Harris Tweed by MARIO BARUTTI

M. Richter

Member
Vor einigen Tagen lag bei mir im Briefkasten ein neuer Katalog vom "Breuninger".
Anbei war ein kleines Prospekt von Mario Barutti, mit einigen schönen Tweed Sakko's, hergestellt aus Harris Tweed.

Vielleicht können einige unserer versierten Gentlemen was zum Hersteller oder der Qualität sagen?Preislich und optisch erscheinen mir die Sachen recht attraktiv, ein Tweed Sakko kostet zwischen 200-300€.

http://www.mario-barutti.de/deutsch...php?id=19&artikel=127&start_akt=0&start_neu=0
 
Dazu fällt mir spontan ein: Wein aus dem Tetra-Pack. Hat sicher seine Liebhaber:D, aber nichts für Connaisseure.

lg Algy
 
Ich oute mich gerne, dass ich ein solches Tweedjacket von Barutti besitze. Habe noch als Primaner eines in hellerem Braun bei Engelhorn in Mannheim erworben, weil ich damals unter dem Wahn litt, unbedingt ein Tweedjacket haben zu müssen.

Bin mit dem Jacket sehr zufrieden, auch wenn es eher etwas rustikaler ist, was ja die eigentliche Atraktivität von Tweed für mich ausmacht. D.h. aber dass das Jacket etwas länger geschnitten ist, lederbezogene Knöpfe hat und eben ein sehr grober Stoff ist. Finde ich gerade im Herbst als Steppjackenersatz, wenn es für Jacket zu kalt und Mantel noch zu warm ist, ideal.

Wenn man allerdings eine klassische Tweedsportsjacke sucht, v.a. in diesen wunderbaren Grüntönen, dann lass die Finger davon. Wer ein elegantes Tweedjacket sucht, ist ohnehin bei der italienischen Interpretation besser aufgehoben. Für das britische Original kann ich jedoch Cordings und Ede & Ravenscroft empfehlen, wobei Ede etwas körperbetonter ist. Beim nächsten Sale kann man dann diese sicherlich auch günstig Online erwerben. Solange heisst es aber warten...oder den vollen PReis zahlen, was sich aber allemal lohnen würde.

Grüße

Canta
 
O.K. Ein paar erläuternde Worte, die Sie werter Florian vielleicht ergänzen oder korrigieren wollen:

Harris Tweed is cloth that has been handwoven by the islanders of Lewis, Harris, Uist and Barra in their homes, using pure virgin wool that has been dyed and spun in the Outer Hebrides.

Leider alles nicht mehr das was es mal war.

Die ursprünglich Idee von Harris Tweed, übrigens schon unter Queen Victoria als Marke geschützt, war es den crofters auf den schwer bewirtschaftbaren äußeren Hebriden ein zweites Standbein zu geben. Sie webten den Stoff auf kleinen Handwebstühlen in Heimarbeit. Eine zentrale genossenschaftlich geführte Verwaltung sorgte für Weiterverarbeitung und den Verkauf. Aufgrund der kleinen Webstühle gab es Harris-Tweed bis vor wenigen Jahren auch nur in "halber" Breite, in begrenzter Menge und Mustern. Die Stoffe wurden in erster Linie an große Stoffhäuser und letztendlich an Schneider geliefert. Harris-Tweed als fixer Bestand in der Konfektion war eher selten.

Dann kam http://www.independent.co.uk/life-style/fashion/features/tweed-all-about-it-1783357.html

http://news.stv.tv/scotland/north/121088-harris-tweed-mill-wont-reopen-until-next-year/

Was genau passiert ist weiß ich nicht. Mein letzter Besuch auf Harris ist leider schon ein paar Jahre her. Jedenfalls wird der Markt plötzlich mit Harris-Tweed-Konfektionen a la Barutti überschwemmt. Schneider führen Harris-Tweed-Bündel plötzlich in normaler Breite. Das ganze in Mengen die die wenigen noch vorhanden Weber die an ihren Stühlen in Heimarbeit produzieren, unmöglich bewältigen können.

Breanish ist übrigens kein Harris Tweed im strengen Sinne, da die Wolle nicht (nur) von den äußeren Hebriden kommt. Die Stoffe werden jedoch von Hand auf den kleinen alten Webstühlen gewoben und damit wahrscheinlich das beste was man an handwoven Tweed derzeit bekommen kann.

lg Algy
 
Ich bin zwar nicht der werte Florian, ich möchte auch nichts korrigieren, sondern nur eine kleine Ergänzung beitragen.
Ich berufe mich dabei auf Herrn Dipl.Ing. Gaugusch, den Inhaber von einem der bedeutendsten Stoffgeschäfte Europas, W.Jungmann & Neffe in Wien.

