Gamaschen: Heute noch tragbar?

Die ch merk gerade, dass ich die Zitierfunktion nicht beherrsche, zwischendrin sind auch Antworten von mir.
 
Ach so. Klar: Harris Tweed wird auf den Äußeren Hebriden gefärbt, gesponnen und gewebt. Dugdale nicht. Das ist das was der Orb aussagt, aber ich formuliere das für Dich gerne aus. Der Orb ist eine Herkunfts- und Herstellungsbezeichnung, keine Marke (wie Dein unrichtiger DG-Brillenvergleich unterstellt).

Abseits von Brüsseler Regulierungswahn ist für mich Tweed sowas wie ein g.g.A., mir ist ja klar dass das nur für Harris Tweed gilt und meine Verallgemeinerung auf "Tweed" (den es auch meinetwegen aus Kaschmir mit Mohair aus Neuseeland geben kann) nicht von der EU unterstützt ist.



Ja, es gibt Leute für die ist ein "Schwarzwälder Schinken" nur einer wenn er aus dem Schwarzwald kommt, und nicht wenn er in Texas hergestellt wird. Für Puristen ist es sogar nur einer der im Schwarzwald aus im Schwarzwald aufgewachsenen Schweinen hergestellt wurde. Ich bin so jemand. Du hingegen wirst Dich auf TTIP freuen und dann fragen "was unterscheidet einen texanischen Schwarzwälder Schinken eigentlich von einem aus Südwestdeutschland, ich dachte Du wüsstest da wirklich einen Unterschied". Ich bin ein Dinosaurier, die Welt entwickelt sich offenbar entlang Deiner Wünsche. Glückwunsch.

Lustige Antwort. Und danke für die Nachhilfe. Zumindest weiß ich, wie ich Deine Äußerungen einschätzen muss. Ansonsten wünsche ich guten Appetit.
 
Zum einen bewegst Du dich hier in einem Forum, in dem es weniger um „Fashion“ oder „style“ als um die eher konservative Herrenmode geht. Daher wird die Mehrheit hier Dir vermutlich auch eher konservativ im Bekleidungsgedankengut erscheinen. Auch bei den 20jährigen hier wird es Dir so gehen. Im Bereich „Freizeitkleidung“ geht es dann etwas lockerer zu und da wird auch mal über Jeans, raw-denim, Sneakers, Boots aller Art, Feldjacken etc. geschrieben.

Allerdings gebe ich Dir Recht, daß die „jungen“ heute sehr konservativ, zielorientiert, vernünftig und abgeklärt sind. Und das habe ich schon vor langem in vielen Bereichen (Familie, Vereinssport, Kinder von Bekannten, Arbeitsplatz) bemerkt. Da ist viel Lockerheit, „sehen was das Leben zu bieten hat“ verloren gegangen. In meinen Jahrgängen hatte man ein Austauschjahr in den USA, um Spaß zu haben und Party und den Führerschein zu machen (es gab auch damals natürlich andere). Die jungen Leute heute gehen „rüber“ und drücken die Uni-Bank. In meinen Augen schade. Aber auf der anderen Seite haben sie für sich selbst einen Vorteil: Sie kennen es ja nicht anders und werden daher nichts missen.

Aber es war auch noch eine andere Zeit damals in den 80ern. Da hatte man die Perspektive mit Abi, Berufsausbildung und/oder Studium noch einen ordentlichen Unterschlupf in einer guten Firma zu bekommen. Heute tickt die Welt anders. Da arbeitet manch Akademiker zum Mindestlohn bei einem Zeitvertrag. Oder fährt Taxi. Oder wie ein Freund von mir am Tresen, der hat das aber aus Spaßgründen selbst gewählt.

So, das war nun off-topic!



Zum topic: Gamaschen? Selbst für mich, der gelegentlich die Cowboyboots anzieht, definitiv zuviel!


Die Generation ab '85 sind die neuen Spießer. Da funktioniert die Rebellion gegen die Eltern eben wieder anders. Gerader Lebenslauf, Partnerschaft und Familie, einfach Ankerpunkte die vermeintlich Halt geben.
 
Man sollte sich auch klar machen, dass Gamaschen bereits in den 20er-Jahren als mindestens schrullig galten. Es gibt einen James Cagney-Film aus dieser Zeit, da trägt eine Figur die Dinger routinemäßig und das reicht für seinen Spitznamen: Spats.
 
