Blazer vs. Anzug

Die Passform ist natürlich ein Argument, aber angesichts der Masse der Stangenware in den üblichen Business-Farben/Stoffen dürfte es doch für die meisten Menschen das kleinste Problem sein, einen fertigen Anzug zu finden und dann entsprechend ändern zu lassen. Warum also dieser Riesenaufwand, für ein Ergebnis, das häufig nicht als solches erkennbar ist?
Es ist ja häufig zu lesen, dass ein geänderter Konfektionsanzug zu einem Maßanzug eine nennenswerte Alternative ist. Das ist es aber nicht. Ein Konfektionsanzug ist selbst bei guter Passform des Grundschnitts immer ein grober Kompromiss. Das Ergebnis eines guten MTM- und erst recht eines guten Vollmaßanzugs ist immer jeder Konfektion überlegen (wir abstrahieren jetzt mal davon, dass ein gutes Ergebnis dabei keineswegs selbstverständlich ist). Dass man das im Internet nicht immer sieht, liegt daran, dass der Betrachter den Anzug nicht selber trägt :), Stichwort Tragekomfort, und dass es vor allem statische Posen sind, die im Internet abgebildet werden. Der gute Maßanzug zeigt seine Vorteile aber vor allem in der Bewegung.

Ich möchte niemanden ärgern, aber ich denke bei dem Wort Maßanzug immer an ein wirklich eigenständiges Kleidungsstück und bin daher meist etwas enttäuscht.
Gerade beim Anzug ist gut nicht Synonym zu auffällig. Und natürlich wird gerade ein Maßanzugsanfänger für die nicht unerhebliche Summe zunächst ein vielseitig tragbares Stück erwerben. Aber es gibt auch noch einen ganz profanen Grund, der im Prozess einer wie auch immer gearteten Maßfertigung begründet liegt: Man wird die individuelle Schnittform am Anfang mit dem Hersteller entwickeln müssen. Und da ist ein schlichter Anzug einfacher zu beurteilen, weil nichts von der Passform ablenkt.

Man bekommt bei einer Maßfertigung auch idealerweise Zugriff auf Stoffe, die man in der Konfektion nicht antrifft. Das betrifft bei schlichten einfarbigen Stoffen vor allem Webarten mit mehr Textur wie z.B. Pinpoint und Bird's Eye oder offener Webart wie Fresco. Das wird man bei einem Bild aus dem Netz in der Totalen nicht wahrnehmen, aber es bestimmt ganz massiv den Charakter des Anzugs in der näheren Betrachtung. Schlicht kann da sehr ausgefallen sein.
 
Das betrifft bei schlichten einfarbigen Stoffen vor allem Webarten mit mehr Textur wie z.B. Pinpoint und Bird's Eye oder offener Webart wie Fresco. Das wird man bei einem Bild aus dem Netz in der Totalen nicht wahrnehmen, aber es bestimmt ganz massiv den Charakter des Anzugs in der näheren Betrachtung. Schlicht kann da sehr ausgefallen sein.

Guter Punkt, das habe ich nicht bedacht. Deutlichere Texturen finde ich auch häufig sehr attraktiv.
 
Ich habe dazu eine Frage: warum die Empfehlung, sich ein Kleidungsstück unter Aufwendung großer Summen maßschneidern zu lassen, das dutzendfach in jedem zweiten Schaufenster hängt? Ich habe wirklich ein Faible für gutes Handwerk und lese hier auch die entsprechenden Threads, aber häufig denke ich bei den Bildern des Ergebnisses: "Diese Sparkassen-Oberfläche ist nun das Ergebnis von Geld, Know-how, Anproben, Arbeitszeit etc. etc.?"

Die Passform ist natürlich ein Argument, aber angesichts der Masse der Stangenware in den üblichen Business-Farben/Stoffen dürfte es doch für die meisten Menschen das kleinste Problem sein, einen fertigen Anzug zu finden und dann entsprechend ändern zu lassen. Warum also dieser Riesenaufwand, für ein Ergebnis, das häufig nicht als solches erkennbar ist?

Ich möchte niemanden ärgern, aber ich denke bei dem Wort Maßanzug immer an ein wirklich eigenständiges Kleidungsstück und bin daher meist etwas enttäuscht.
Einige der vielen Vorteile wären:
- wesentlich größere (oder überhaupt eine) Stoffauswahl
- deutlich erkennbare und spürbare Unterschiede für den Träger
- sehr häufig auch deutlich erkennbare Unterschiede für das Gegenüber

Um auf die ursprüngliche Frage zu sprechen zu kommen: Wenn die Figur sich kurz- oder mittelfristig noch deutlich verändert, würde ich generell keinen Maßanzug bestellen (z.B. wenn der Träger zu jung ist). Wenn sich alles im Rahmen von einigen Kilo plus/minus (aber nicht Zentimetern Körpergröße) bewegt, kann man dafür vorsorgen, indem man entsprechend Änderungsspielraum in den Anzug einbaut.
Dann würde ich aber auch gleich einen dunkelblauen Anzug kaufen und das Sakko als Blazer tragen. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Man hat eine Häufig einsetzbare Jacke, die man bei Bedarf leicht in einen gleich gut sitzenden Anzug verwandeln kann, wenn man die passende Hose dazu trägt. Wenn der Preisunterschied zwischen Sakko und Sakko plus Hose zu groß ist, würde ich wiederum ganz die Finger von Maßschneiderei lassen, weil dann die Gefahr zu groß ist, sich das Produkt nicht wirklich leisten zu können oder wollen — das steigert die Kompromissbereitschaft gefährlich stark.
 
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