Kleidungsproduktion in Deutschland - Möglich?

Ich denke, daß es trotzdem nicht genügend Arbeitsplätze für Produktionshelfer etc. gibt, wenn die auf dieser Stufe Qualifizierten (ein Euphemismus, ich weiß) denn alle zur Arbeit würden eilen wollen. Denn die Arbeit ist ja nicht verschwunden, sie ist nur woanders als in den 60ern: für Deutschland aber so gut wie weg.

Die Wechselwirkung mit den Lebenshaltungskosten und hohen Entlohnungen anderer besteht in der Tat. Ebenso stimme ich zu, daß die Reserven an persönlicher Bildungsfähigkeit bei weitem nicht ausgeschöpft werden.

Das liegt aber an so vielem. Unter anderem an der Schule, und da geht es in der Grundschule schon los: Wir konnten (bzw. hätten können müssen) zu meiner Zeit die Haltestationen des besonderen Verkehrsmittels meiner Heimatstadt in der richtigen Reihenfolge benennen, ebenso die Talsperren in unserer Region (das sind etliche). Gibt es heute nicht mehr, ich hab bei meinem Sohn extra aufgepaßt. Folge: fehlende Orientierung in der Stadt und der Umgebung. Andererseits wurde in der vierten Klasse Englisch "gelehrt", auf einem so grottoiden Niveau, daß davon nichts hängenbleiben konnte -verschwendete Zeit eben. Schon die Bücher: Die Ballade heißt "Die Brück' am Tay", nicht "Brücke" (so steht es aber im Deutschbuch). Und Luther ist der Begründer der evangelischen Kirche in Deutschland, sagt zumindest die Lehrerin. Als meine Nichte im Deutschunterricht die Mehrzahl des Fachausdrucks für die vier Fälle mit "casus" (u lang gesprochen) angab, meinte die Lehrerin, die sich den Kindern als besonders an Grammatik interessiert vorgestellt hatte, es hieße "casi". Meine Schwester ist beim Mittagessen fast gestorben, weil sie sich vor Lachen verschluckt hatte.

Die Bildungsdebatte wird ja immer wieder geführt, und ist hier natürlich vollkommen am Thema vorbei, "Setzen, sechs!" :p Nicht alles war früher besser, aber es kam mir gerade eben hoch, und da mußte es heraus. Nichts für ungut!

Grüße Zieten
 
Ich würde es eher begrüßen, wenn unser Standort zukünftig noch stärker ein weltweites Zentrum für anspruchsvolle, innovative und zukunftsfähige Hochlohntätigkeiten würde. Die eigentliche Produktion kann dabei gerne in Asien bleiben, dabei gewinnen wir doch sowieso nichts.

Na, wenn Du Dich da nicht verspekulierst. In nicht allzu langer Zeit machen das die Asiaten nämlich auch selbst. Dann wird's eng. Die Vorstellung, der Westen könnte sich auf seinen Hochlohntätigkeiten ausruhen, halte ich für sehr gefährlich. Schon unsere Kinder (wenn sie grade geboren werden) werden diese Strategie nicht mehr fahren können. In verschiedensten Tec-Sektoren sind doch asiatische Firmen jetzt sogar schon in F&E führend. Daher denke ich, dass es schon sinnvoll ist, danach zu fragen, wie man es schafft, eine gesamte Wertschöpfungskette hier in Westeuropa zu verorten. Ansonsten sitzt die nämlich in Vietnam/China/Taiwan.
 
Na, wenn Du Dich da nicht verspekulierst. In nicht allzu langer Zeit machen das die Asiaten nämlich auch selbst. Dann wird's eng. Die Vorstellung, der Westen könnte sich auf seinen Hochlohntätigkeiten ausruhen, halte ich für sehr gefährlich.

Ich habe ja geschrieben "würde es begrüßen" und nicht "gehe davon aus" bzw. "werde mich darauf ausruhen, dass". :cool:
 
Die aktuelle Wirtschaftswoche hat eine mehrseitige Titelstory zum Thema Produktionsbedingungen deutscher Modefirmen. Ich hab`s nur flüchtig auf dem Klo überflogen, werde mich damit aber am WE nochmal mit beschäftigen. Insgesamt ein guter -wenn auch erschreckender- Artikel zum Thema (Nicht-)Produktion in Deutschland und Nachhaltigkeit.
 
Hat zwar nur indirekt mit Kleidung zu tun, aber finde es auch sehr interessant von Konzept und Materialen her. Hab leider noch keine persönliche Erfahrung damit, da ich selbst erst zufällig drauf gestoßen bin, aber kann sich ja noch ändern ;)

http://www.eagle-products.de/

Gibt neben Plaids auch Schals usw, alles komplett Made in Germany.
 
Produzierende Betriebe in der Textilbranche haben tatsächlich einen Fachkräftemangel.
Wer heutzutage (maß)schneider lernt, der möchte sich meistens selbständig machen und träumt von einer Karriere als Designer oder vom eigenen Shop.
Kaum einer hat daran Interesse, für sehr überschaubares Geld in der Produktion zu arbeiten.