Tja, seit wir mehr als ein Mammutfell tragen ist das wohl alles mehr oder weniger Kostümierung. Versuch mal inder Unternehmensberatung nicht im Anzug aufzutauchen ...
Jein. Kostümierung heißt, dass ich mich absichtlich anders anziehe als ich bin, weil es ein übergeordnetes Konzept von mir verlangt (Arbeit, Wehrdienst, Karneval, Trauerfall, 1920er Jahre Party). Der Punkt ist, dass ich mein Selbst mit meiner Interpretation von sartorialer Kleidung tatsächlich mit ausdrücke, das ist keine Rolle, die ich für irgendwen spiele. Ich sehe mich einfach immer und gerne in sartorialer Kleidung, das war eigentlich seit meinen Mitt-Zwanzigern nie anders, auch wenn ich damals darin angepasster an den "legeren" Zeitgeist und damit weniger konsequent (und natürlich viel unerfahrener in der Materie) war.

Für mich ist Freizeit leger und das heisst für mich meistens Jeans. Aber das ist ja nicht der Punkt, wann man das Zeugs trägt. Eher wie es aussieht.
Leger bin ich auf meine Weise, ich würde es ja nicht tragen, wenn ich mich darin nicht wohlfühlen würde, die Freizeit gibt einem eben noch andere, ebenfalls ursprünglich traditionelle Möglichkeiten, z.B. Freizeitanzüge wie cremefarbenes Leinen mit Panamahut oder ein lauter, italienisch angehauchter Box-Check-Tweed, Dinge, die Spaß machen, die man aber eher nicht im Büro tragen würde, um ggfs. arme Business-Drohnen nicht unnötig zu verstören. :)

Es macht also schon einen Unterschied, in welchem Kontext man das Zeug trägt, es sieht dann nämlich auch anders aus, weil es nun mal viele verschiedene Ausdrucksformen sartorialer Kleidung jenseits einer dunkelblauen und anthrazitgrauen Arbeitsuniform gibt, die dann auch wieder den Touch Individualität haben, den man im Berufsleben tendenziell eher zurücknimmt. Du hast da offenbar eine glatte Trennung, zwei verschiedene Leben, ich vereinige das einfach und habe den Spaß mit Kleidung eben auch in Alltag und Freizeit (im öffentlichen Raum). Daraus ergeben sich aber dann auch andere Sichtweisen auf scheinbar veraltete Bräuche wie das Tragen von Tweed (den es ja auch in "modernen" urban-kühlen Farben gibt). :) Deswegen werfe ich als 7-Days-a-week-Krawatten- und EST-Träger nicht den ersten Stein auf Gamaschenliebhaber, auch wenn ich da wie Butch so was eher im Schuh trage als darüber (und Dukie hat völlig Recht, Gamaschen sind schon verdammt lange out...). Wenn Du Lapo magst, sollte Dir eine solche Haltung auch eher sympathisch sein, denn Exzentrik ist ja am interessantesten, wenn man sie selber lebt. Sei der Wind, nicht die Welle. ;)
 
Spricht eigentlich irgendetwas konzeptionell dagegen, als junger Mensch konservativ zu sein? Oder auch nur einen traditionellen Geschmack zu haben?

Ja absolut alles. Nicht mal unbedingt auf den Geschmack gemünzt. Alle gleichzeitig-mit-mir-Jungendlichen, die mit 15-20 oder so politisch/gesellschaftlich konservativ waren, waren absolute Volltrottel mit denen keiner was zu tun haben wollte. Außer den anderen chronisch untervögelten JUlern natürlich.

Mögliche Gründe dafür: Haben keine eigene Persönlichkeit ausgeprägt, leiden offensichtlich unter mangelnder Kreativität, keinerlei Gestaltungswille erkennbar, gehen ihrem Umfeld mit altklugem Gelaber auf den Sack, usw. usf. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen und aufhören soll. Alleine die höchstwahrscheinlich ernst gemeinte Frage schockiert und empört mich. :)
 
Zum einen bewegst Du dich hier in einem Forum, in dem es weniger um „Fashion“ oder „style“ als um die eher konservative Herrenmode geht. Daher wird die Mehrheit hier Dir vermutlich auch eher konservativ im Bekleidungsgedankengut erscheinen. Auch bei den 20jährigen hier wird es Dir so gehen.

