Halloween - a pain in the ass!

Nordlicht

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Von allen aus den USA importierten "Feiertagen" und "Events" wie Muttertag und Valentinstag ist mir Halloween der unangenehmste und verhassteste.

In den letzten Jahren klingelten Heerscharen von meist bildungsfernen Kindern, manchmal mit ihren noch bildungsferneren Müttern, an meiner Tür und brachten es meist nicht einmal fertig, den Satz "Süßes oder Saures" konzentriert und fehlerlos auszusprechen. Manche waren zwar halbherzig verkleidet und/oder angemalt - der Zahnstatus und das Alltagsoutfit hätten aber eigentlich schon ausgereicht, um Horror und Entsetzen zu verbreiten. Wenn man dann Süßigkeiten im Haus hatte, sprach sich das rum und bald klingelten die nächsten Divisionen Halbwüchsiger, weil ihre Mitstreiter Verstärkung angefordert hatten. Wenn man nicht aufmachte und gem. Opas Luftschutzmerkblatt verdunkelte, hatte man am nächsten Tag wahlweise Klorollen im Buchsbaum, Eier an der Hauswand oder Zahnpasta an der Tür.

Halloween konterkariert m.E. außerdem den Reformationstag und Allerheiligen. Statt mit der Familie auf den Friedhof zu gehen und in aller Stille an den toten Opi zu denken, laufen die Kinder rum wie selbiger. Und den Satz "Hier stehe ich, ich kann nicht anders." würde ein Großteil der heutigen Jugend wahrscheinlich nicht Martin Luther sondern irgendeinem Casting-Kandidaten zuschreiben.

Aber was reg` ich mich auf. Handeln war angesagt. Und genau wie ich auch Zeugen Jehovas, Wahlkämpfer und Zirkus-Bettler gerne durch psychologische Kriegsführung destabilisiere, wollte ich auch gegen die Halloweenisten vorgehen. Im letzten Jahr hatte ich deshalb Zettel ausgedruckt, um die Kinder über den Sinn des Reformationstages und Allerheiligen zu belehren und im Rahmen der Materialausgabe an die Kleinen und ihre Eltern verteilt. Dabei habe ich einen religiös-eifernden Oberlehrerhabitus an den Tag gelegt, der jeden brasilianischen freikirchlichen Prediger in den Schatten stellt. Außerdem habe ich die Halbwüchsigen nur mit "Kinderlein" angeredet und dabei einen verzückt-entrückten Blick aufgesetzt, der alleine schon ausreichen würde, um Stephanie zu Guttenberg in Defcon 1 zu versetzen. Ich muss gewirkt haben wie eine Mischung aus Ned Flanders von den Simpsons und dem Kannibalen von Rothenburg. Und somit habe ich auch dieses Jahr meine Ausdrucke neben der Chupa-Chups-Dose vorgehalten.

Aber was soll ich sagen: Montagabend hat NIEMAND bei mir geklingelt. NIEMAND. Trotz Auto vor der Tür, Vorgartenbeleuchtung und Günther Jauch, der unüberhörbar aus dem Flatscreen plärrte. Ich hoffe, mein schlechter Ruf bleibt auch noch bis in`s nächste Jahr erhalten.

Bei den Nachbarn waren sie aber, was mir gestrige Gespräche offenbarten.

"Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!"
(Col. Hannibal Smith)
 
Wenn man nicht aufmachte und gem. Opas Luftschutzmerkblatt verdunkelte, hatte man am nächsten Tag wahlweise Klorollen im Buchsbaum, Eier an der Hauswand oder Zahnpasta an der Tür.

In unserer Ecke gerne genommen:
- Eier an die Wand
- Mülltonnen anzünden
- gelbe Säcke anzünden
- Silvesterböller zünden
- besonders ärgerlich: Scheiben einwerfen (vorletztes Jahr) Lerneffekt -Rolläden IMMER runter

Das schlimmste und (in D) sinnloseste Randalefeste Fest im Jahreskalender gleich nach den Maikrawallen, wir planen immer genau die Abwesenheit bis mind. 21/22 h.
 