Die Marke "Harris Tweed" wurde vor etwa anderthalb bis zwei Jahren von einem italienisch/internationalem Konsortium inklusive aller Rechte erworben.
"Harris Tweed" - als Markenware - wird nicht mehr an Tuchhändler oder Schneider geliefert. Es gibt Tweed der Marke "Harris Tweed" nur mehr als verarbeitete Konfektionsware zu kaufen und das wiederum nur von Herstellern, die Mitglieder des erwähnten Konsortiums sind oder an dieses entsprechende Lizenzgebühren bezahlen.
Einige Tuchhändler , wie eben W.Jungmann & Neffe haben habe alles noch Erhältliche an echter Harris-Tweed-Webe in der besagten "Halben Breite" aufgekauft, die Bestände sind aber weltweit bereits auf ein Minimum abverkauft worden. Logischerweise.
Ähnlich war ja auch die Entwicklung beim echten "Khaki" und "Offiziers-Khaki" mit indischer Nomenklatur, dessen ebenfalls halbbreitige Qualität unvergleichlich besser war/ist als all das, was heutzutage vollmundig als "Chino" angeboten wird.
Wer also Echtes und Tweediges von überlieferter Herstellungsart haben möchte, der ist bei Breanish und Kollegen weitaus besser bedient und sollte die Finger von neumodischem Konfektionszeug mit dem Label "Harris Tweed" lassen.

Um richtig verstanden zu werden: nix gegen das Label und die Waren, aber wer das wahre Original sucht, wird es dort nicht finden.

Eher schon direkt bei den Webern auf den Inseln, die nach wie vor auf betulich arbeitenden Holzwebstühlen echten (Harris-) Tweed herstellen, ihn aber nicht mehr so nennen dürfen.......

Camlot

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Auf http://camlots.blogspot.com ist übrigens zufällig gerade ein echtes Harris-Tweed-Sakko aus good old days zu sehen, wenn auch in anderem Kontext.

Werter Camlot;)

Danke für die Ergänzung und vor allem die (traurigen) Fakten. Ich habe die Stoffe für meine beiden Harris Tweed Jackets direkt bei Webern auf Harris gekauft. Ich kann mich aber noch gut erinnern, dass J.& N. vor zwei oder drei Jahren wunderbare Harris Tweed Stoffe am Lager hatte. Schön, dass sich Herr DI Gaugusch noch was von der alten Qualität sichern konnte. Von besagtem Khaki habe ich mir bei ihm hingegen seinerzeit Gott sei Dank eine Bahn für einen wunderbaren Anzug gesichert.

lg Algy

Für die Schottland-Fans: http://www.youtube.com/watch?v=0S0FjbfFoKc
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wirklich sehr interessant meine Herren, ich bin zugegebenermaßen immer wieder erstaunt wie bewandert manche Menschen hier im SM bezüglich solcher Themen wie diesem sind.

Ich war heute in Stuttgart unterwegs, unter anderem bei SOR, dem Herrenausstatter Eckerle und diveresen anderen kleinen Läden die klassische Herrenmode anbieten.Die Auswahl an Tweed Sakkos ist unglaublich, ich konnte mich einfach für keines so richtig entscheiden.

Liebend gerne würde ich mir natürlich ein Tweedsakko anfertigen lassen, aus ECHTEM Harris Tweed, leider lässt mein dafür zur verfügung stehendes Budget in nächster Zeit solche Extravaganzen nicht zu.
Also bleibt mir nichts weiteres übrig als zur RTW Ware zu greifen.

Gentlemen, vielleicht können Sie mir ein paar "bezahlbare" Empfehlungen aussprechen, nach was für Herstellern ich ausschau halten sollte welche gute RTW Tweed Sakkos herstellen?!

Ich bin für jeden Tipp dankbar.
 
Was genau passiert ist weiß ich nicht.

