Nach zwei anstrengenden Wochen habe ich mich heute mit drei Damen beschäftigt, präziser gesagt mit deren Alben, die heute/kürzlich erschienen sind.
Da haben wir erstens
Diana Krall mit
"Glad Rag Doll", auf dem sie zahlreiche (zumindest mir) unbekannte Lieder der 20er und 30er intoniert, was immerhin erfreulicher ist als die 5.000ste Verwurstung eines Standards aus der Grabbelkiste des Great American Songbook. Das Album ist perfekt produziert, Miss Krall schnurrt, knurrt und knarzt die Songs souverän runter und man ist zunächst geneigt, das alles gefühlvoll, sexy und "stilvoll" zu finden. Spätestens beim zweiten Hinhören kommt das allerdings recht artifiziell, kalkuliert und gekünstelt rüber - so wie das synchronisierte Stöhnen in einem ü18-Film. Dianas Stimme ist rauchig wie ein Barrique-Wein - bei dem man allerdings das Gefühl hat, dass er nicht im Fass ausgebaut wurde, sondern Holzstücke reingeschnipselt wurden.
Auch das Cover, auf dem Diana Krall in Strapsen posiert, ist m.E. nicht sexy, sondern erinnert irgendwie an die verzweifelte Erotik einer Hausfrau, die mittels Bauchtanzkurs an der VHS Detmold wieder etwas Pepp in ihre eingepennte Ehe bringen möchte. Dem Erfolg des Albums wird das aber nicht im Wege stehen und Miss Krall wird einmal mehr deutsche Reihenhäuser, 1er-BMWs, Brunch-Cafes und viele andere Stätten gepflegter Mittelmäßigkeit beschallen.
Dass es gaaaanz anders geht, beweist die fast gleichaltrige
Tori Amos mit
"Gold Dust". Sie hat sich (wieder) das niederländische Metropole Orkest geschnappt und präsentiert ihr OEuvre der letzten 20 Jahre in orchestralem Gewand. Hervorragend produziert -wie das Vorgängeralbum- von der "Deutschen Grammophon" (sic!). Tori Amos ist in ihrer ätherischen Überspanntheit ja sowieso total toll und ich hatte ein gutes Album erwartet. Es ist aber nicht
gut - es ist SEN-SA-TIO-NELL. Ein Meisterwerk! Ich würde gerne alle Casting-Bratzen und Möchtegern-Superirgendwasse dieser Republik in einem von Tori Amos beschallten Guantanamo internieren und erst wieder entlassen, wenn sie so eine Stimme haben und solche Texte und Melodien schreiben können.
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Das dritte Album ist
"The Spirit Indestructible" von
Nelly Furtado. Ich finde Nelly super, für mich ist das eine der schönsten Frauen der Welt und sie könnte wahrscheinlich eine Flasche Cola auf Ex trinken und danach Alle-meine-Entchen rülpsen, ich würde das immer noch zumindest akzeptabel finden. Das neue Album ist aber -bei aller Liebe und positiver Voreingenommenheit- nicht doll. Es ist kein roter Faden erkennbar, fast kein Lied zündet. Ihre Stimme wirkt kaputtproduziert und viele Lieder sind mit billigem Bumm-Bumm und Rap-Blödsinn zugemüllt. Texte wie bei "Big Hoops (the bigger the better)" sind außerdem riesiger infantiler Schwachsinn - erst recht, wenn man vorher die intelligenten Auslassungen einer Tori Amos gehört hat. Dem Titelsong und Opener "Spirit Indestructible", den Nelly einem beinamputierten Kilimandscharo-Bezwinger gewidmet hat, möchte man ob seiner positiven Aussage und des Hintergrundes noch Sympathie entgegenbringen. Aber spätestens bei Track 2 sollte man seine Beine -falls vorhanden- in die Hand nehmen und flüchten. Enttäuschend und ärgerlich.
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