt auf der Rechnung hatte. Nach einer gewissen Zeit war eine sehr ansehnliche Bestellung zusammengekommen. Die Einstecktücher waren alle mitnahmebereit. Bei den Krawatten haben wir uns aber auf eine Länge von 59,5 inch bzw. ca. 151 cm verständigt (die Standardlänge bei Vanda im Shop ist 57 inch/145 cm).
Das heißt, die Krawatten mussten alle erst noch angefertigt werden. Diana und Gerald waren aber der Meinung, dass sei bis Mittwoch, also in 2 Tagen, kein Problem. Nun gut, mir sollte es recht sein.


Zum Abschluss zeigte mir Gerald noch seine Spirituosen Sammlung:


Dann genehmigten wir uns noch einen sehr leckeren Aberlour:


So verabredeten wir uns für 2 Tage später und ich verabschiedete mich für diesen Abend.

Gewohnt habe ich in Singapur im Hotel „The Sultan“:

http://www.thesultan.com.sg

Ein recht stylisches Hotel für ca. 120 Euro/Nacht. Das Zimmer und insbesondere das Bad waren sehr klein, aber zweckmäßig eingerichtet und recht neu. Das Bett war sehr gut. Die Anlage insgesamt war sehenswert und architektonisch recht interessant. Schwer zu beschreiben, so was habe ich jedenfalls bisher noch nicht gesehen. Habe mich regelmäßig verlaufen. Ich habe im Erdgeschoß gewohnt, so dass auch gut Lärm von der Straße in das Zimmer gedrungen ist, obwohl es nur eine kleine Nebenstraße war. Ohropax war da im Zweifel mein Freund. Die Lage des Hotels ist sehr gut, mitten im arabischem Viertel.

Ich möchte hier keinen Reisbericht über Singapur liefern, aber zumindest ein paar kurze Eindrücke wiedergeben. Singapur ist eine unglaublich saubere und sichere Stadt. Irgendwer hat mal gesagt, es sei das Münchens Asiens und das stimmt auch irgendwie. Die meisten deutschen Städte dürften jedenfalls deutlich ungeordneter und schmutziger sein. Kriminalität soll es so gut wie gar nicht geben und Verkehrsregeln werden beachtet.
Ich denke, es hängt wohl mit den (angeblichen?) hohen Strafandrohungen für aller Art Fehlverhalten zusammen. Die Singapurer nehmen sich diesbezüglich teilweise selbst auf den Arm. So gibt es z.B. T-Shirts mit der Aufschrift „Fine-City“ und der bildhaften Darstellung, was alles verboten ist. Ich selbst habe allerdings keine Polizei gesehen und keine Kontrollen mitbekommen. Selbstverständlich hätte ich aber jeder standgehalten!

Besonders zu erwähnen ist auch die sehr hohe Heterogenität der Stadt. Da gibt es wirklich Menschen aus aller Herren Länder und so sieht die Stadt auch teilweise aus. Ich war in den sehr sehenswerten Vierteln Little China, Little India, Arab Viertel (dort lag auch mein Hotel), genauso wie auf mondänen Einkaufsstraßen und im Finanzviertel. Teilweise liegen Moscheen, Hindu-Tempel, buddhistische Wats oder Kirchen sehr nah beieinander und es scheint überhaupt keine Spannungen zu geben. Ist ja auch mal schön zu sehen. Die kulinarische Vielfalt ist selbstredend auch sehr groß, wobei ich da schon aus zeitlichen Gründen nicht so viel probieren konnte, wie ich gerne gewollt hätte. Das Preisniveau ist mehr auf europäischem Niveau, wobei man gerade Essen auch sehr günstig kaufen kann. Whisky und Zigarren sind aber ca. um das 5-6-fache teurer als bei uns, wie ich zufällig in einem etwas verstecktem Club im chinesischen Viertel in Erfahrung bringen konnte. Da erklärt es sich auch, dass die Jungs keinen Spaß beim Einfuhr von Tabakwaren und Alkohol verstehen (sollen). Ich glaube ersteres ist gänzlich untersagt und zweiteres stark limitiert.

Als Fazit kann ich einen Besuch von Singapur absolut empfehlen. Einige Tage kann man dort sehr gut verbringen. Ich denke, es wird auch nicht mein letzter Besuch gewesen sein.

Disclaimer:
Ich war mir nicht sicher, in welches Unterforum dieser Bericht gehört. Reisetipps und Accessoires erschienen mir zu speziell, deshalb habe ich mich jetzt für die allgemeine Variante entschieden. Wenn ein Zuständiger meint, woanders wäre besser, kann der Bericht natürlich gerne verschoben werden.

Hätte die Fotos gerne an den jeweiligen Stellen gebracht, sehe aber nicht, wie das zu bewerkstelligen ist. Daher poste ich die einfach in den Folgebeiträgen.
 
Der Hammer! :eek: (würde mein Sohn jetzt sagen) - Thank you so much! :)

Ich habe bereits einige Krawatten dort erstanden, wußte aber über die Firma so gut wie gar nichts. Das wirkt ja alles sehr familiär und gemütlich; fehlt nur noch das Einstecktuch mit Ardbeg-Muster ;) - Schon jetzt einer meiner Lieblingsberichte hier im Forum. Vielen Dank, nochmals, für Deine Mühe, lieber Vitez!
 
...Whisky und Zigarren sind aber ca. um das 5-6-fache teurer als bei uns, wie ich zufällig in einem etwas verstecktem Club im chinesischen Viertel in Erfahrung bringen konnte. Da erklärt es sich auch, dass die Jungs keinen Spaß beim Einfuhr von Tabakwaren und Alkohol verstehen (sollen). Ich glaube ersteres ist gänzlich untersagt und zweiteres stark limitiert...

Du meinst nicht La Casa Cubana von Jimmy Ng (liegt ja nicht in Chinatown)?
 
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