Zur Zeit gibt es auf der BBC eine drei-teilige Dokumentation über die Schwierigkeiten von Harris Tweed. Dritter Teil kommt nächsten Dienstag. Hier is die Zusammenfassung der ersten beiden Teile (sowie das Link zum BBC 'iplayer' auf dem die ersten beiden Teile gesehen werden können, allerdings nur von Computern die im UK registriert sind:

Trouble Looms

Harris Tweed is the most iconic of all tweeds, woven by hand at home, by an islander in the Outer Hebrides, and adored for decades the world over. Or it was. As our tweed saga begins, the world has forgotten Harris Tweed and the island industry is in terminal decline. Savile Row tailor Patrick Grant heads north from Mayfair in search of new supplies of the only cloth that will satisfy his fanatical tweed customers, and discovers that all is not well - and the supply may be about to end.

A Yorkshire textile baron has stepped in to save Harris tweed - or has he? Brian Haggas offers weavers and mill workers constant work, but plans to reduce the traditional eight thousand patterns to just four - and to dominate the world market in Harris tweed jackets.

The majority of the hundred and twenty weavers still producing tweed respond to the challenge and produce thousands of metres of fabric. But then disaster strikes - the jackets aren't selling and the workforce are laid off.

The islanders take steps to protect their heritage - a beautiful, sustainable and ethnic British cloth, as much part of island culture as the gaelic language - but are they too late?

http://bbc.co.uk/i/ml5nv/

Harassed Tweed

Harris Tweed is gasping for breath.

Yorkshire textile baron Brian Haggas still owns the biggest mill on the islands, but he is not making any more tweed before he has sold the thousands of jackets he still has. With sales not going as well as expected he has had to lay off all the freelance weavers. Now, as the islanders finish celebrating Christmas, he flies in for another dramatic act to completely close down the mill and lay off the workforce.

At this very low point in the Harris Tweed story, a new chief executive of the Harris Tweed Authority begins work. She is charged with getting the cloth out of the doldrums and back onto the world stage.

So do the new owners of the remaining two tiny mills - the only places on earth left making Harris Tweed. Alan Bain, co-owner of the smallest operation, Carloway Mill, is making overtures to an Italian car manufacturer - will the Europeans swoon at the prospect of Harris Tweed car seat covers?

At the Shawbost Mill they are backing the young Scottish designer Deryck Walker to produce groundbreaking tweed in Mediterranean hues.

Meanwhile, a posse of London tweed fanciers comes to the islands in search of Harris Tweed to see if it is still available or gone forever. They find a fabled source of ancient cloth, the Turin Shrouds of Harris Tweed

The fight-back has begun.

http://bbc.co.uk/i/mvb0l/

Wichtig für die Geschichte ist die 'Mill' (die "Mühle"). Die Mill ist das Nervenzentrum in der Produktion von Harris Tweed. Sie spinnt und färbt das Garn, sammelt die Aufträge ein und gibt dann Garn und Auftrag an die individuellen Weber die den Stoff zu Hause weben. Dann geht der Stoff in die Mühle zurück, wird gewaschen, inspiziert und gefinished und geht dann von der Mühle an die Auftraggeber.

Es gibt drei Mühlen auf den Inseln. Die größte Mackenzie produziert ungefähr 80% des gesamten Harris Tweed. Die Mühle, die in finanziellen Schwierigkeiten war, wurde von dem Englischen Textil-Mogul Brian Haggas gekauft. Haggas hatte die tolle Idee: "Warum geben wir uns denn mit dem Stoff ab, wenn wir den Stoff gleich in Sakkos verwandeln dann machen wir ja zweimal Profit." Deshalb wurde allen Stoff-Kunden der Zugang zu dem Material unterbunden. Statt der 8 000 möglichen Muster- und Farbkombinationen, wurde die Mühle angewiesen nur vier Muster (in Unmengen) zu produzieren die dann in China zu 70 000 Sakkos geschneidert wurden.

Diese Großvater-Sakkos (alle gleich) in langweiligem Schnitt und trister Farbe wollte aber niemand kaufen. Aber bevor die Sakkos verkauft sind, will Herr Haggas keinen Tweed mehr produzieren und, zuerst nach Teilarbeit, schloß dann die Mühle und schickte das Personal (200) zum Stempeln.

Es gibt aber noch zwei kleine Mühlen auf den Inseln. Und verschiedene Interessenten die Harris Tweed nicht sterben lassen wollen, versuchen nun diese beiden kleinen Mühlen anzukurbeln und den Harris Tweed, so wie er sein sollte, zu produzieren.

Hier ist einer der Mitspieler:
http://www.dashingtweeds.co.uk/dt/about/
 
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