Nordlicht, vielen, vielen Dank für diesen großartigen Kommentar. Ein wunderbarer Lacher am Morgen, Du solltest Bücher schreiben!

Zum Thema: Hier ist es beinahe exakt so, wie Nordlicht beschreibt. Dieses Jahr gab's bei uns zum Glück nur ein Ei an die Fensterscheibe, trotz großzügiger Süßigkeitenausgabe unsererseits an oben beschriebenes Klientel.

Es gibt aber auch Hoffung: Zwei ganz niedlich verkleidete Kindergruppen, die sogar gesungen haben, waren auch dabei. Das waren auch die Bescheidensten, die jeder nur eine Süßigkeit nahmen...
 
Zwei ganz niedlich verkleidete Kindergruppen, die sogar gesungen haben, waren auch dabei. Das waren auch die Bescheidensten, die jeder nur eine Süßigkeit nahmen...

Kämen solche, würde ich gerne was spenden.
Wie bei Sternsingern, quasi, die im Regelfall auch die Häuserfassaden ganz lassen.

Hier tragen 16-22-Jährige, in die "Sartorial" -Linie von HOODBOYZ gewandet, via Handys mit Lautsprechern (die größte denkbare Pest) die neuesten Beschimpfungen des Labels "Aggro" vor.
 
Wir wohnen 2. Etage Altbau ohne Aufzug, wegen der Deckenhöhe von 3,80 also gefühlt 4. Etage. Zu uns kommt eh keiner. ;)

Letztes Jahr hat mal so ein Bengel in die Gegensprechanlage "Süßes oder Saures" geplärrt und bekam von meiner Frau daraufhin die Antwort: "OK, Saures!" (wozu zahlt man schließlich den Hausmeister und bis zu uns oben fliegen eh keine Eier... :D). Darauf nicht vorbereitet kam nur noch Schweigen aus dem Hörer...
 
Einer Gesangseinlage als Pflicht für die schnubbelzeugsbegehrenden dicken Kinder stimme ich alternativlos zu -
man sollte der Jugend von Heute das "Ohne Fleiß kein Preis"- Prinzip nahebringen, und so ein zart-stimmbrüchig vorgetragenes Gesangsstück von Bushido oder DJ BoBo ist einfach süß.

Falls dann aber stur auf Leistungsverweigerung geschaltet wird:

"ZEUS ! APOLLO ! PATROL !"

Wie auch immer, hier in der Stadt unterscheiden sich die Halloween-Sitten und Gebräuche erheblich von der beschriebenen ländlichen Folklore.
Mir hatte zwar neulich die Inhaberin des Dekoladens meines Vertrauens (diese Läden, in denen es das gesamte Jahr über Scherzartikel, Karnevalskostüme, Party-Zubehör und Nationalflaggen aller UN-Länder gibt) ihr Leid geklagt, dass der Halloween-Umsatz stark rückläufig sei, auf den Straßen sah es aber ganz anders aus :

Jede zweite Ranzkneipe hatte fantasievoll kreierte und vermutlich teilweise selbstgebrannte Alkoholika für schmale 50 Cent oder 1 Euro im Angebot und in den Gassen war ein düster gekleidetes Trinkpublikum in größeren Mobs unterwegs.
Zu meinem Erschrecken, aber auch etwas fasziniert, musste ich die Nachbarstochter (Leistungskurse Religion und Latein, Kirchenchor-Solistin) in knappen schwarzen sog. "Hotpants" und kunstvoll gelöcherten Strumpfhosen erblicken, dazu ein für die Jahreszeit zu kühles ebenfalls schwarzes Korsagendings-Oberteil.

Ich wollte ihr aus stilistischen Gentleman-Gründen ("Schwarzer Anzug ist ein totales No-Go)" und zwecks wärmender Hüllung meinen caramelfarbenen DuffleCoat anbieten, dies wurde aber unerklärlicherweise dankend abgelehnt. :confused::confused::confused:
 
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