Nein, Nein und nochmals: Nein ! :p

So viel Mode, Trend, Look & Style,..., wie sich hier im Laufe der Zeit angesammelt hat und stetiger Mainstream-Abwechslung unterliegt,
gab es meiner Ansicht nach weder zu Forenbeginn, noch in etwaigen "Vorläufer-Foren"...

Ist aber nicht weiter schlimm, da dadurch auch der Blick für Einzelstücke oder eine insgesamt breitere Stilvielfalt in allen möglichen Foren-Inhaltsbereichen geschärft wird. :)
 
an und für sich gehört der Titel dieses Threads geändert, Gamaschen sind ja nicht mehr das Thema. Die Dinger sind nun wirklich üner den Jordan, das ist hoffentlich Konsens.

Tweed war nur ein Beispiel, aber das passt insofern gut, weil es eben - für mich zumindest - was Nostalgisches hat.

Ansonsten finde ich es interessant, dass relativ schnell die Politik ins Spiel kam. Passt aber auch wieder, weil das ist der Kern meines Anliegens. Ich dachte immer, es ist das Vorrecht der Jugend, sich in Opposition zu den Alten zu setzen, um dann irgendwann später sich diesen wieder anzunähern. So entsteht Fortschritt. Bei der "guten" Herrenkleidung hab ich den Eindruck, da benehmen sich gleich von Anfang an die Jungen als wären sie kurz nach dem Krieg in London oder Italien.

Designermode ist bäh, Slim Fit des Teufels, etc. Aber Tweed, Haarpomade und Gamaschen sind jetzt?

Wenn ich mir z.B. Lapo anschaue, der schafft es, die Anzüge von alten Agnelli aufzutragen und er sieht weit aktueller aus als 99% der anderen. Nicht alles finde icht gut, aber er entwickelt was weiter und bleibt nicht stehen.

Aber hey, eigentlich wollte ich nur sagen, dass mir Diskussionen über Gamaschen auf den Senkel gehen :D


Dieser Thread ist echt ganz großes Kino, das passt auf keine Leinwand.

Ein Material wie Tweed a priori in die Schublade "altmodisch" zu stecken, nur weil es das schon lange gibt, halte ich für nicht vertretbar.

Genausogut könntest du Flanell als altmodisch abstempeln oder Oxford-Hemdenstoff. In 100 Jahren oder so könnte man dann Polyester etc. als "total out" brandmarken. :D
"Gute Dinge" mit Qualität, die sich bewährt haben, wird es (hoffentlich) immer geben.

Das gleiche kann man über Muster, Texturen und über Schnitte und Passformen sagen, die gewiss modischen Zyklen unterworfen sein mögen, aber letzendlich immer auf das zurückkehren, was zu gewissen Körperformen, Staturen usw. optisch passt.

Oder über geistige Getränke: "Whisky, pfui wie gestrig ist das denn - das hat mein Großvater schon getrunken! Ich baller nur Alkopops" :D

Um zurück auf die Jugendlichen zu kommen, umso besser wenn man schon in jüngeren Jahren einen gewissen - ich sage mal zeitlosen, nicht traditionellen, wenn das eher plaisiert - Geschmack entwickelt, das erspart einem dann teure und blödsinnige Fehlkäufe und Fotos, über die man sich in 30 Jahren nur noch belustigen kann.

Veränderung um der Veränderung willen ist nicht zielführend.
 
Zuletzt bearbeitet:
In 30 Jahren belustigen... Jo, die Bilder von meiner 15-jährigen Inkarnation sind schon ok. Lustig, aber mir nicht peinlich.

Peinlich wären mir, wenn ich denn zu sowas neigen würde, eher die Bilder aus jüngerer Vergangenheit. Aber auch die eigentlich nicht, erstens sehe ich das mit Klamotten nicht so verbissen, zweitens hat jedes Bild einen Kontext in Situation und Zeit, und drittens war ich auch schon mit ehrlich zerschlissener Jeans und in die Hose gestecktem T-Shirt mit lustigem Spruch drauf irre cool. :D
 
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