Das verstehe ich nicht. Man braucht ja nicht über Fachkräftemangel klagen, wenn man den Leuten nur Hungerlöhne zahlen möchte. Ich halte es nicht für vermessen, wenn die Menschen sich Jobs suchen, mit denen sie ihre Familie ernähren können. Wie hoch ist denn der Anteil der Lohnkosten an einer industriell gefertigten Hose? Und wie hoch wird er, wenn man die zu vernünftigen Löhen in Deutschland fertigt?
Auch American Apparel zeigt, dass Fertigung in Hochlohnländern funktioniert.

In meiner Branche ist Made in Germany komischer Weise noch der Standard, mal sehen, was die Zukunft bringt.
 
Das ist so nicht richtig. Die Ausbildung als MaßschneiderIn ist nicht dafür ausgelegt, danach als NäherIn zu arbeiten. Dafür gibt es die industrielle Ausbildung des Modeschneiders/der Modeschneiderin. Diese Ausbildung dauert nur zwei Jahre und beinhaltet keine Hand(werks)arbeit wie gestickte Knopflöcher oder handgenähte Säume. Die arbeiten Ausschließlich mit der Maschine, machen Endkontrollen usw...und das gleich für mehrere Stückzahlen. Eben industrielle Fertigung.
Und ich denke, dass diese industrielle Fertigung auch in Deutschland möchlich ist, wenn sich Menschen endlich des Wertes von hergestellter Kleidung bewußt werden. Die Wertschätzung und der Art Geld auszugeben bzw zu horten ist irgendwie auf eine schiefe Bahn geraten. Ich spreche jetzt nicht von qualitativ hochwertiger Kleidung, sondern von Kleidung, die man benötigt. Die schlicht aber sauber genäht ist, um das Grundbedürfnis der Körperbedeckung zu befriedigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man braucht ja nicht über Fachkräftemangel klagen, wenn man den Leuten nur Hungerlöhne zahlen möchte.
Ein ganz zentraler Punkt. Mein Eindruck ist, dass das geflügelte Wort des Fachkräftemangels (nicht nur in Deutschland) vor allem von Arbeitgebern geprägt wurde, die die jeweils aktuellen Kosten für lokale Fachkräfte mit billigeren Arbeitskraftimporten gerne unterwandern möchten, wenn sie ihre Arbeit schon nicht vernünftig in Billiglohnländer exportieren können. Das gilt sowohl für das Gehaltsniveau als auch für eine eventuell notwendige teure Einarbeitungsphase eines nicht 100% passenden Bewerbers, den man natürlich erst dann händeringend sucht, wenn alles explodiert, und nicht mit einer soliden, langfristigen Personalplanung.
 
Guten Morgen,

vielleicht sehe ich das falsch. Aber bei dem Automatisierungsgrad in der deutschen Industrie dürften die Lohnkosten doch wohl nicht der entscheidende Punkt bei der Standortwahl sein. --- Oder?


Servus

p.
 
Mit Made in Germany ist das so eine Sache. Ich finde der Vergleich mit Polo Ralph Lauren hinkt auch ein wenig. Immerhin sind die Sachen in Deutschland sehr viel teurer als im Ursprungsland. In Amerika sieht das dann mit dem Preis/Leistungs-Verhältnis schon wieder ganz anders aus. Dort hat Ralph Lauren auch nicht einen ganz so hohen Stellenwert. Die Leute tragen es in der Muckibude oder zum Autowaschen. In Deutschland wird dann halt das identische Produkt als Luxusware angeboten. Klar, dass da manche Leute nicht zufrieden sind. Deutschland gilt als Wohlstandsland, in dem so manche Marke kräftig abkassieren will. Gant, Hilfiger etc sind hier ja auch viel teurer.

Zudem bedeutet Made in Germany nicht automatisch ein Top-Produkt. Hier wird ja öfters Trigema erwähnt. Was nützt mir ein T-Shirt Made in Germany, wenn es dann doch nicht bessere Qualität als H&M bietet? In einem Basic T-Shirt Test hat die Marke nämlich, trotz Made in Germany, nicht wirklich gut abgeschnitten.

Trigema:
Info 100% Baumwolle,
»supergekämmt
«, Öko-
Tex-Siegel, Made in
Germany
Stoff: Nach der Wäsche ist die
Oberfläche nicht mehr glatt, etwas
aufgeraut, beginnende Knötchen-
Bildung, Etikett verblasst
Naht Am Kragen und Armeinsatz
sehr wellig, Längsnähte stark
verdreht, am Saum beginnen sich
die Nähte zu trennen
Form Durch Verzug der Längsnähte
starke Maßänderung, insbesondere
nach 60-Grad-Wäsche
längs 8 cm, quer 6 cm kürzer
• Preis 18 Euro
• Bewertung 2/5

http://www.google.de/url?sa=t&rct=j...sg=AFQjCNEjTCqiN9WIb3Ng9jqpXH-0BEm5lA&cad=rja
 
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