Hier werden einige Themen vermischt. Eine Marke und ein entsprechend auf dem Produkt platziertes Emblem können ein Qualitätsversprechen ("Intel inside"), Designelement (Louis Vuitton Embleme auf dem Leder einer Tasche), notwendiges Unterscheidungsmerkmal zur Erkennung des Produkts (Biermarke auf einem Zapfhahn) oder sogar Teil des Produktnamens sein ("Tempo"-Taschentuch).
Es gibt Fälle, in denen das Produkt ohne Markenlogo funktioniert, weil das Produkt für sich spricht. Das funktioniert aber nur, wenn das Design einer einheitlichen Linie folgt und diese Linie für den Betrachter mit der Marke assoziiert werden kann. Eine S-Klasse ohne Stern wäre immer noch eine S-Klasse, weil der Kunde sich hierzulande an das Erscheinungsbild gewöhnt hat. Einen BMW i3 ohne BMW-Emblem und charakteristische "Niere" hingegen würden auch BMW-Fans nicht als BMW erkennen, weil der Designer hier bewusst mit der Markenlinie gebrochen hat.
Dass ein Hersteller ein Markenlogo auf dem Produkt anbringt, bedeutet also nicht zwangsläufig, dass das Produkt minderwertig ist und diese Kennzeichnung unbedingt nötig hat. Jeder bekannte Künstler hat seine Werke signiert und dennoch würde man die Werke vieler Künstler auch ohne Signatur wiedererkennen. Ohne Signatur aber wäre der Künstler gar nicht erst bekannt geworden.
Bei Kleidung und Accessoires ist die Sache besonders schwierig, weil man sie am Körper trägt und sie dementsprechend direkt das äußere Erscheinungsbild gestalten. Aus der S-Klasse steige ich vor dem Restaurantbesuch aus, aber Sakko und Hemd behalte ich an.
Erfolgreiche Marken versuchen ein Stück "Lebensgefühl" zu transportieren und für den ahnungslosen Kunden ein Wiedererkennungsmerkmal zu sein. Produkt A der Marke X passt zu mir, also passt auch Produkt B der Marke X zu mir. Je weniger der Kunde das Produkt einschätzen kann (und Kleidung kann heutzutage leider kaum noch jemand einschätzen), desto relevanter ist dieser Effekt. Umgekehrt gilt: Je sichtbarer das Markenlogo, desto deutlicher gibt der Träger zu, dass er die Qualität des Produkts nicht beurteilen kann. Markenlogos als zur Schau gestellte Inkompetenz.
Auffällig platzierte Markenlogos auf der Kleidung sind üblich, solange es sich um Sportbekleidung handelt. Vielleicht deshalb, weil der Anblick eines markenlogoübersäten Trägers aus dem Spitzensport bekannt ist, oder weil bei Sportbekleidung auch eine sorgfältig ausgetüftelte "Funktion" unterstellt wird (vor allem in Deutschland). Der Träger gibt gerne zu, dass er die genaue Zusammensetzung einer Kunstfaser nicht beurteilen kann, also akzeptiert er ein deutliches Markenlogo. (Analog sind die Markenlogos bei Sportwagen besonders präsent.)
Bei klassischer, eleganter Bekleidung hingegen wird erwartet, dass hochwertige Produkte auch ohne diese Logos ihre Qualität ausstrahlen. Eine elegante Marke verträgt kein knallig platziertes Logo, da dies nicht zu den Werten dieser Marke passen würde: Zurückhaltung, Ästhetik, Reduktion auf das Wesentliche, "innere" Werte. Wer auf eleganter Kleidung ein Markenlogo trägt, signalisiert seine Inkompetenz in der Einschätzung von Eleganz.
Für das Herrenhemd: Kein sichtbares Markenlogo. Ist es ein gutes Hemd, sieht man das auch so. Das heißt aber nicht, dass gleichzeitig das Smartphone, die Uhr, der Sportwagen und das Bier ohne Marke auskommen müssen.